Feld & Stall
Vom Nutztier zur coolen Mitarbeiterin
Einen anderen Umgang mit Kühen kann man lernen!
„Stellen Sie sich vor, die nervigste Kuh in Ihrem Stall würde plötzlich zu Ihrer Lieblingskuh? Wie würde sich Ihr Stallalltag dadurch verändern?“
Wenn es Verhaltensschwierigkeiten mit unseren Kühen gibt – die eine tritt, die andere rennt uns fast über den Haufen, eine andere bricht durch jeden Zaun – dann reagieren wir darauf sehr menschlich. Und zwar: Wir nehmen es persönlich! Erstens, weil wir ärgerlich sind, da die Situation gefährlich war und zweitens, weil wir das Tier nicht verstehen. Und manchmal wünschen wir uns von Herzen, dass die Kuh uns doch bitte endlich verstehen soll!
In solchen Situationen komme ich oft ins Spiel. Seit fünf Jahren biete ich als Tierkommunikatorin, Verhaltensforscherin und Bewusstseinstrainerin hilfesuchenden Landwirten und Landwirtinnen neue, sichere Lösungswege im Umgang mit Nutztieren. Das spart am Ende Geld, Zeit und schont die eigenen Nerven. Mit einem neuen Blick auf unsere Tiere und einem neuen Verständnis, entsteht in uns und in unseren Tieren, ein hohes Maß an Zufriedenheit und Lebensqualität. Tierwohl und Vertrauen wachsen.
Eine Kuh macht nicht nur "Muh", ein Mensch nicht nur "Blabla".
Zusammen mit Landwirten und ihren Nutztieren habe ich Kommunikations-Methoden erarbeiten, welche sich auf jede Tierart und jede Haltungsform übertragen lassen, egal ob Kuh, Schwein, Huhn, ob konventionelle oder ökologische Haltung. Denn unsere Kommunikation mit unseren Nutztieren hat mehr Dimensionen, als viele Menschen denken würden. Meine Kommunikations-Methoden basieren auf bewusster Übertragung von gewollten Informationen an unsere Tiere. Ein Beispiel: Allein wie wir in den Stall hinein gehen, in welcher Stimmung wir sind und wie unsere innere Haltung dabei ist, ist dafür entscheidend, wie eine Situation mit Tieren verläuft.
Wie wir in den Stall hineinrufen, so schallt es heraus!
Sind wir hektisch und ungeduldig beim Melken, weil wir vielleicht noch zu einem Termin müssen, kann sich das Melken ungewollt in die Länge ziehen. Wir stecken die Tiere mit unserer Unruhe an. Das kann sich dann zeigen, in Form von nur zögerlichem Hereinkommen in den Melkstand, da die Tiere diese im Raum liegende Unruhe als Gefahr werten. Oder sie treten sich ständig das Melkgeschirr ab, da sie gerne schnell diese „Gefahrenzone“ wieder verlassen wollen. Solche Verhaltensweisen können wir Menschen mit unserer Unruhe tatsächlich bei den Tieren auslösen – unbewusst.
Sind wir aber entspannt und heiter beim Melken, schwupps ist es schon vorbei und alles ist gut gelaufen. In diesem Fall haben wir den Kühen eine Wohlfühlstimmung vermittelt. Aus der Sicht der Kuh haben wir ihr damit gesagt: „Du bist hier gut aufgehoben und in Sicherheit.“ Unsere innere Stimmung und unsere Gefühle übertragen sich also auf die Tiere. Diese Erfahrung haben Sie sicher schon gemacht.
Was soll denn die Kuh konkret tun?
Auch unsere inneren Bilder werden als Handlungsvorschlag von unseren Tieren gewertet. So wird ein gedachtes oder gesagtes: „Hör auf so rumzuzappeln, du blödes Vieh!“ leider zum falschen, negativen Handlungsvorschlag. Unbewusst verstärken wir damit das nicht erwünschte Verhalten. Dabei würden wir gerne erleben, dass die Kuh ruhig und still stehen bleibt. Nur selten wählen wir Worte mit dem richtigen, von uns gewünschten positiven Handlungsvorschlag.
Ich fragte eine Landwirtin aus Bayern einmal, wann sie im Stallalltag mit ihren Kühen spricht. Sie schaute mich erst irritiert an und dann schoss es aus ihr heraus: „Immer, wenn ich das Vieh anschimpfen muss!“ Schimpfen ist eine Kommunikationsform, in der wir ausschließlich etwas betonen, was wir uns nicht wünschen. Viel effektiver ist es stattdessen, dem Tier mittzuteilen, was es jetzt richtig machen kann!
Darf ich vorstellen, Deine neuen Mitarbeiter!
