Aus der Bewegung
Internationale Wanderschule
WeltweIt BIodynamIsch lernen
Liebe Eva, lieber Reto, lieber Hans, – was ist die Wanderschule?
Die Wanderschule ist eine international tätige Weiterbildungsinitiative und geht zu den Menschen, die sich für die biodynamische Landwirtschaft interessieren, sie erlernen und ihre Kenntnisse dazu vertiefen wollen. Dazu arbeiten wir praxisnah mit den Bauern zusammen an den biodynamischen Prinzipien. In diese Arbeit binden wir lokale Multiplikatoren ein, die auf diese Weise nach der train-the-trainer Methode qualifiziertes Know-how erlangen und Erfahrungen für ihre eigene Beratungsarbeit sammeln. Basierend auf der Open-Source-Idee geben unsere Berater ihr Wissen an die nächste Generation weiter. Ziel ist, die lokalen Akteure in ihrer biodynamischen Arbeit zu stärken, eine lebendige, sich ausbreitende Bewegung zu unterstützen und auch den transnationalen Austausch unter den Agierenden zu ebnen. Die Begegnung von Mensch zu Mensch ist zentral.
Seit wann gibt es die Wanderschule?
Im Jahr 2016 stellte Mehmet Unal, der damals für eine türkische Firma arbeitete, Hans Supenkämper die Frage, wo er bio-dynamische Grundlagen studieren könne. Aus dieser Frage entstand die Idee: „Wir studieren den Landwirtschaftlichen Kurs hier in der Türkei! Wir suchen noch ein paar Interessierte und dann machen wir das hier!“. Das war sozusagen der Startschuss für den bereits bestehenden Initiativkreis mit Ralf Kunert, Hans Supenkämper, Georg Meissner, Stephan Illi, Herbert Voelkle und Reto Ingold. Erfahrene Berater, die eine neue Beratergeneration und Nachwuchsarbeit im biodynamischen Landbau aufbauen wollten. 2017 gründeten sie die Freie Internationale Wanderschule für Biodynamische Agrar-Kultur e.V. in Aichelberg bei der Naturamus, die erste Firma, die bis heute die Arbeit der Wanderschule unterstützt! 2019 begründeten wir parallel als Working Branch noch die Biodynamic Field Works gGmbH.
Wer ist in der Wanderschule aktiv?
Aktuell sind wir eine Kerngruppe von acht Menschen, die mit internationaler Beratung verbunden sind und ein großes Interesse daran haben, den Menschen in den Projekten auf „Herzenshöhe“ zu begegnen. Unser Konsortium besteht aus gut vernetzten Berater:innen, Firmen, Projekt- und Organisationsentwickler:innen, wir sind Bauern, Winzer, langjährige Betriebsleiter, Agronomen mit unterschiedlichen Spezialisierungen und erfahren in Teambildung, Kooperationsformen, Mediation.
Wo seid ihr tätig?
Prinzipiell weltweit. Aktuell haben wir unseren Arbeitsschwerpunkt in Osteuropa: Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien mit Erweiterungspotenzial des Länderreigens um Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Ukraine. Dazu kommen als wichtige Länder noch die Türkei. In Afrika gehören Tunesien, Äthiopien, Kenia, Uganda und Südafrika zu Projektländern. In Südamerika waren wir in Argentinien aktiv. In unserem Pilotprojekt in Osteuropa konnten wir von 2021 bis 2023 in fünf Ländern einen neuartigen Beratungsansatz erfolgreich erproben und weiterentwickeln. Hervorzuhebende Beispiele dieser Aktivitäten sind die „Biodynamic South-East-Europe-Conference“, die pandemiebedingt online stattfand und zum ersten Mal einen Austausch der Länder dieser Region ermöglichte. Neu entstanden ist das internationale Gruppentraining für neue biodynamische Berater und Multiplikatoren. Transnationale Angebote treten immer stärker in unseren Fokus.
Welches Angebot habt ihr?
