Ernährung

Gesund essen - aber was?

Konventionell, ökologisch, biodynamisch - ein Vergleich

Von Susanne Aigner

 

Kurz & knapp:

Welche Ernährung ist gesund? Diese Frage wird von Ernährungsforschern oft mit dem Hinweis auf vitaminreiches Obst und Gemüse beantwortet. Doch: frischer Salat kann auch ungesund ein, wenn er aus konventionellem Anbau stammt. In folgendem Beitrag wird die Qualität von Lebensmitteln aus verschiedenen Anbaumethoden diskutiert.

 

Gesunde Ernährung und Wellness werden heute groß geschrieben. Noch ist es nur eine Minderheit, die sich bewusst für ökologische Lebensmittel entscheidet. Die meisten argumentieren mit dem Preis: Bio sei einfach zu teuer. Menschen, die sich trotzdem für Öko-Produkte entscheiden, tun es aus Überzeugung: Bio-Essen ist gesünder! Das ist auch wissenschaftlich erwiesen.

Bio und konventionell - worin liegt der Unterschied?

Vor 100 Jahren hätte niemand etwas mit dieser Frage anzufangen gewusst. Wer damals modern war, streute den ersten Mineraldünger auf seinen Acker. Öko-Landbau war das Normale, bis die chemische Industrie meinte, an der Landwirtschaft verdienen zu müssen.1 Ertragssteigerung hieß das Zauberwort - mehr zu essen für eine wachsende städtische Bevölkerung.

 

Heute führt der Öko-Landbau mit 4,8% Flächenanteil2 in Deutschland ein Nischendasein. Aber immer mehr Menschen entdecken, dass Öko-Lebensmittel gesünder sind - und besser schmecken. Von den positiven Auswirkungen auf Boden, Luft und Wasser ganz zu schweigen. Das bescheinigt auch eine Studie des FiBL3: Bioprodukte sind ein wichtiger Teil eines nachhaltigen, gesunden Ernährungsstils. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch, regionale, Produkte einzukaufen und dabei auf eine umweltfreundliche Verpackung zu achten.

Inhaltsstoffe von ökologisch erzeugten Lebensmitteln

Im Gesamt-Ergebnis von sieben Studien3, die pflanzliche Produkte (Bio und konventioneller Anbau) im Zeitraum zwischen 1995 und 2003 miteinander vergleichen, wird deutlich, dass Bioprodukte weniger Pestizide und Nitrate, dafür aber tendenziell höhere Gehalte an Vitamin C und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen (bei Bio-Gemüse um bis zu 50%) enthalten und dabei überdurchschnittlich hohe Geschmackswerte aufweisen. Dabei handelt es sich um Substanzen, die natürlicherweise antioxidativ, antimikrobiell, immunsystemstärkend, entzündungshemmend und krebsvorbeugend wirken. Bio-Obst und Gemüse enthält mehr Antioxidantien (z. B. Polyphenole). Auch der Trockensubstanzgehalt in biologisch angebautem Blatt-, Wurzel- und Knollengemüse ist bis zu 20% höher. Das wirkt sich aus auf den Geschmack, der bei Bio-Produkten intensiver ist. Der Protein-Gehalt im Weizen nimmt durch intensive Düngung zu, jedoch sinkt die Proteinwertigkeit, da sich das Verhältnis von seltenen zu häufigeren Aminosäuren verringert. Auch im Bio-Anbau kann eine Minderung der Proteinqualität bei Weizen eintreten. Durch die Wahl bestimmter Sorten kann der Klebergehalt und damit die Backqualität günstig beeinflusst werden.4

 

Aus einer Zusammenfassung von 175 internationalen Studien5geht hervor, dass Bio-Fleisch und -Milch einen höheren Anteil an konjugierter Linolsäure beinhalten, dreimal mehr als im Milchfett konventioneller Milch. Diese Fettsäure hat einen günstigen Einfluss auf den Zucker- und Fettstoffwechsel. Erwähnt wird auch ein höherer Gehalt an Lecithin und essentiellen Aminosäuren, Mineralstoffen und Spurenelementen gegenüber konventionell angebautem Obst und Gemüse. Eine Untersuchung verschiedener Joghurtprodukte durch Greenpeace6 ergab, dass Bio-Joghurt mehr gesunde Omega-3-Fettsäuren enthält (Tabelle 1). In konventioneller Milch wurde zudem deutlich mehr Aflatoxin nachgewiesen,5 was auf belastetes Kraftfutter in der Rinderfütterung zurückgeführt wird. Bio-Weizen ist weniger mit Mykotoxinen belastet als Weizen aus konventionellem Anbau.5 Fusarien-Toxine sind Schimmelpilz-Gifte, die das Immunsystem schwächen, die Blutgerinnung stören und Leber und Nieren schädigen.

