Editorial

Der Markt als Entwicklungshelfer

Europa, also die EU, soll grüner werden, mindestens soll das Wirtschaften einen Impuls zur Nachhaltigkeit erhalten, so das Ziel des angekündigten Green Deal der EU-Kommission. Der umfasst auch eine Strategie namens „Farm to Fork“ sowie eine zur Biodiversität, die, werden sie umgesetzt, eine 50-prozentige Reduktion des Pestizideinsatzes und 25 Prozent Ökolandbaufläche erreichen sollen. Das bedeutet eine Verdreifachung der Ökofläche und wohl auch des Angebots bis 2030! Damit das aufgeht, müssen EU-weit deutlich mehr Bioprodukte ver- oder gekauft werden als bisher, eben der Fläche entsprechend 25 Prozent Marktanteil erreichen. Europas größte Automarke VW schafft EU-weit gerade mal die Hälfte. Der durchschnittliche Marktanteil von Bio liegt in der EU aktuell schätzungsweise bei knapp 3 Prozent, in Deutschland aktuell bei knapp 6 Prozent.

Bio soll also mehr werden, am besten natürlich 100 Prozent der Landwirtschaft ausmachen und die Demeter-Gemeinschaft will dazu ihren Beitrag leisten. Damit das funktioniert, braucht es Marktwachstum für Bio- und auch für Demeter-Produkte, mit der Nische wird es dann endgültig vorbei sein.

Das wirft Fragen auf an die Identität als Demeter-Mitglied, als biodynamischer Betrieb, als Hersteller: Für wen baue ich an, produziere ich, welchen Vertriebsweg sollen meine Erzeugnisse nehmen usf. Das kann jeder Hof, jedes Unternehmen für sich beantworten, gemeinsam haben sich die Demeters dafür Regeln gegeben, die viel möglich, es aber Discountern schwer machen. Die zweite Ebene ist die eigene Rolle in der Gesellschaft – bin ich, unsere Betriebe, unsere Firma weiter Avantgarde aber Nische, oder werden wir gesellschaftliche Mitte? Und wenn ersteres, dann gemütlich zurückgezogen, oder innovativ voranschreitend? Und wenn zweiteres, dann austauschbar oder nach wie vor originell? Sind das überhaupt Gegensätze?

Die Frage gilt aber auch der Innovationskraft des Biodynamischen, von Demeter, vor allem aber der Biobranche allgemein: Erst die Mischung aus guten landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit positiven Effekten auf Mensch und Natur, aus Lebensmittelhandwerk und dessen überzeugenden, oft innovativen Produkten, dazu einst neue Vertriebswege wie ein Fachhandel für Naturkost, Direktvermarktung oder die Abokiste haben den Grundstein für den guten Ruf und das Interesse an Bio gelegt. Sollen Bio-Produkte noch mehr Menschen überzeugen und zum Kauf bewegen, muss die Entwicklung hier also weitergehen.

Demeter-Landwirte sind hier z.B. im Bereich Tierwohl sehr aktiv und versuchen, ihre Innovationen auch am Produkt kenntlich zu machen: Tue Gutes und labele es! So entstehen zwar Zusätze zur Demeter-Marke, sie zeigen aber auch, was möglich ist, übrigens teilweise unabhängig vom Vertriebsweg. Und das ist wichtig in einem wachsenden Biomarkt, in dem auch Demeter nicht exklusiv an bestimmte Formen der Einkaufstätten gebunden ist. Denn die Händler brauchen Produkte, mit denen sie Profil zeigen können.

Und wir Ökos brauchen Partner in allen Bereichen des Handels, die sowohl das Wachstum als auch die Weiterentwicklung von Qualitäten mittragen.

 

Herzlichst Ihr