Schwerpunkt

Grünland trockenheitsstabiler machen

Welche Möglichkeiten gibt es?

von Dr. Edmund Leisen

Nach der Trockenheit der letzten Jahre stellt sich die Frage: Welche Möglichkeiten hat der einzelne Landwirt, seine Grünlandbestände an den Klimawandel anzupassen?

Die Erfahrungen im Rahmen des Projektes „Öko-Leitbetriebe in Nordrhein-Westfalen“, an dem etwa 300 Betriebe im deutschsprachigen Raum und aus den Niederlanden teilnehmen, zeigen: Wer sein Grünland auf Trockenheit vorbereiten will, der sollte:

  • Pflanzenbestände anpassen
  • Humus schonen und fördern, Umbruch vermeiden
  • Verdichtungen vermeiden
  • Mineralstoff- und Kalkversorgung überprüfen.

Pflanzenbestände anpassen

Öko-Grünland ist an die natürlichen Standortbedingungen stärker angepasst als konventionelles Grünland. Entsprechend unterschiedlich ist die Artenzusammensetzung und höher oft auch die Artenvielfalt. Das zeigt sich gerade auch bei Trockenheit, wenn bestimmte Arten grün bleiben, andere schnell welk werden. Ein artenreicher Bestand ist zwar grundsätzlich anpassungsfähiger, trockenheitstolerantere Arten werden sich bei häufiger Trockenheit immer mehr durchsetzen. Doch geht das schnell genug und sind es dann auch wünschenswerte Arten? Denn Problemunkräuter, wie Jakobskreuzkraut, die sich auf mehreren Betrieben in den letzten beiden Jahren ausgebreitet haben, sollten erst gar nicht einwandern.

Am Ring-Test Grünland teilnehmen

Die Erfahrungen auf verschiedensten Standorten zeigen: Was auf dem einen Standort gut funktioniert versagt auf dem anderen. Das gilt beispielsweise für Rohrschwingel. Auf mehreren Standorten hat er bei Schnittnutzung den Weißklee verdrängt und bei Weidenutzung wird er nicht gefressen. Auf anderen Standorten ist er weniger dominierend und wird auch gefressen. Welche Arten und welche Verfahren am geeignetsten sind, dass muss unter den einzelbetrieblichen Bedingungen geprüft werden. Aber nicht nur ausprobieren, sondern gezielt testen und richtig interpretieren. Sonst kann es über Jahre hinweg zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen kommen.

Vorgehensweise: Viele der an Trockenheit angepassten Arten sind in ihrer Jugend wenig wüchsig. Deshalb durch kräftiges Striegeln erst einmal etwas Lücken in den Bestand bringen. Dadurch sinkt die Konkurrenz des Altbestandes. Bei der Aussaat keine sehr wüchsigen Mischungspartner verwenden oder diese getrennt und erst später säen. Und dann bleibt zu hoffen, dass sich die Pflanzen auch lange halten.

Kontakt: Dr. Edmund Leisen: Edmund.Leisen(at)lwk.nrw.de

Wie lassen sich trockenheitstolerante Arten etablieren und fördern?

Neuansaat auf Ackerfläche: Hierbei hat man die beste Chance, trockenheitsresistente Arten zu etablieren. Bei Gräsern kann bspw. Rohrschwingel (weichblättrige Sorten) und Knaulgras, bei Leguminosen Rotklee und Luzerne und bei Kräutern Spitzwegerich und Chicoree (blattreicher) getestet werden. Rohrschwingel und Knaulgras haben zwar nicht den Futterwert wie etwa Deutsches Weidelgras, sie wurzeln aber tiefer und wachsen deshalb bei Trockenheit länger. Unter Weidebedingungen aber erst auf einer Teilfläche testen, ob sie überhaupt gefressen werden. Neuansaaten auf Dauergrünland sollten möglichst vermieden und auf Notsituationen wie starken Mäuseschaden beschränkt werden. Denn jegliche Bodenbewegung kostet Humus und vermindert die Ertragsfähigkeit vieler Standorte.

Nachsaat: In einen bestehenden Bestand neue Arten zu etablieren, ist nicht einfach. Deshalb werden für übliche Nachsaaten nur Deutsches Weidelgras und Weißklee, teils auch Wiesenrispe empfohlen. Wiesenrispe ist zwar relativ trockenheitsresistent, bildet meist aber keine höheren Ertragsanteile. An manchen Standorten wird auch regelmäßig mit Rotklee erfolgreich nachgesät. Auf vielen Betrieben wird jährlich fleißig mit Deutschem Weidelgras nachgesät – in den meisten Fällen ist das allerdings unnötig. Entweder, weil die Bestände dicht sind oder Nutzung, Mineralstoffversorgung und Standort einen höheren Weidelgrasanteil verhindern (Öko-Grünland enthält im Mittel weniger als 30 % Deutsches Weidelgras)

Aussamen zur Bestandserneuerung: In ausgesprochenen Trockenregionen überleben Gräser und Kräuter, indem sie unterirdische Ausläufer oder Samen bilden; der oberirdische Aufwuchs stirbt ab. Manche unserer Gräser machen das auch: so der Rotschwingel, der früh abreift. Er vertrocknet zwar schon vor dem Deutschen Weidelgras, treibt dann aber aus dem Samen neu aus. Andere Pflanzenarten müssen länger stehen bleiben, bis sie aussamen und sich so erneuern können. Wird zu früh gemäht, dürfte es zu lückigen Beständen kommen. Wen es reizt auszuprobieren: am Ring-Test teilnehmen, Zehn-Meter-Streifen stehen lassen und erst nach Aussamen ernten.

