Biodynamisch

Wie ein Präparat entsteht

Biodynamische Präparate reifen gezielt in Zeit- und Naturprozessen

von Marcel Waldhausen

Wenn das Frühjahr beginnt, erweitert sich der Aktionsradius wieder auf den ganzen Betrieb. Seine Flächen sind wieder befahrbar. Vorher, im Winter, ging es um anderes: Reparaturen und Wartungen an Mas­chinen, Anlagen und Gebäuden, aber natürlich auch die tägliche Zuwendung zu den Tieren oder Büroarbeiten für das nächste Anbaujahr standen im Vordergrund. Das ist jetzt im Frühjahr wieder anders.

Die vorangegangene Winter- und Weih­nachtszeit bot Gelegenheit zum Nachdenken. Manche Landwirte hatten sich auch Zeit dafür genommen, manches in meditativer Besinnung anzuschauen, man könnte auch sagen: auf den Punkt zu bringen. Rudolf Steiner empfiehlt das im Landwirtschaftlichen Kurs ausdrücklich. Und er hat recht, denn gute Ideen und Lösungen tauchen besonders in dieser Zeit viel häufiger und leichter auf. Überhaupt klingt während der Winterzeit im Hintergrund manches nach: Im Herbst wurde der Mist gestreut, womit die Wirkung der Kompostpräparate die Flächen erreichte. Ebenso wurde eine Hornmistgabe zur Winterung gegeben. Die Präparate für das nächste Jahr wurden bereitet und in der Erde vergraben, in der sie ihre geheimnisvollen Prozesse der Präparierung durchmachen. Auch hier eine Konzentration auf den Punkt.

Nun beginnen die Frühjahrsarbeiten: Weidepflege, Aussaat der Sommerung und die erste Hornmistspritzung. Von der winterlichen Konzentration im Punkt weitet sich nun das Geschehen wieder zum (Um)Kreis. Zur ersten Kieselgabe werden die im Herbst eingegrabenen Präparate herausgeholt. Nun finden wir eine verwandelte Substanz vor, die ganz anders ist als die einst vergrabene. Dann fragt man sich: Was ist das für ein geheimnisvoller Vorgang, diese Präparierung?

Präparat und Hülle

Einen wesentlichen Anteil an dem Wandlungsprozess der Präparierung hat die Hülle, ohne sie würde der Prozess nicht gelingen. Die Hüllen stammen allesamt aus dem Tierreich und erfüllen im tierischen Leib ebenfalls eine Hüllenfunktion. Für die Hörner wird der Vorgang so beschrieben, dass ihre Art „Hohlspiegelfunktion“ im Vorgang der Präparierung fortgesetzt wird. Vorher lebten die Kühe damit. So kann man annehmen, dass die anderen Hüllen ihre Funktion ebenfalls fortsetzen, sodass dem pflanzlichen Inhalt jeweils eine bestimmte, also eine spezifisch geistige Qualität substanziell eingeprägt wird. Das Geweih des Hirsches bezeichnete Rudolf Steiner als „Antenne”, mit der das Tier in Kontakt mit den Qualitäten der obersonnigen Planeten kommt. Dieser Prozess kommt in der Blase zu einem Ende.

Das Schafgarbenpräparat durchläuft darin eine „Vorpräparierung“, indem die gefüllte Hirschblase im Frühsommer in Luft und Licht aufgehangen wird. Mit der aufkommenden Wärme in der Umgebungsluft können die Wirkungen der obersonnigen Planeten herankommen. Die Blase nimmt demnach weiterhin die Wirkungen der obersonnigen Planeten auf, die über der Erde an diese herankommen. Danach werden die Blasen im Herbst in der Kulturschicht des Bodens bis zum Frühjahr vergraben.

Wenn wir an die Entwicklungsschritte der Geweihbildung beim Hirsch denken, finden wir interessante Parallelen: Der Hirsch wirft jedes Jahr sein Geweih ab und bildet es neu. Das geschieht etwa im März/April, also genau dann, wenn wir das Präparat aus der Erde holen. Das Geweih selbst besteht, im Gegensatz zum Horn, aus Knochensubstanz. Im Wachstum ist es bedeckt von der durchbluteten Basthaut, die das Geweih schützt und nährt, eine „Hülle“ im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Basthaut „fegt“ der Hirsch nach der Vollendung des Geweihes ab, an Sträuchern und Bäumen. Das passiert im Juni/Juli, also ungefähr dann, wenn wir die Schafgarbe sammeln und in die Blase geben. Dann erst trägt der Hirsch sein stolzes Geweih und den Kopf frei. Die Zeit vom Fegen bis zum Abwerfen, also Juni/Juli bis März /April entspricht etwa der Zeit unseres Präparierungsgeschehens im Falle der Schafgarbe. Insofern kann man eine gewisse Entsprechung des Geweihzyklus mit dem Präparierungszyklus der Schafgarbe annehmen.