 

Bio-Essen ist gesünder. Das belegt auch eine der wenigen Ernährungsstudien10 mit Menschen, in der Frauen untersucht werden, die sich in der Stillzeit ökologisch ernährten und in deren Milch deutlich höhere Werte an ungesättigten Fettsäuren (Omega-3 und CLS) enthalten war.

Rückstände: Pestizide, Mineraldünger, Nitrat

Konventionelle Nahrungsmittel wurden unter anderem von Greenpeace7 aktuell auf Rückstände untersucht. In einem Glas Paprika-Gewürz wurden bis zu 22 verschiedene Pestizide gefunden. Insgesamt wurden von Greenpeace 59 in Deutschland verbotene Agrargifte nachgewiesen. 21 davon sind in der ganzen EU verboten. Bisher hatte jedes EU-Land eigene Grenzwerte, seit 1. September 2008 sind diese Werte "harmonisiert". Für Deutschland bedeutet das: eine Verschiebung der meisten Werte nach oben. Nach einer Ende August 2008 von Greenpeace und GLOBAL 20007 veröffentlichten Studie sind fast 700 der künftig EU-weit geltenden Höchstmengen für Pestizide in Obst und Gemüse zu hoch. Bei 570 Grenzwerten von Obst und Gemüse wird die Akute Referenzdosis (ARfD) der WHO für Kinder überschritten, insbesondere bei Äpfeln, Birnen und Trauben.

 

Mit Pestiziden belastetes Obst und Gemüse gelangen zum einen durch Importe in die EU. Zum anderen werden auch in Ländern der EU immer wieder illegale Pflanzenschutzmittel verwendet, nicht selten auch bei Obst, Gemüse und Getreide aus Deutschland, wie aus Daten des BVL (Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) hervorgeht.8 Danach fanden sich 2006 in 199 (9 %) von 2.176 untersuchten Proben Pestizide, die in Deutschland nicht zugelassen sind, die meisten davon in frischen Kräutern, Himbeeren, Feldsalat, Birnen, Rucola und Johannisbeeren. Laut BVL wurden im Jahr 2007 in Kopfsalat, Äpfeln, Champignons, Grün- und Wirsingkohl die gesetzlichen Höchstmengen für Pflanzenschutzmittelrückstände am häufigsten überschritten.8 Seit 1999 steigen die gesundheitlichen Mehrfachbelastungen als Folge von Pestiziden stark an.3 Innerhalb der letzten drei Jahre wurden vom BVL 38 neue Wirkstoffe zugelassen.

 

Können Bio-Produkte mit Pestiziden belastet sein? Auch bei Einhaltung aller Richtlinien und Verordnungen des Öko-Landbaus kann dies nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Die Ursachen können sein konventionelle Vorbewirtschaftung, Abdrift von Nachbarfeldern bzw. Eintrag giftiger Stoffe z. B. durch Bewässerung oder Transport. Vom Bundesverband Naturkost, Naturwaren und Handel (BNN) wurde ein Orientierungswert 0,01 mg/kg für jede Substanz festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, muss den Ursachen der Kontaminierung nachgegangen werden.9

 

Bio-Gemüse enthält bis zu 40 % weniger Nitrat, denn der Stickstoff im Bio-Dünger ist organisch gebunden und wird erst über die Mikroorganismen pflanzenverfügbar gemacht. Dadurch nehmen die Pflanzen den Stickstoff langsamer und bedarfsgerechter auf. Aus Nitrat bilden sich Nitrosamine, die im menschlichen Körper Krebs verursachen können. Verboten im Bio-Anbau ist das Ausbringen von Klärschlamm (enthält oft giftige Schwermetalle!). Auch der Einsatz von Kupfer gegen Pilzkrankheiten ist beschränkt, da es in großen Mengen das Bodenleben schädigen kann.

Omega-3-Fettsäure-Gehalte in bio. und konv. Joghurtprodukten

(Quelle: Greenpeace, September 2006)

Marke

Omega-3-Fettsäuren

Fettgehalt

 

(g/100 g)

%

Füllhorn Öko-Joghurt mild (bio)

1,38

3,8

Andechser Natur Rahmjoghurt mild (bio)

1,38

10,0

Söbbeke (bio)

1,07

3,7

Fruchtzwerge XXL (konv.)

0,57

3,5

Danone Actimel (konv.)

0,56

3,1

Onken (konv.)

0,50

3,7

Warum biodynamisch?

