Lebendige Erde 6/2004:

Portrait

Vorbild im Wandel - Der Talhof bei Heidenheim

Von Michael Olbrich-Majer

Zwei Männer, ein Hof, damals und heute. Der eine, Sivert Joerges, Landwirtssohn aus Westfalen, hat gerade einen schicken tiergerechten Stall eingeweiht. Er bewirtschaftet mit seiner Frau Marianne den Talhof und überlegt, wie er sich in den ökonomisch schwieriger werdenden Zeiten nach fünfzehn Jahren Vielfalt auf das Wesentliche konzentriert. Der andere, Friedrich Sattler, Landwirt und Rentner, sein Vater war technischer Direktor eines Wasserwerks in Ostpreußen, reist heute noch viel, meist als Vorstand des Demeter-Bundes. Als Vorgänger von Joerges hat er dem Hof mit Frau Hannerose und der Gärtnerin Hilde Pfeiffer aus den kargen Anfängen in den fünfziger Jahren einen Namen gemacht. Der Talhof, am Rande der schwäbischen Alb, ist heute weit über die biologisch-dynamischen Szene hinaus bekannt, auch in der konventionellen Fachwelt: ein Musterbetrieb, der gerade das Jubiläum 75jähriger biologisch-dynamischer Bewirtschaftung feierte.
 
Der Standort: eine Herausforderung

Friedrich und Marianne Sattler bewirtschafteten den Talhof fast vierzig Jahre
Friedrich und Marianne Sattler bewirtschafteten den Talhof fast vierzig Jahre
Betrachtet man seine Lage, ist das alles andere als selbstverständlich: in einer kalten Ecke der Alb gelegen, einem Hochtal ohne Bach inmitten von Wald, die Böden flachgründig, tonig, voller Steine, heute würde man hier aufforsten, höchstens Schafe weiden lassen. Aber der Hof liegt vor den Toren Heidenheims, für den Besitzer der Maschinenfabrik Voith im Ort damals ein Grund, Hof und Flächen zu kaufen. Ursprünglich als Erweiterungsgelände gedacht, wurde er ab 1929 auf biologisch-dynamisch umgestellt. Bis 1938 gedieh der Hof unter seinem Bewirtschafter Fritz Mühlhäuser, sein Nachfolger hatte kein rechtes Verständnis für die Methode und auch nicht für die auf diesem Standort so essenzielle Viehhal­tung. Die Präparate brachten Mitglieder des Arbeiterzweigs der Heidenheimer anthroposophischen Gesellschaft aus.

Als Immanuel Voegele, Teilnehmer an Steiners land­wirtschaftlichem Kurs, 1947 den Hof übernahm, war erstmal Aufbauarbeit an Boden und Herde zu leisten - die ab 1952 dann Friedrich Sattler fortführte. Der war als junger Soldat am Kriegsende zur Landwirtschaft gekommen, statt Chemie zu studieren. Er erfuhr eine solide, breite Ausbildung auf Gut Bomlitz in der Lüneburger Heide, einem vielfältigen biologisch-dynamischen Großbetrieb. Schon seine Mutter hatte ihren Garten so bewirtschaftet und Klein-Fritz rührte dort mit zehn die Präparate. Auf dem Gut wurden sie auf dem Wagen, unterwegs zum Feld gerührt und mit einem zweispännigen Spritzwagen ausgebracht. Danach ging er zu Voegele auf den Talhof. Hier arbeitete seine spätere Frau Hannerose in der Küche, nach Waldorfschule und Landbaulehre in Sachsen. Als sie dann ein Jahr in Schweden war, kam das Angebot , den Hof als Verwalter angestellt zu übernehmen.

Eigentlich wollten sie ablehnen: zu kalt, zu abgewirtschaftet, zu viel Hereingerede von der Firma. Zumindest das Letztere konnte der damals 24 jährige Sattler gleich in den Verhandlungen abstellen. Und ehe er die Betriebsleitung des Talhofs übernahm, arbeitete er noch ein Jahr auf dem Wurzerhof in Kärnten bei Dr. Erhard Bartsch mit. Die Aufbauarbeit dauerte dann länger. Unterstützung hatte das Ehepaar dabei von der Gärtnerin Hilde Pfeiffer, die seit 1948 auf dem Hof war und sich neben ihrem Gartenreich um die Präparateherstellung kümmerte. Mit einer drei­zehn­gliedrigen, leguminosenstarken Fruchtfolge, durch­dachter Düngung und Bodenbearbeitung und natürlich Einsatz der biologisch-dynamischen Präparate gelang es, die Bodenfruchtbarkeit stetig anzuheben, der Humusgehalt stieg auf 6%. Gearbeitet wurde mit Pferden, wie damals auch die meisten "konventionellen" oder besser traditionellen Nachbarn, die außer Kunstdünger - Pestizide gab es abgesehen von Kalkstickstoff noch keine - kaum andere Betriebsmittel einsetzten als Sattler. Wohl aber unterschied sich die Betriebsweise, wie Sattler es nannte:
 

