Portrait

Wurzelgemüse profitiert von Dammkultur

Gemüseanbau und Verpackung am Büachelehof

von Katrin Bader

Zwiebeln säen, Bestellungen abwickeln, mit Bauern telefonieren, Mails beantworten, Mitarbeiter koordinieren, Frau und Mutter sein und nebenbei noch Fragen für dieses Interview beantworten – willkommen im Alltag von Barbara Knötzinger am Büachelehof.

Als Betriebsleiterin hat die 31jährige die alleinige Verantwortung für den Betrieb in Blindheim bei Donauwörth. Gemeinsam mit ihrem Mann Michel, einem Lehrling und 18 Angestellten in Büro, Maschinenhalle, Abpackung und Lagerung sorgt sie dafür, dass frisches Demeter-Gemüse seinen Weg zum Biogroßhandel, in Abokisten und in den LEH findet.

Pioniergeist im Familienbetrieb

Der Büachelehof ist als Aussiedlerhof im Familienbesitz seit 1898. Die eigenen Felder liegen arrondiert, höchstens sechs Kilometer entfernt und die Schläge sind je etwa zwei bis drei Hektar groß. Barbaras Vater Erhard übernahm den Hof 1980 im Alter von 25 Jahren von seinen Eltern und stellte ihn 1987, als einer der ersten in der Region, auf Bio um. Denn ihm war klar: um etwas für die Biodiversität zu tun, die bereits damals sichtbar schwand, muss er die Bewirtschaftung ändern. Für Barbara, eine von insgesamt vier Schwestern, stand schon mit 16 Jahren fest, dass Landwirtschaft ihr Ding ist. Sie hatte schon immer mitgeholfen, ist in die Arbeit am Hof reingewachsen. Nach dem Abitur schloss sie eine landwirtschaftliche Lehre ab und studierte in Triesdorf Landwirtschaft. Im Jahr 2013 stieg sie in eine GbR mit ihrem Vater ein, um den Hof dann im Jahr 2017 vollständig zu übernehmen. „Mittlerweile habe ich mir als Landwirtin und Chefin eine gute Position erarbeitet, doch das hat gedauert. Als junge Frau in der Landwirtschaft wird man zunächst eben doch belächelt und muss beweisen, was man draufhat – etwas mehr als Männer vielleicht.“ blickt sie auf die Anfangszeit zurück. Doch das ist für sie mittlerweile kein Thema mehr. Ihre beiden Kinder, Franz, 5, und Elsa, 2, sind so oft es geht bei den Arbeiten im Betrieb mit dabei, dafür wurde der Traktor auch schonmal kindersitztauglich umgebaut.

Gemüse im Fokus: Aufbereitung und Abpackung

Jährlich verlassen etwa 2.000 Tonnen Möhren, 2.500 Tonnen gelbe und rote Zwiebeln und 1.500 Tonnen Kartoffeln den Büachelehof. Hinzu kommen Wurzelpetersilie, Pastinake sowie Gelbe und Rote Bete. Bis 2019 wurde nur lose für den Biogroßhandel abgepackt – nicht nur das eigene Gemüse, sondern auch zugekauftes von anderen Höfen. Wenige Maschinen bedeuteten viel Handarbeit, und die war sehr zeitintensiv. Diese Prozesse wollte Barbara Knötzinger optimieren und die Kapazitäten erhöhen. Dafür nahm sie einen Kredit auf und investierte in eine neue Aufbereitungs- und Abpackhalle mit vier Verpackungslinien und einer Gemüsewaschanlage. Die Linien gingen im Februar 2019 in Betrieb, wenige Tage später rollte der erste LKW mit Demeter-Gemüse für Kaufland vom Hof.