Im Öko-Landbau ist der Einsatz von Pestiziden, synthetischen Stickstoffdüngern und Phosphaten verboten. Über dieses Verbot hinaus gibt es auf biodynamischen Betrieben Tierfutter aus biodynamischen Anbau, eine artgerechte Tierhaltung und die Erhaltung natürlicher Kreisläufe durch Ausbringen von Kuhmist, vielfach auch eigene Sorten. Das alles beeinflusst die Bodenfruchtbarkeit, das Wachstum von Pflanzen und Tieren - und vor allem die Qualität der Nahrungsmittel.

 

Deutlich wird das in der Klosterstudie,11 durchgeführt 2002 vom Forschungsring e. V. Hier testeten 32 Nonnen je zwei Wochen konventionelle Fertiggerichte, frisch zubereitetes Essen konventioneller Herkunft und anschließend Speisen aus biodynamischen Landbau, danach dasselbe in umgekehrter Reihenfolge. Begleitend wurden der Blutdruck gemessen, Blutproben genommen und auf immunologische Inhaltsstoffe (T-Helferzellen) untersucht, Kalorien, Darm-pH-Wert und Gewichtsveränderung festgestellt. Im Ergebnis wirkte die Umstellung von konventioneller auf biodynamische Kost blutdrucksenkend, neben einer Abnahme an Kalorien, einem neutralisierten pH-Wert, weniger Stress und einer leichten Gewichtsabnahme der Beteiligten. Insgesamt war das körperliche und seelische Wohlbefinden deutlich besser als nach dem konventionellen Essen.

Zusatzstoffe bei Demeter und EU-Bio

 

Demeter

EU-Öko-Verordnung

Nitritpökelsalz in Wurstwaren,Carageen,Ascorbinsäure

verboten

erlaubt (nicht in Bratwürsten)

natürliche Aromen in Obst u. Gemüse

verboten (nur A.-Extrakte)

generell erlaubt, wenn GVO-frei

Enzyme

für wenige definierte Produkte erlaubt

generell erlaubt, wenn GVO-frei

Mikroorganismen

für ausgewählte Produktgruppen

generell erlaubt, wenn GVO-frei

Zusatz- und Hilfsstoffe

13 sind erlaubt (s. Positivliste)

45 sind erlaubt

Verpackung

Positivliste (erlaubte Packstoffe)

Keine Regelung

 

Auch unterschiedliche Anteile an Zusatz- und Hilfsstoffen in der Ernährung haben Auswirkungen. Während Carageen, Ascorbinsäure und Nitritpökelsalze bei Demeter12 generell verboten sind, sind sie bei EU-Bio-Produkten teilweise zugelassen. Nur bestimmte Enzyme, Mikroorganismen und nur 13 Zusatz- und Hilfsstoffe sind bei Demeter erlaubt (Bioland: 24; EU-Verordnung: 45)13 und auch nur bei definierten Verfahren. Wissenschaftler der Universität Jena haben in Demeter-Milch mehr gesunde Inhaltsstoffe und höhere Gehalte an CLA (conjugated linoleic acids) nachgewiesen. CLA wirken krebshemmend und verhindert Arterienverkalkung. Außerdem hat der Konsum von Demeter-Milch weniger allergische Reaktionen zur Folge. Die Qualität der Milch wird durch eine schonende Verarbeitung beeinflusst. So verändert Homogenisierung die Strukturen in der Milch, was Allergien fördern kann. Darum wird bei Demeter auf Homogenisierung der Milch verzichtet.14

 

Qualitätsunterschiede werden auch mit Hilfe bildschaffender Methoden (nach Pfeiffer und Wala) nachgewiesen: Proben wurden in Doppelblindversuchen eindeutig der dynamischen oder organischen Anbauweise zugeordnet. Die biodynamischen Produkte werden als in der Reifung arttypischer beschrieben, mit höherer Vitalqualität. Außerdem wurde in einem Versuch mittels bildschaffender Methoden nachgewiesen, dass das Ultrahocherhitzen (UHT) von Bio-Milch zu einem Qualitätsverlust gegenüber konventioneller Milch führt.15 Daher gibt es keine UHT-Milch in Demeter-Qualität.