...die liebevolle Durchführung der bio­logisch-dynamischen Wirtschaftsweise

Addiert 52 Jahre biologisch-dynamisch auf dem Talhof: Friedrich Sattler (r) und Sivert Joerge (l)
Addiert 52 Jahre biologisch-dynamisch auf dem Talhof: Friedrich Sattler (r) und Sivert Joerge (l)
Der Betriebsorganismus stand im Vordergrund. Mit der intensiven Anwendung aller Präparate, auch in Saatbädern kamen sie zum Einsatz, der Auslese von geeigneten Pflanzen für den Nachbau auf dem Feld, der Düngerpflege und dem allmählichen Aufbau einer Herde aus den drei besten Kühen gelang es, den Hof auch im Vergleich mit konventionellen Kollegen zu einem Vorzeigebetrieb zu machen. Ein anderer Schwerpunkt gleich am Anfang war die Ausbildung von jungen Leuten im biologisch-dynamischen Handwerk und den anthroposophischen Grundlagen. Knapp hundert Lehrlinge gingen bei Sattler in die Schule: min­des­tens für zwei Jahre, keiner unter 19 Jahre, ohne Berufschule.

Die biologisch-dynamische Bewegung Anfang der 50er Jahre war noch im Wieder-Entstehen begriffen, Demeter-Bund, Institut, die ersten Arbeitsgemeinschaften wurden gegründet, Betriebshelfer wurden langsam zu Beratern, es gab weniger als achtzig biologisch-dynamische Betriebe - man kannte sich. Denn nach dem Verbot 1941 und durch den Verlust Ostdeutschlands und der Ostgebiete war die Zahl deutlich zurückgegangen, die überlebenden Aktiven im Westen versammelt. Andrerseits waren in der Nachkriegszeit alternativ denkende Kreise rar, und so fand die biologisch-dynamische Bewegung rasch Zulauf, Keimzelle für viel ökologische Ansätze. Davon bekam man auf dem Talhof weniger mit, anfangs konnten es sich die drei nicht leisten, auch nur zur landwirtschaftlichen Tagung in Dornach zu fahren. Als auf einer Tagung dort 1954 alle Höfe Versuche zur Schädlingsregulierung durch Veraschung verabredeten, um hier voran zu kommen, gab Sattler seine Notizen nur auf die Post. Es waren die einzigen, die eintrafen.
 

Der Talhof entwickelt Ausstrahlung

Blick auf die Altgebäude des Talhofes; seit dem 15. Jahrhundert wird hier Landwirtschaft betrieben
Blick auf die Altgebäude des Talhofes; seit dem 15. Jahrhundert wird hier Landwirtschaft betrieben
Ungefähr nach einer Fruchtfolgerotation, nach Umstellung auf Schlepper und Ganztagsweide, stand der Talhof in den Sechzigern gefestigt da. Eine neue Phase, mehr nach außen wirkend begann. Sattler hatte schon gelegentlich Fachvorträge gehalten, jetzt wurde eine gewisse Routine daraus. Nach dem Stallumbau 1970 und dem Weggang des Melkers wollte er den konventionellen Kollegen zeigen, dass die Bio­dy­namiker nicht nur gute Ackerbauern sind, sondern auch von Vieh etwas verstehen. Immer noch haftete dem Hof der Ruf an, "das geht nur, weil's dem Voith gehört". Neben der Zucht von Kühen, basierend auf Mutterlinien und Linienzucht mit einem sehr guten Stier, zog Sattler jetzt Zuchtbullen: 1972 ging der erste zur Körung und Versteigerung, manch einer wurde von Besamungsstationen aufgekauft. Danach war auch den konservativen Tierzüchtern klar, dass Demeter- Bauern das können. Die durchschnittliche Milchleistung von 1975 bis1989 war beachtlich: knapp 6000 Liter. Die wurden als Rohmilch fast ausschließlich wie alle übrigen Erzeugnisse des Betriebs ab Hof vermarktet, z.T. direkt ans Werk.