Zusammenspiel verschiedener Lebensprozesse

Für jedes Präparat können Zusammenhänge aufgesucht werden, die dem jeweiligen zukünftigen Präparat aus der Fortsetzung der „Leibesfunktion“ der jeweiligen Hülle zuteilwerden. Mir scheint aber, dass auch noch weitere Prozesse und Vorgänge eine Rolle spielen. Wenn das Kamillenpräparat vorgestellt wird, weist Rudolf Steiner zweimal hintereinander auf die Wichtigkeit der Darmsubstanz für die Entfaltung der Kamillenwirkung hin. Wäre es denkbar, dass die jeweilige Hülle ebenso eine „nährende“ Geste hin zum werdenden Präparat vollzieht wie die Basthaut zum werdenden Geweih? Das sich etwas von der Hülle substanziell hineinverwandelt in die umhüllte Pflanzenmasse? Wird etwa, gleichermaßen wie der Ausgleich für das Substanzwerden der kosmischen Wirkungen, irdische Substanz in Kräfte verwandelt, die dem Präparat innewohnen und die Hülle damit verbrauchen?

Der eigentliche Prozess der Präparierung vollzieht sich im Verborgenen, nämlich unter der Erde oder im Wasser. Neben der Hülle, die ihre Organfunktion fortsetzt, finden in der Erde Vorgänge statt, die aus den Blüten, aus der Pflanzenhingabe, erst ein Präparat werden lassen. Würden wir die Schafgarbe in ihrer Blase einfach irgendwo hinlegen, würde sie vertrocknen und von kleinen Insekten angenagt, aber es vollzieht sich keine Präparierung. Dazu brauchen wir also die Erde mit all ihren Wirkungen. Sonst kann kein Präparat entstehen.

Auch der Weg der Schafgarbe zum Präparat fügt sich in das ganze betriebliche Geschehen ein: Setzt im Frühjahr mit der Erwärmung des Bodens und der Luft das Wachstum ein, wächst die Schafgarbe darin zunächst als Pflanze heran, bis im entsprechenden Moment die Blüten geerntet und in die Blase gegeben werden. Nun ist sie den Planetenwirkungen über der Erde ausgesetzt.

Geben wir die Schafgarbe im Herbst in die Erde, geschieht das in einem Moment, in dem sich das Leben wie auf sich selbst zurückzieht. Es ist, als würde die Erde einatmen, während sie uns während der Vegetationszeit einen Zustand der Ausatmung vor Augen führte. Dadurch war sie den Planetenwirkungen, die über und unter der Erdoberfläche wirksam sind, ganz hingegeben. Das ist also ganz anders als in der Winterzeit, für die man sich gut vorstellen kann, dass die irdischen Prozesse ebenso verinnerlicht sind wie die des Menschen.

Die Winterzeit wird im Landwirtschaft­lichen Kurs als besonders wichtig für das Pflanzenwachstum beschrieben. Für das Prä­parat heißt das, dass es die Wintervorgänge als Teil der Erde mitmacht. Die Organhüllen verwerten das während der Vegetation aufgenommene Planetenwirken in der Erde, die Hirschblase also die Wirkungen von Saturn, Jupiter und Mars. Im Winter wirken die obersonnigen Planeten nicht direkt auf den entsprechenden Erdenort, denn es fehlt die Wärme als Träger ihrer Wirkungen. Die Wirkungen der obersonnigen Planeten über der Erde hat die Schafgarbe aufgenommen, als sie in Licht und Luft aufgehängt war.
Die Wirkung der obersonnigen Planeten unter der Erde nimmt sie nun auf, wenn sie ein­gegra­ben ist. Im Zusammenwirken der
Hülle und der Erde in den entsprechenden Momenten des Jahreslaufes entsteht das Präparat.

Im biodynamischen Präparat findet sich in gewisser Weise die Essenz des ganzen vorangegangenen Jahres: Vergangenes ist zu Zukünftigem geworden. Dieses Prinzip der Kom­postierung finden wir im Präparat, eben­so wie das der Konzentration in einen Punkt und die darauffolgende Weitung in den Umkreis. Hinter diesem ständigen Pulsieren erkennen wir ein Entwicklungsprinzip.

Biodynamische Präparate im Frühling

Wieder ein Jahr, in dem alles früher ist!

Anwendung

  • Mist, Kompost, Gülle 6 Wochen vor Ausbringung präparieren

  • Hornmist zur Bodenbearbeitung, spätestens zur Saat, an kalten Tagen ggf. kombiniert mit Baldrianpräparat

  • Hornkiesel in die wachsenden Bestände

  • Fladenpräparat auf die Flächen, die keinen präparierten Mist bzw. Kompost bekommen haben

Herstellung

  • Löwenzahnblüten sammeln (junge Blüten, vormittags)

  • Präparate ausgraben (Hornmist, Eichenrinde, Löwenzahn, Schafgarbe Kamille) und einlagern

  • Hornkiesel herstellen

  • Schafgarbe in Hirschblase in die Sonne hängen

 

RED