 

Durch andere Methoden können Lichtspeicherkapazität und Abstrahlverhalten pflanzlicher Organismen gemessen werden - sowie die Radioaktivität bestrahlter Kräuter und Gewürze (wird heute im konventionellem Anbau angewendet, um Produkte zu konservieren). Messergebnisse zeigten signifikante Unterschiede in der Qualität von Bio- und konventionellen Produkten.5 Auch im Geschmack unterscheiden sich Produkte aus biodynamischen von denen aus konventionellem Anbau. In einem Verbrauchertest wurden 150 Personen in einem Supermarkt, der auch Demeter-Milch anbietet, zu ihren Milchtrinkgewohnheiten befragt. Die meisten beurteilten Demeter-Milch als sahnig im Geschmack und weniger säuerlich als konventionelle Milch. Die biodynamische Milch wurde auf Grund ihres cremigen Geschmacks am häufigsten als beste Milch gewählt.16 Abschließend sei der DOK-Versuch in Frick (Schweiz) erwähnt. Innerhalb von 21 Jahren wiesen die biodynamischen Felder einen höheren Humusgehalt, mehr mikrobielle Biomasse und eine höhere Masse an Regenwürmern gegenüber den organischen Feldern auf.

Ernährt der Öko-Landbau die Welt?

Kann der Öko-Landbau die gesamte Weltbevölkerung ernähren? Ohne den massiven Einsatz von Mineraldüngern sei das nicht möglich, sagt die Agrarindustrie.17 Die Sekem-Initiative18 bei Kairo zeigt, dass noch viel mehr möglich ist: Vor 30 Jahren wurden hier 70 ha Wüste in fruchtbaren Ackerboden verwandelt. Inzwischen bewirtschaften in Ägypten 300 Kleinbauern insgesamt 2000 ha biodynamisch. Die Produkte - Futterpflanzen, Gemüse, Getreide, Obst, Gewürze, Heilpflanzen und Baumwolle - werden im In- und Ausland vermarktet. Und: Es geht nicht darum, theoretisch die Welt zu ernähren. Es geht darum, dass die Menschen praktisch vor Ort etwas zu essen haben.19 In diesem Sinne ist die biologisch-dynamische Landwirtschaft zukunfts- und richtungsweisend.

 

MSc. Agr. Susanne Aigner,

Margueritenweg 1,

37213 Witzenhausen,

susanne.aigner(at)af-i.de

Quellen

Die Geschichte der Landwirtschaft (<a href="http://www.alogix.de"></a>) Kali u. Salz AG (<a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Kali_und_Salz_AG#Salzdetfurth_AG_.281889_bis_1971.29"></a>)
BÖLW, 2008: Öko-Anbaufläche in der EU (2006)
FiBL-Dossier: Qualität und Sicherheit von Bioprodukten, Frick (Schweiz), 2006
Strube, J. u. P. Stolz: Lebensmittel vermitteln Leben - Lebensmittelqualität in erweiterter Sicht. KWALIS Qualitätsforschung Fulda. 2004
Velimirov, A. u. W. Müller: Die Qualität biologisch erzeugter Lebensmittel. Ergebnisse einer umfassenden Literaturrecherche. Wien, 2003, (S. 7 - 10).
Greenpeace: Fettzusammensetzung von Joghurtprodukten, Untersuchung der muva Kempten, September 2006
Greenpeace / Industrieverband Agrar (29.08.2008) Greenpeace / Fachverband der Gewürzindustrie, (02.10.2008) (GLOBAL 2000: Umweltorganisation in Österreich)
Mitteilung des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) am 13.10.08 bei der Vorstellung des Lebensmittel-Monitoring 2007 in Berlin.
Weiss, G.: Wie kommen Pestizide in Bio-Produkte? In: Lebendige Erde 6/2007 S.28
Rist, L, Zweidler, R. & von Mandach, U. (2003): Biologische Ernährung und Gesundheit. In: Beiträge zur 7. Wissenschaftstagung zum Öko-Landbau. Wien, 2003
Forschungsring für biodynamische Wirtschaftsweise e. V., Darmstadt (2002): Klosterstudie
Demeter-Richtlinien Verarbeitung, Juni 2007
Busse, T.: Bio mit Beimischung. In: Greenpeace-Magazin 6/2008. S. 57
<a href="http://www.naturkost.de/meldungen/2007"></a>
Rist, L.: Von der Weide zur Wiege - Milch und Gesundheit. In: Lebendige Erde 6/2004; 48
Lössl, M.: Biol.-dyn. Milch im Geschmackstest. In: Lebendige Erde 2/2004; 24 -27
Kali u. Salz AG: Wachstum erleben: K+S in Q3/08 mit deutlichem Umsatz- und Ergebnisanstieg; 12.11.08; Unternehmensbericht 2007 In: www.k-plus-s.com/de/home
<a href="http://www.sekem-freunde.de/wieistSekementstanden.htm"></a> Lebendige Erde 5/2004 (?)
Zitat v.Fuchs, N.: Wissenschaftliche Methodendiskussion und Agrarpolitik, Vortrag an der Uni Kassel/Witzenhausen 13.11.2008)