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Lebendige Erde 4/2004:PortraitPeter Kunz' KinderZüchten auf Konstitution: biodynamische Sorten kommen auf den Marktvon Michael Olbrich-Majer
Kennen Sie den Unterschied zwischen Bussard und Batis? Auf dem Feld? Im Schosserstadium, wenn nur Blätter, keine Ähren zu sehen sind? Man muss, auch als erfahrener Landwirt, schon sehr genau hinschauen und eine Leidenschaft für feinste Details des Wachstums entwickeln, um Sorten und erst recht Stämme, Linien oder neue Kreuzungen von einander zu unterscheiden. Peter Kunz muss 360 Weizenstämme auseinanderhalten und wählt jährlich aus mehreren hundert Kreuzungen die geeigneten Nachkommen aus. Außerdem testet er in jedem Jahr ein paar Dutzend Sorten aus aller Welt auf ihre Eignung in seiner Züchtung für den Ökolandbau. Und das nicht nur für Weizen sondern auch für Dinkel. Daneben beschäftigt er sich noch mit Emmer, Triticale und Mais. Zuchtgärten und Anbauversuche hat Kunz an fünf unterschiedlichen Standorten in der Schweiz. Wie behält man da den Überblick? Züchteralltag, gut sortiert: Ordnung und Effizienz
sind entscheidend Wonach sucht der Züchter? |
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Nötig: stete Übung und Grundlagenforschung Qualität ist das Ziel für Ökosorten Ökobauern brauchen ökologisch gezüchtete Sorten
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Wie kommen neue Sorten auf den Markt? Wer züchtet, braucht einen langen Atem |
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Leitbild: Plastizität, Wachstumsfreude, hohe
Qualität
Denn Kunz Sorten sollen auf möglichst vielen Standorten gedeihen können: Nicht Spezialisierung auf Regionen, sondern Anpassungsfähigkeit an regionale Gegebenheiten und Vitalität ist eines seiner Ziele - er nennt es Plastizität. Vor allen Parametern kommt für ihn das innere Leitbild des Züchters. Es muss allerdings so konkret sein, dass man im Zuchtgarten augenblicklich entscheiden kann. Anders als diejenigen Biodynamiker, die einer Art über die Handhabe der Bedingungen, etwas ideell Vorhandenem, zum Ausdruck verhelfen wollen, sieht Kunz seine Aufgabe darin, Pflanzen (und sich selbst) offen für Neues zu machen. Aber nicht so wie konventionelle Züchter, die sich zunehmend als Geningenieure verstehen. Könnten nicht transgene Pflanzen einige Probleme des Ökolandbaus lösen, wie z. B. Stinkbrandresistenz? Kein Bedarf, winkt Kunz ab, ohne auf Gentechnik zu schimpfen. Die Möglichkeiten normaler Züchtung seien noch lange nicht ausgeschöpft und bisher habe die teure Laborzucht nichts zu bieten. Da ist er mit seinen Leuten weiter. Probleme sieht der Züchter aber mit der fälschlich so genannten Koexistenz. Auf Dauer kann sich der Ökolandbau nicht schützen vor genmanipulierter Saat - was dann? Auch er selbst kann nicht mit letzter Sicherheit klären, wie eine Sorte, die er als Anschauungsmaterial von Kollegen oder aus Genbanken erhält, gezüchtet wurde.
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Gute Sorten sind auch schöne Pflanzen Dazu reicht es nicht, nur auf die Ähre zu schauen. Morphologie, Physiologie, das "Verhalten" der Pflanzen, z. B. ob sie bei der Abreife farbig wird oder blass bleibt, die Sorten sollen von innen heraus durchgestaltet sein, einschließlich der Wurzelentwicklung. Auch die Bodenbelebung ist ein Kriterium - Kunz legt Wert auf ein Ausgewogenheit zwischen vegetativem und generativem Pol. "Wirklich gute Sorten sind auch schöne Pflanzen, eine alte Züchterweisheit" so Kunz. "Auch aus Triticale kann man was machen" meint er und nimmt jährlich 25 Kreuzungen vor, Ziel hier ist bessere Kornausbildung und Backqualität. Jedes Frühjahr zehntausend verschiedene Pflanzen, eigentlich müssen
Kunz und seine Mitstreiter schon von Halmen und Ähren träumen, ein stetes
Zwiegespräch Mensch-Pflanze. "Die Pflanze erzieht den Züchter zur Stringenz,
wenn Du lasch bist bei der Auslese, hast Du nächstes Jahr mindestens
doppelt soviel zu tun,"bestätigt Kunz. Der visuelle Sinn muss hier viel
leisten. Vielleicht hilft, dass Kunz Frau Rahel Wepfer Künstlerin ist.
Es braucht viel Ausdauer und Geduld, damit man auch bei der hundertsten
Ähre noch frisch und unvoreingenommen ist. Doch die Begeisterung hält
sich, wenn man wie Kunz weiß: "Züchtung ist wie ein Fenster öffnen:
Was darf es noch geben? Und: es gibt immer noch bessere Pflanzen als
Du schon hast." |
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Mitarbeiter:
Zugelassene Sorten: Weizen: Wenga ( D), Ataro ( CH), Pollux (CH), voraussichtlich 2005: Wiwa, Scaro; Dinkel: Alkor, Sirino |
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Getreidezüchtung Peter Kunz, |
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