Wir möchten dazu beitragen, dass die Idee der Biodynamischen Agrar-Kultur in den verschiedenen Ländern in ihrer jeweiligen geografischen, klimatischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Identität keimen und gedeihen kann. Durch Ausbildung, Beratung und Vernetzung geben wir einen biodynamischen Befähigungsimpuls, so dass die Menschen in den Ländern zunehmend selbständig in ihrer Muttersprache agieren – mit eigenen Beratungs-, Informations- und biodynamischen Entwicklungsangeboten. Die Wanderschule vermittelt das notwendige Fachwissen, beteiligt sich an Tagungen und Kursen, schult Bauern, Berater:innen und andere Multiplikatoren vor Ort und begleitet den Aufbau von biodynamischen Organisationsstrukturen. Wichtig sind mittlerweile auch unsere Online-Foren, die sich während der Corona-Zeit entwickelt haben, die sogenannten Country-Talks und Association-Talks. Im Country Talk tauschen sich Berater und Interessierte über aktuelle Themen des biodynamischen Landbaus aus, der Association-Talk ist für den Austausch der Verantwortlichen der biodynamischen Länderorganisationen reserviert. Die internationale Zusammenarbeit der Wanderschule erfolgt in enger Abstimmung und im gegenseitigen Austausch mit der Biodynamischen Föderation Demeter International (BFDI) und der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum.
Ein Beispiel sind unsere Aktivitäten 2020/21 in Tunesien zum Aufbau des biodynamischen Landbaus. Dabei haben wir Grundlagen für eine gute biodynamische Praxis durch Weiterbildung für Praktiker und Multiplikatoren gelegt, bei der Einrichtung einer Präparatezentrale geholfen, die Präparateanwendung unterstützt und bei der Erstellung von Infomaterial, angepasst an tunesische Verhältnisse, mitgewirkt.
Ein weiteres Projekt war die erste „Biodynamic South-East-Europe-Online-Conference“ 2020. Mit dieser bedingt durch Corona „nur“ Online-Konferenz setzten 56 Teilnehmer einen starken, gemeinschaftsstiftenden Impuls für die ganze Region, der kräftig bis heute wirkt.
Wie kommt ihr zu euren Projekten?
Mittlerweile sind wir als Initiative bekannt. Dass wir als zusammenarbeitende Gruppe auftreten, zeichnet die Wanderschule aus. Unsere Projekte entstehen auf Nachfrage aus den Ländern. Vereine, Berater, Projekte tragen einen Bedarf an uns heran. Wir entwickeln mit unseren Partnern zusammen geeignete Projektansätze und akquirieren Fördergelder über Stiftungen oder Programme des BMZ oder der EU. Wir würden uns auch sehr über mehr Spendengelder von Firmen freuen, die gerne in die Ausbildung guter biodynamischer Praxis und Produktqualität investieren möchten.
Was haben die deutschen Demeter-Akteure von eurer Arbeit im Ausland?
Wichtigstes Ziel ist, dass unsere Begleitung in den Projekten und auf den Höfen die Grundlage für wahrhaftige, ehrliche biologisch-dynamische Qualität bildet. Wir erleben, dass immer mehr (qualitativ hochwertige) Rohwaren bei den deutschen Verarbeitern knapp werden. Unsere Bemühungen helfen, das Angebot zu vergrößern und deutsche Abnehmer bekommen dadurch eine größere Vielfalt und mehr Sicherheit für die Herstellung hochwertiger Qualitätsprodukte. Es ist außerordentlich wichtig, dass die Menschen auf den Höfen, in Deutschland und in anderen Ländern, sich als zu einer Gemeinschaft und Bewegung zugehörig erleben und fühlen, die sich alle um die biologisch-dynamische Agrar-Kultur bemühen.
(Wie) Kann man bei euch mitmachen?
Unsere Projekte leben davon, dass immer wieder neue Expert:innen von außen dazu kommen. Bei den meisten Anlässen in unseren Fokusgebieten suchen wir die Unterstützung von geeigneten Fachleuten, um die spezifischen Bedürfnisse unserer Partner abdecken zu können. Es lohnt sich also, sich bei der Wanderschule zu melden. Man kann die Wanderschule durch Mitgliedschaft im Verein oder durch Spenden unterstützen. Man kann den Newsletter abonnieren und als Einstieg unbedingt an unseren Online-Treffen, den Country-Talks, teilnehmen. Die Daten werden im Newsletter angekündigt – der auf der Website www.wanderschule.world/de abonniert werden kann. Oder einfach eine mail an info@wanderschule.world senden.