Knötzingers bauen selbst auf 80 ha Gemüse, bzw. auf 55 ha Kartoffeln, an. Hinzu kommt Gemüse von etwa 20 Bauern aus der Gegend, die insgesamt ca. 500 ha biologisch-dynamisch bewirtschaften. „Einige Bauern haben durch uns auf Demeter umgestellt, da wir die Abnahme des Gemüses zusichern konnten und sie so einen Anreiz hatten.“ Barbara Knötzinger erklärt die Entwicklungen der letzten Jahre. Nicht nur regional, sondern auch in den Niederlanden und in Norddeutschland gibt es Anbaupartner und Lieferanfragen kommen vermehrt auch aus der Pfalz. Doch die Kapazitäten reichen mittlerweile kaum mehr aus, daher erfolgt im Mai der Spatenstich für eine neue Lagerhalle, um noch mehr Gemüse lagern zu können. „Für mich ist es ärgerlich, wenn gutes Gemüse in Mieten lagert und wir dann viel Ausschuss haben, weil die Bedingungen nicht perfekt waren und sich Pilze bilden. Das können wir mit der neuen Lagerhalle umgehen und vermeiden so auch Lebensmittelabfälle.“ beschreibt Barbara Knötzinger einen der Gründe für den Neubau.

Nach der Ernte wird das Gemüse gewaschen, sortiert und abgepackt. Manchmal ist auch ein Vorwaschgang – oder eher einweichen – nötig, da die lehmige Erde so fest am Wurzelgemüse klebt, dass der normale Durchgang in der Waschstraße nicht ausreicht. Aussortiertes Gemüse, also Unter- und Übergrößen sowie „nicht normgerecht geformtes“ Gemüse, wird gesondert gelagert und an Biobauern als Viehfutter verkauft; bei Voelkel oder GESA zu Saft verarbeitet, oder durch Völpel getrocknet. Ein Teil geht an das Münchner Unternehmen Etepetete, das sich auf Abokisten mit krummem Gemüse spezialisiert hat. Das, was gar nicht mehr zu gebrauchen ist, wie etwa schadhafte Zwiebeln, wird in einer Bio-Biogasanlage verwertet.

Das Gemüse, das nicht direkt verpackt wird, kommt ungewaschen in die Kühlung: In den Sohlekühlzellen können insgesamt bis zu 2.000 Tonnen Gemüse gelagert werden und in einer Kartoffelhalle finden weitere 1.000 Tonnen Kartoffeln Platz. Abgepackt wird lose in Kisten oder in Flow Packs, Möhrenbeutel, Papiertaschen für Kartoffeln, Pappschalen oder Netzclipper – etwa bei Zwiebeln. Plastikfreie Verpackungsalternativen gibt es bereits: Cellulose Netze für Kartoffeln und Zwiebeln oder Möhrenbeutel aus Zuckerrohr von I’m Green. Die Maschinen sind computergesteuert, vieles ist automatisiert. Doch ohne Menschen geht es nicht: Der Hallenchef behält den Überblick, die Mitarbeiterinnen sortieren Gemüse nach, sortieren Pastinaken, kleben Etiketten auf, stapeln Schälchen in Kisten, befüllen die Maschinen mit neuen Beuteln oder fahren die Gebinde in die Kühlzellen und holen neue Ware. Diese Arbeit weiß Barbara Knötzinger, die selbst überall aushilft, zu schätzen: „Ein eingespieltes Team und eine gute Arbeitsatmosphäre ist mir wichtig – das fängt bei festen Pausenzeiten an und beinhaltet auch eine faire Bezahlung. Viele Mitarbeiter, meist auch aus Rumänien, sind ganzjährig bei uns und einige, die schon viele Jahre für uns arbeiten, haben sich mittlerweile hier in der Gegend niedergelassen.“

Dammkultur seit 20 Jahren

Seit 2001 wird auf dem Büachelehof Gemüse auf Dämmen angebaut. Erhard Knötzinger hatte Probleme mit Disteln und kam schließlich auf die Dammkultur nach Turiel. Abgesehen davon, dass die Wurzelgemüse im Damm einen garen Boden vorfinden, in den sie gut reinwachsen können, speichern die Dämme Feuchtigkeit und die Wasserleitfähigkeit wird durch das Bodenleben begünstigt, da bspw. durch Regenwürmer Bioporen entstehen, durch die Wasser nach oben geleitet wird. „Unsere schweren Böden sind generell gute Wasserspeicher, doch auch bei uns wird es zunehmend trockener. Wir häufeln die Dämme immer wieder an, sodass feinkrümelige Erde aufliegt. Dadurch, dass wir die Kapillaren durchbrechen, wird die Verdunstung gestoppt“, erklärt Barbara Knötzinger.