Als Ende der sechziger die Meisterprüfung auch ohne Fachschulbesuch möglich wurde, war Sattler gleich mit dabei und zog seinen Kurs so mit, dass er nach bestandener Prüfung gleich in die Prüfkom­mission berufen wurde. Das machte er mit Engagement bis 1996, so musste er immer auf dem neuesten Stand der konventionellen Landwirtschaft sein und konnte immer auch biologisch-dyna­misches und anthroposophisches ins Gespräch einbringen. Anfang der Siebziger wurden auch die Landesbehörden auf die biologisch-dynamische Alternative aufmerksam -andere gab es kaum - und untersuchten zehn Betriebe, mit guten Ergebnissen für Demeter. Von da an begann biologisch-dynamisch auszustrahlen. Sattler war gefragt, neben seiner Tätigkeit im Vorstand des Demeter-Bundes ab 1967, z.B. als Dozent an der Uni Nürtingen, in Kontakten zu Ämtern und Behörden, als Buchautor, erhielt Ehrungen wie die Staatsmedaille des Landes und das Bundesverdienst­kreuz. Viel unterwegs, für den Ausgleich auf dem Hof sorgten die beiden Frauen.
 

Die spirituelle Chance des Biologisch-Dynamischen nutzen

Hilde Pfeiffer gehrte als Gärtnerin und Verantwortliche für die Präparateherstellung zum langjährigen Team des Talhofes
Hilde Pfeiffer gehrte als Gärtnerin und Verantwortliche für die Präparateherstellung zum langjährigen Team des Talhofes
Interessant ist der Klimawandel in der Fachwelt. Erst seit Mitte der Siebziger gab es Angriffe auf die Methode, als zunehmend Landwirte umstellten und das konventionelle Pestizidprogramm alle Bauern erreicht hatte. Beratung und Industrie schossen gegen die Ökos. Wichtig war da auch, dass sich die Demeter-Bauern in regionalen Gruppen gegenseitig stärkten, austauschten und häufig sogar sich gegenseitig aushalfen. Es herrschte ein Arbeitsgemeinschaftsgeist, im Winter wurde Steiners Kurs gelesen, im Sommer wurden Felder und Höfe besichtigt, möglichst mit den Frauen zusammen.

Das Erfolgsrezept der Drei vom Talhof? Bemerkenswert ist die regelmäßige, intensive Beschäftigung mit der Anthroposophie: die gemeinsame Arbeit daran, Sattlers lesen Steinervorträge auch mal so im Urlaub. Und die Ernsthaftigkeit: Sattler fühlte, nachdem er als Jugendsoldat verletzt der Front entkam, dass das Leben ein Geschenk ist, das man auch als Auftrag lesen kann. Früh aufstehen und Meditation gehören für ihn fest zum Landwirtsdasein. Praktisch betont er vor allem den Wert der Präparatearbeit: "Wer die nicht nutzt, verzichtet auf das Beste der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise." Aber sie nur der Richtlinien wegen anwenden, das bringt's nicht, "Man muss sich schon mit ihnen verbinden, dann Zeiten für die Anwendung."
 

Einstieg in die Vielfalt

Ehepaar Joerges beim reinholen der Kühe
Ehepaar Joerges beim reinholen der Kühe
Als Sivert Joerges 1989 mit seiner Frau Marianne den Hof von der Voith AG pachtete, hatte er einerseits einen vorbildlichen Betrieb zu übernehmen. Zum anderen entsprach er nicht mehr den Anforderungen der Zeit, auch wenn das "Wachse oder Weiche" den Ökolandbau da noch nicht erreicht hatte. Joerges wuchs auf einem kleinen Demeter-Betrieb in Wittens anthroposophischer und bio-dynamischer Szene auf, hatte auf westfälischen Großbetrieben gearbeitet und war acht Jahre auf dem Demeter-Gut Körtlinghausen mit 60 Kühen der Mann für den Stall. Das Paar suchte die Selbständigkeit, aber der kleine karge Talhof und das tiefe Schwaben - das war eine andere Kultur. Joerges kannte den Hof schon von seiner Jahresarbeit an der Waldorfschule über Präparate. Und, dem Talhof eilte Sattlers Ruf voraus - ob ihm dieser Schuh passte? Die unterschiedliche Herangehensweise zeigte sich auch im ersten Dreivierteljahr, als Sattler zum Übergang noch mit auf dem Betrieb war. Doch hatten sie mit der Liebe zum Vieh auch etwas gemeinsam. Lieber hundert Kühe melken als einen Kohlkopf ernten, so Joerges, der in der konventionellen Versuchsanstalt für Tierhaltung Haus Riswick bei Kleve seinen Horizont erweitert hatte und stets etwas neues lernen wollte.