Ein weiterer Punkt für eine effektive Kommunikation mit unseren Tieren ist es aus Kuh-Sicht, oder aus Sicht von Schwein oder Huhn, als Tierhalter zu wissen, was der jeweiligen Tierart wichtig ist. Eine Kuh hat zum Beispiel als Säuge- und Herdentier andere Normen und Werte als ein Huhn. Wenn es Menschen aus komplett unterschiedlichen Ländern wären, würden wir sagen, beide haben eine ganz verschiedene Kultur und Mentalität. Das heißt auch, es gibt für beide Tierarten andere Gebräuche und Sitten. Diese zu kennen, bringt uns viele Vorteile. Indem wir wissen, was einer Kuh wirklich wichtig ist, können wir gezielt Vertrauen zu ihr aufbauen. Genau wie in einem fremden Land. Wenn wir uns an die dort gebräuchlichen Höflichkeitsformen und Sitten halten, werden wir auch mit Gastfreundlichkeit empfangen.
Die Kommunikation mit Tieren ist auch eine erweiterte Form der Empathie, des Sich-Hineinfühlens: Sie kann zusätzlich innere Bilder und andere Eindrücke übermitteln, von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier. Auf dieser Grundlage habe ich die Spezies-internen Kulturen erforscht und weiß, wie wir kommunizieren sollten, wenn wir uns ein bestimmtes Verhalten von unseren Tieren wünschen. Dieses Wissen gebe ich an Kursteilnehmer weiter. Es ermöglicht, die Tiere besser zu verstehen, zu wissen, weshalb sie dieses oder jenes Verhalten zeigen. Im zweiten Schritt können wir so handeln, dass die Tiere uns besser verstehen. Dadurch entsteht Kommunikation auf Augenhöhe. Die Tiere werden damit zu unseren Mitarbeitern, die wir verstehen und die uns verstehen. Um das anschaulich zu machen, folgend einige Fallgeschichten aus der Praxis meiner Seminar-Teilnehmer:
Verständnis beginnt, wenn wir uns in Kuh, Schwein und Huhn hineinversetzen können
Ein Demeter-Hof am Niederrhein, der Schanzenhof in Alpen, hat nach meinen Seminaren zum Thema Muttergebundene Kälberaufzucht eine spannende Erfahrung gemacht. Kuh und Kalb können dort in den ersten Tagen zusammenbleiben. Danach wird die gemeinsame Zeit intervallweise reduziert. Das Melkgeschehen geht dabei auch für diese Kühe weiter, denn ein Kalb kann gar nicht so viel trinken, wie seine Mutter meist produziert. Nun kam es immer wieder vor, dass die eine oder andere frisch gebackene Kuh-Mutter sich weigerte, zum Melken zu gehen. Die erfahrenen Mitarbeitern kostet es viel Zeit und Überredungskünste, um die Kühe dazu zu bewegen.
Durch mein Seminar konnten sich die Landwirte in diese vermeintlich "sturen" Kuh-Mütter hineinversetzen: Sie konnten erkennen, dass diese sich nicht gerne von ihren Kälbern trennten, weil sie sich nicht sicher waren, ob sie ihre Kälber nach dem Melken wiedersehen würden. Um diese Unsicherheit der Mutterkühen zu lösen, wurde mit Tierkommunikation gearbeitet. Das heißt, die Tiere wurden informiert über die kommenden Abläufe. Tierkommunikation funktioniert mit ausgesprochenen Worten wie auch mit klar gedachten Worten. Im Prinzip sagen Sie der Kuh, was kommt und zwar genauso, wie Sie mit Ihren Mitarbeitern über den Tagesplan gehen würden. Nur gilt es zusätzlich die Kuh-Kultur dabei zu beachten. Sprechen wir mit einer Kuh im Imperativ, wird sie uns nicht viel Beachtung schenken. Damit die Kuh uns richtig versteht, braucht es Ehrlichkeit und Wertschätzung auf Augenhöhe. Diese spezielle Kommunikations-Methode kann man lernen, z.B. auf einem meiner Seminare.
Die Kuh-Mütter wissen jetzt, dass sie nach dem Melken wieder zurück zu ihren Kälbern kommen. Ist es Zeit für sie, zurück in ihre Herde zu gehen und ihre Kälber nur einmal am Tag zu sehen, dann wird dies vorher mit den Kühen besprochen. Die Abläufe klappen dann eher und stressfreier. Die Tiere verstehen sicher nicht jedes Wort, doch sie nehmen intensiv die Atmosphäre und unsere Absicht wahr.
Zu wissen was wir geplant haben, ist den Kühen wichtig! So entsteht kein ungewollter Vertrauensbruch durch uns Menschen. Denn nicht zu wissen, was als Nächstes kommt, löst in einem Tier Stress aus, besonders, wenn es um Jungtiere, um Kälber, Ferkel etc. geht. Seitdem die Melkenden auf dem Schanzenhof das klar kommunizieren, braucht es nur ein kurzes, freundliches Abholen der Kühe zum Melken. Das geht jetzt schnell, leicht und stressfrei.