Die Bestrebung von Barbara und ihrem Mann Michel ist es, die Naturprozesse zu fördern, um so auch davon zu profitieren: Antagonisten halten Schädlinge in Schach, ein gesundes Gleichgewicht von Pilzen sorgt dafür, dass kein Einzelpilz ertragsrelevant wird und die Pflanzen schädigt. „Auf Kupfer bei Kartoffeln zu verzichten ist für uns überhaupt kein Problem“, sagt Barbara Knötzinger. Die gute Durchlüftung der Bestände und der Einsatz der Biodynamische Präparate sowie effektive Mikroorganismen sind Maßnahmen, die die Pflanzen und Böden gesund erhalten. Etwas Ausschuss durch Hasenfraß an Möhren oder Kartoffelkäfer an Kartoffeln wird dabei in Kauf genommen, es ist halt Natur. Die nichtwendende Bodenbearbeitung ist eine weitere Stellschraube, um die natürlichen Prozesse zu unterstützen. Das Gesamtpaket zeigt Wirkung: feinkrümelige Erde mit vielen Bioporen, Regenwurmlosungen, Feinwurzeln und einem angenehm humosen Duft.

Von der Aussaat bis zur Ernte

Fast ausschließlich bauen Knötzingers samenfeste Sorten an – nur bei Möhren werden noch Hybride eingesetzt, da diese wesentlich ertragsstabiler sind. Auch ihre Vertragspartner begeistert Barbara Knötzinger für die Nutzung samenfester Sorten und entwickelt mit ihnen Anbaukonzepte oder berät sie zu pflanzenbaulichen Maßnahmen.

Die Fruchtfolge beginnt mit Kleegras, das nicht nur Nährstoffe bindet, sondern auch Wurzelunkräuter unterdrückt und den Boden auflockert. Danach folgen Kartoffeln, Dinkel, Gemüse und dann geht es wieder mit Kleegras weiter. Der Dinkel wird auf 45er Dämmen angebaut. Nach dessen Ernte wird die Fläche gegrubbert, Mist oder zugekaufter Kompost ausgebracht und die Zwischenfrucht gesät. Im Herbst wird die Zwischenfrucht eingefräst und die Dämme werden aufgesetzt, über den Winter in Ruhe gelassen und im Frühjahr direkt bestellt: eine Eigenkonstruktion im Frontanbau unterschneidet mit zwei Drähten die Dammkrone und Ketten durchbrechen grobe Kluten, so entsteht das Saatbeet für das Gemüse – was mit der Einzelkornsämaschine im Heckanbau in Doppelreihen auf 90er Dämmen ausgesät wird. Dabei werden die Körner auch gern etwas tiefer abgelegt, um etwas Puffer nach oben zu haben. So kann bei Bedarf die Dammkrone abgezogen werden, wenn sie durch Trockenheit verkrustet ist und das keimende Gemüse sonst die Erdoberfläche nicht durchbrechen könnte. „Unsere Zwiebeln säen wir, wenn möglich, auf einmal, alle anderen Kulturen in Chargen: jede Woche etwa 2-3 Hektar.“ Die weitere Bearbeitung wie haken und letztenendes auch die Ernte, erfolgt mit eigenen Maschinen – auf Lohnarbeit wird verzichtet, da das Timing nicht gut genug abgestimmt werden kann. Doch auch so kam es schonmal vor, dass Möhren nicht geerntet werden konnten, weil der Boden nicht befahrbar war. Sie wurden dann im Folgejahr eingefräst.