Milch, Futterbau, Mist und Präparate, die Mischung passte, ebenso wie der Standort, nah an der Stadt für die Familie und andererseits eine gewachsene biologisch-dynamische Szene für den Austausch mit Kollegen, den er in der Alleinlage in Westfalen vermisst hatte. Acht Jahre lang führte er den Talhof mit dem Anspruch: "Ich will Leute beschäftigen, nicht Maschinen" und setzte so die Ausbildungsarbeit seines Vorgängers fort. Die alte Technik, die er übernommen hatte, 50 PS-Schlepper, Gerät mit 2,50 m Arbeitsbreiten, passte zum pädagogischen Anspruch. Teils mit vier Lehrlingen, oft auch deren Familien, entwickelte der Hof Vielfalt vom Acker bis in den Stall und im Ab-Hof- Verkauf. Drehscheibe war Marianne Joerges Küche, wo zwischen den Kindern immer auch Kunden standen. Auch die Frage nach einer Hofgemeinschaft tauchte in dieser Zeit häufig auf.
 

Mehr Technik, mehr Effizienz

Doch langsam entwickelte sich ein Umbruch: Joerges steuerte um, setzte auf bessere Technik: die Güllegrube war bereits am Anfang vorschriftsmäßig neu gebaut, die Präparatetechnik verbessert durch einen Rührturm, wo sowohl mit Maschine als auch mit Hand gerührt werden kann. Jetzt wurden Schlepper und Gerät erneuert. Die schweren Maschinen und dicken Packer vertrug der Boden besser als gedacht, denn Joerges musste zur Saatbettbereitung statt wie bisher dreimal nur einmal auf´s Feld. Dass der Vierscharpflug durchging, ohne eine Schwarte zu legen - das war sicher auch eine Folge des jahrzehntelangen Präparateeinsatzes. Die Direktvermarktung wurde verbessert, in Käserei und Frischfleischver­mark­tung investiert, dazu gezielte Kundenansprache und Werbung. Das Verzetteln auf dem Acker wurde eingeschränkt, weniger Früchte angebaut. In der gleichen Zeit gingen die Anfragen von Lehrlingen zurück. Joerges war viel unterwegs, als Vorstand der Demeter-Landesorganisation, als EU-Kontrolleur lernte er viel über Arbeit und Struktur der Demeter Betriebe. Aber die Abwesenheit machte sich bemerkbar, auf den Feldern wie in der Familie.
 

Der Hof brennt - der Hof im Wartestand

Dann brannte es. Fremde Kinder hatten gezündelt, Heu- und Getreide-Vorräte und die Gebäude dazu, Gerät, Jungvieh- und Hühnerstall, Werkstatt wurden im Juni 1998 von den Flammen zerstört. Die zweite Familie auf dem Hof ging fort, damit auch eine stärker pädagogische Option, die mehr Vorleistung erfordert hätte. Wie sollte es weiter gehen? Erstmal war Joerges wegen des Brandes auf Lohnarbeit angewiesen, den Trend zur rationellen Technik setze er fort, ließ zu­gleich alle Ämter und die Arbeit als Vertrauensmann in der regionalen Arbeitsgemeinschaft ruhen. Auf dem Acker wuchsen jetzt neben Futter nur Saatgetreide und Saatkartoffeln, letztere im Lohn vergeben, Lager- und Unterstellmöglichkeiten fehlten dem Hof jetzt, teils auf Pachtflächen, Bauernarbeit vom Handy aus. Der alte Stall stand zwar noch, hatte aber Anbindehaltung und war auf viel Handarbeit ausgelegt. Eine lange anhaltende Gebäudeplanung mit der Fa. Voith sorgte mehrere Jahre für Unklarheit. Immer neue Planungen, Gutachten, Kalkulationen. Was wird die Perspektive? Familie Joerges kämpfte mit dem Frust: wo Kraft reinstecken? Sievert Joerges ist, wie Sattler auch , ein Anpacker. Oder heißt es bei Stillstand, gehen? Die Direktvermarktung brach ein.
 