Spare Zeit und Mühe mit effektiver Kommunikation
Eine weitere Kursteilnehmerin, Landwirtin vom Niederrhein, konnte mit Hilfe der Tierkommunikation mühelos drei kurz vor ihrer Kalbung stehenden Rinder aus einer Herde heraus sortieren und verladen. Diese standen weit draußen in einem Naturschutzgebiet. Freudestrahlend berichtete sie mir, es habe nur zehn Minuten gedauert! Aufgrund anderer Erfahrungen hatte sie eigentlich für das Eintreiben und Verladen zwei ganze Vormittage eingeplant. Die geschenkte Zeit konnten sie gut für andere Arbeiten nutzen. Weiter berichtete sie mir, dass sich ihre Angst, die Klauenverbände bei ihren Kühen zu entfernen, aufgelöst habe. Die Kühe vertrauen ihr jetzt.
Werde zu der Person, der die Kühe vertrauen
Wenn wir unseren Tieren bewiesen haben, dass wir sie verstehen und sie uns vertrauen können, dann lässt sich der Alltag viel einfacher gestalten. Ein treffendes Fallbeispiel dazu schilderte mir eine Bio-Bäuerin aus Bayern. Sie bemerkte ganz hinten im Laufstall eine sehr schlecht laufende Kuh. Mit Hilfe der Tierkommunikation bat sie ihre Kuh, doch bitte schon mal nach vorne in den Laufstall zum Klauenstand zu gehen, damit sich ihr Mann das gleich mal anschauen könne. Tatsächlich humpelte diese Kuh daraufhin nach vorne und stellte sich sogar direkt in den Klauenstand. Ganz von alleine, ohne geführt oder getrieben zu werden.
Wenn wir den Zusammenhang einer solchen Kommunikation und dem Vertrauensaufbau verinnerlicht haben, entsteht im Stall ein neuer Normalzustand. So verläuft ein Klauenpflegetag mit ruhigen Kühen schneller und sicherer. Das Integrieren von neuen Tieren in die Herde wird zu einer friedlichen Angelegenheit ohne typisches Rangverhalten oder sogar Verletzungen. Das Verladen der Tiere, auch das Verladen zum Schlachter, lässt sich ohne Nachdruck durchführen. Selbst ein gesunder Verlauf des Trockenstellens kann durch Tierkommunikation erhöht werden. Vor allem kann auch die Kälbergesundheit dadurch stabilisiert werden.
Die meisten Unfälle im Stall und viele Stressquellen entstehen durch Missverständnisse zwischen Mensch und Tier. Als Tierkommunikatorin und Forscherin sehe ich mich als Dolmetscherin zwischen unseren verschiedenen Spezies.
Ein Landwirt mit Problemen mit Rangkämpfen und Eutergesundheit bei seinen Tieren, den ich beraten habe, wollte über die Erfolge nicht sprechen – ein stiller Aberglaube, dass dann alles wieder anders wird. Ich musste laut lachen und feststellen: „Es kann ja gar nicht mehr so werden wie früher, du gehst ja jetzt ganz anders in den Stall!“
KOMMUNIKATION HAT VERSCHIEDENE EBENEN
Unsere Kühe sind viel mehr in ihrer Wahrnehmung als wir Menschen. Sie bemerken Stimmungen, Bewegungen, Gerüche und nehmen selbst feine Frequenzveränderungen in unserer Aussprache wahr. Wie werden diese Wahrnehmungen von ihnen verarbeitet, welches Gesamtbild entsteht, welche Emotionen werden durch welche Reize ausgelöst? Wir Menschen sind unsererseits meist in unseren Köpfen, mit unseren Gedanken beschäftigt. Auf einem Hof ist immer einer Menge zu erledigen, zu planen und zu entscheiden. Dazu kommen noch allerhand Sorgen ...
Mir geht es um eine effektive Zusammenarbeit mit den Tieren. Daher ist es nicht nur wichtig, wie wir mit den Kühen sprechen, sondern es ist auch wichtig, unsere Stimmung bewusst wählen zu können. Dadurch können wir – für uns zunächst unsichtbare – für die Tiere aber reale – Stressoren vermeiden. Im Trubel des Alltages sind uns unsere Stimmungen oft nicht bewusst. Schon unsere innere Haltung: "Oh je, das Melken wird heute wieder stressig!" kann Anspannung ausstrahlen.
Mit meinen Kommunikations-Techniken werden wir unserer Stimmungen gewahr und können sie durch effektive Übungen gezielt steuern und verändern. Das ermöglicht uns, nicht nur erwünschtes Verhalten unserer Tiere herbeizuführen, sondern
auf Dauer auch unerwünschte Verhaltensweisen unserer Tiere zu transformieren.
Autorin: Meike Böhm
bietet neben Online-Themenabenden und Fachseminaren auch Beratung zur Kommunikation mit Tieren an
Mehr zu Meike Böhm, ihrer Arbeit und Kursterminen auf: www.meikeboehm.com