Eine eigene Präparatespritze ist seit 2001 im Betrieb, um flexibler und selbstbestimmter in der Ausbringung zu sein: „Mit der eigenen Spritztechnik können wir die Zeitpunkte viel besser abpassen: wann sind die Pflanzen bereit, wann ist der Boden befahrbar. Präparate im Lohn ausbringen zu lassen ist für uns keine Option mehr, damit haben wir schlechte Erfahrungen gemacht.“ Hornmist stellen sie selbst her – das Fladenpräparat und Hornkiesel kaufen sie zu. Im kleinen Bauerngarten vorm Haus ist der Platz für die Präparate eingebettet – zentral erreichbar und sichtbar für alle, die auf den Hof kommen.

Tiere am Hof

Tiere gehören für Barbara Knötzinger zu einem Demeter-Betrieb selbstverständlich dazu – auch, wenn sie selbst kein Fleisch isst. Einerseits bereichern Tiere durch ihren Charakter die Atmosphäre; andererseits beweiden sie die Kleegrasflächen und liefern natürlich den Mist, der für die Bodenfruchtbarkeit wichtig ist. Seit 2020 grasen 40 Pensionsrinder von zwei Betrieben auf der 13 Hektar großen Weidefläche direkt am Hof. Ihr Mist und weitere 50 Tonnen Mist aus einer Futter-Mist-Kooperation wird im Herbst auf den Feldern ausgebracht. Vielleicht wird auch ein Stall gebaut, sodass die Rinder ganzjährig am Betrieb sein können, doch das sind noch Zukunftsideen. Eine Kooperation mit einem Schäfer, dessen Herde die Kleegrasflächen beweidet, ergänzt die tierische Vielfalt, zu der noch drei Pferde, zwei Hunde, vier Katzen und Kleintiere gehören.

Den Betrieb weiterentwickeln

Im Mai beginnt der Bau der bereits erwähnten Lagerhalle mit 2.500m², um noch mehr Gemüse aufbewahren zu können. Weitere Ideen gibt es viele, sie kommen nach und nach auf die Tagesordnung „Ich möchte nicht viele Dinge halbwegs gut machen, sondern lieber wenige Dinge perfekt“, beschreibt Barbara Knötzinger ihren Anspruch an sich und die Entwicklung des Hofes. Die Anschaffung einer optischen Vorsortierung für die Abpackhalle ist aktuell recht weit oben auf der Liste. Organisches Wachstum im Betrieb ist Barbara Knötzinger besonders wichtig. Das bedeutet auch, individuell zu prüfen: was haben wir, was brauchen oder wollen wir, wie kann man diese Dinge eventuell kombinieren? So wird beispielsweise die Abwärme der Kühlzellen für die Heizung des Hauses ihres Vaters genutzt, das Waschwasser aus der Abpackhalle wird recycliert und versickert auf den umliegenden Flächen, ein alter Schweinestall wurde zur Maschinenhalle und wird jetzt zur Reithalle umfunktioniert, anstatt abgerissen. Es gibt viel Entwicklungspotenzial für den Büachelehof und Barbara Knötzinger ist bereits dabei, weitere Flächen in die Bewirtschaftung zu nehmen, und die Kapazitäten des Betriebes aufzustocken.

 

Autorin: Katrin Bader
Redaktion Lebendige Erde
Katrin.Bader(at)demeter.de

Büachelehof

  • Hof in Familienbesitz seit 1898, Bio seit 1987, Demeter seit 2001

  • Betriebsleiterin: Barbara Knötzinger (seit 2017)

  • Lage: 420m N.N., 8,5°C, 720 mm NS

  • 40 bis 80 Bodenpunkte, Lehmboden, 250ha

  • Fruchtfolge: Kleegras, Kartoffeln, Dinkel, Gemüse (Rote & Gelbe Bete, Möhren, rote & gelbe Zwiebeln, Wurzelpetersilie, Pastinake)

  • Tiere am Hof: 40 Pensionsrinder, 3 Pferde, Kleintiere + Futter-Mist-Kooperation

  • Zukauf von Gemüse aus der Region, tlw. auch Norddeutschland und NL

  • Vermarktung: Abpackung für Biogroßhandel, Abokisten, LEH

  • Büachelehof, Weilheim 2, 89434 Blindheim www.bueachelehof.de