Neuer Stall und neuer Schwung

Sivert Joerge im neuen Stall
Sivert Joerge im neuen Stall
Nach vier Jahren klärte sich die Ungewissheit, auch durch Frau Dr. Hahn, die den gesamten Talhof aus dem Eigentum der Firma in eine Stiftung einbrachte. Der Stall wurde endlich gebaut, modern, standort- und tiergerecht. Dazu eine Heubergehalle mit Warm­luft­rocknung sowie Käserei und Hofladen. Joerges füttert nur Heu. Die Heumilch wird von einer kleinen Käserei im fränkischen Geifertshofen als Bioland- Käse vermarktet, der Milchpreis ist mit 42 Cent gut. Dem Stall, mit Stiftungsmitteln gebaut, sieht man an, dass er auch für Besucher gebaut ist: die Beleuchtung des Futter­gangs erinnert an eine Promenade, auf dem Dach Ziegel statt Wellblech. Schilder informieren über die Arbeitsbereiche. Auch die Kühe fühlen sich im auf 60 Plätze erweiterbaren dreiteiligen Boxenlaufstall mit Laufhof wohl, licht und luftig, mit viel Platz, wie für horntragende Kühe nötig. Die Milchleistung stieg nach dem Umzug prompt um 1000 Liter auf 6300 - bei gleicher Fütterung! "Die fressen lieber, länger und mehr" meint Joerges, der sich das Melken im neuen Melkstand wieder mit seiner Frau teilt. "Aber viel Zeit sparen wir trotzdem nicht, Stallarbeit ist einfach zeitintensiv." In einer hellen "First-Class Box" ist auch Platz für einen Zuchtbullen, stets begleitet von einer Kuh und die Herde im Blick. Der Landwirt züchtet wieder weiter. Seit Juli geht es auch mit der Direktvermarktung wieder voran: in einer GbR mit Joerges vermarktet Klaus Ruoff im neuen Hofladen, was er an Käse, Joghurt und Brot aus den Talhoferzeugnissen herstellt, ergänzt um ein kleines Demeter-Trockensortiment.
 

Konzentration auf das Wesentliche

Melken kann Spaß machen: Marianne Sivert im neuen Melkstand
Melken kann Spaß machen: Marianne Sivert im neuen Melkstand
Am Taleingang wird gerade das "Dorf in der Stadt", ein Wohnprojekt u.a. mit Altersheim , Kindergarten gebaut, abends streifen zahlreiche Spaziergänger schon jetzt den Talhof. Mit der Perspektive Milch und Direktvermarktung wollen die Bewirtschafter noch stärker Prioritäten setzen. Der Kartoffelbau und die damit verbundenen Transporte hören auf - dafür wird der Futterbau mit einer geeigneten Fruchtfolge intensiviert. Denn die 50 ha Fläche des Talhofs reichen nicht, eine Erweiterung war nur über Zupacht möglich. Momentan sind es 65 ha, die Joerges mit viel Leihgerät bewirtschaftet. Nur drei schnelle Schlepper, drei Hänger, Pflug, Mähwerke, Heuwender und Ladewagen gehören zur Ausstattung. Wichtig nach wie vor: die Präparateanwendung: "Das gehört so selbstverständlich zum Jahreslauf wie das Melken zu Kühen" meint der Landwirt dazu. Aktuell baut sich mit der Direktvermarktung ein neuer Kundenkreis auf. Zwar hatte er seine Freude an der Vielfalt, aber Joerges ist froh, dass er nicht mehr auf allen Ebenen tanzen muss. Und wieder Zeit für die Familie hat, was ihm als Vater von vier Kindern mehr und mehr wichtig wird.
 

Publikationen zum Talhof
  • Von der Entwicklung des Talhofes
    F. Sattler, 1977
    Sonderdruck Lebendige Erde
  • Nährstoffbilanz und Energiebedarf im landwirtschaftlichen Betriebsorganismus
    H.H. Koepf, F. Kaffka, F. Sattler, 1989
    Verlag Freies Geistesleben
  • Wie kann meditatives Leben den Hof befruchten?
    Vortrag F. Sattler
    in: Umgang mit Technik - Arbeit mit Lebendigem
    Tagungsband 2002, Goetheanum

 
Der Talhof
  • Vor den Toren Heidenheims, Landwirtschaft seit Mitte des 15. Jahrhunderts, in einem waldumrandeten, 8 km langen Hochtal, ca. 500 m über NN gelegen
  • Durchschnittstemperatur 5,9°C, 780 mm Jahresniederschlag, Rendzinaböden (tonig, flachgründige Kalkverwitterung, 16-59 Bodenpunkte ), Nachtfrost auch im Sommer
  • 50 ha LF, davon 27 ha Acker , dazu 3 ha Wald, aktuell mit Zupacht 65 ha
  • 33 Kühe mit Nachzucht und 1 Bullen
  • 1928 von der Firma Voith erworben, seit 1929 biologisch-dynamische Bewirtschaftung, Gemischtbetrieb mit Schwerpunkt Milchvieh und Direktvermarktung
  • Heute Pachtbetrieb der Ludolf Andreas Stiftung Überlingen, die u.a. ein Projekt mit Kindern und "Das Dorf in der Stadt" fördert.