Trockenheit? Rechtzeitig reagieren

Bio Austria, die Fachzeitschrift für Österreich, hat in der März-Ausgabe ebenfalls Maßnahmen für Grünland und Tierhaltung beschrieben, um mit zunehmender Trockenheit umzugehen:

  • vitale Gräser und Leguminosen
  • gute Kräuter fördern, das hilft bei der Versorgung mit Mineralstoffen (u.a. Löwenzahn, Spitzwegerich, Wiesenkerbel, Bärenklau, junge Schafgarbe)
  • Zahl der Schnitte an verfügbaren Stickstoff anpassen
  • Gemeine Rispe ausstriegeln
  • eventuell Hornklee säen (tiefreichendes Wurzelsystem)
  • Viehbestand an die mittlere Ertragsfähigkeit anpassen
  • Grundfutterproduktion auf Vorsorge
  • Grundfutter-Kooperation mit Ackerbaubetrieben
  • weniger Schnitte auf trockenen Flächen
  • scharfe Messer, Schnitthöhe 8 cm
  • Dürre-Index-Versicherung abschließen
  • Auslagerung der Jungviehaufzucht
  • abgestufte, auf die Standorte abgestimmte Nutzung.

Nichts davon greift von heute auf morgen, daher rechtzeitig beginnen. (Peter Frühwirth: Wassermangel im Grünland: Frühzeitig Maßnahmen setzen) red.

Humus schonen und fördern

Humus konserviert Wasser. Das gilt sowohl fürs Acker- als auch fürs Grünland. Deshalb möglichst keine Bodenbewegung mit Humusabbau herbeiführen. Auffallend in der Praxis ist, dass dort, wo häufiger das Grünland erneuert wurde, die Flächen trockenheitsempfindlicher sind und zuerst braun werden, oft haarscharf abgegrenzt zum Dauergrünland. Aber auch starke Bodenverdichtung durch Maschinen oder durch Beweidung auf schwerem Boden bei Nässe ist zu vermeiden, damit der Boden für die Wurzeln zugängig bleibt. Unter Weideflächen ist der Boden zwar dichter als unter Schnittflächen, trotzdem sind auch Kurzrasenweiden auf Dauergrünland tief durchwurzelt und aufgrund der Bodendichte kann der Humusgehalt langfristig ansteigen.

Auf Mineralstoff- und Kalkversorgung achten

Auf manchen Betrieben gilt wie in alten Zeiten das Motto „Grünland als die Mutter des Ackers“. Vom Grünland kommt das Futter für die Rinder, ihr Mist kommt aufs Ackerland. Das Ackerland, aber auch die Weideflächen, sind dann gut versorgt. Das sieht man vor Ort den Flächen auch an: Pflanzenarten mit geringerem Mineralstoffbedarf dominieren und der Wuchs fehlt. Für ein gesundes, aktives Bodenleben aber auch für die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit ist eine ausreichende Mineralstoff-, Kalk- und Schwefelversorgung förderlich. Trockenheit selbst begrenzt das Bodenleben und die Mineralstoffnachlieferung aus dem Boden. Nicht verwunderlich, dass in trockenen Jahren beispielsweise Phosphor- und Schwefelmangel besonders stark auftreten. Denn deren Nachlieferung ist besonders stark von den Umsetzungen im Boden abhängig. Kalium wiederum ist maßgeblich für die Regulierung der Spaltöffnung der Blätter. Bei Kaliummangel ist die Nutzung von Wasser deshalb weniger effizient. Daher auch der Spruch: „Kalium spart Wasser“. Es lohnt sich also, Boden- und Pflanzenanalysen genau anzuschauen und danach zu entscheiden.

Nutzung und Pflege

Nicht zu tief schneiden oder Schnittflächen bei der Herbstweide nicht zu tief verbeißen. Dann können die Pflanzen nach der Trockenheit besser austreiben. (Ausnahme Kurzrasenweide: Hier liegen die Reserven tief am Boden und sind geschützt). Bei Trockenheit aber trotzdem mähen, damit die Pflanzen bei Regen direkt austreiben können. Lebende Halme verhindern ansonsten einen dichten Nachwuchs.

Standorte mit guter Wasserversorgung: Keine Anpassung erforderlich

Nicht alle Standorte waren in den letzten Jahren von Trockenheit betroffen. Einige Bauern hatten sogar überdurchschnittlich hohe Erträge. So im Alpenvorland mit weiterhin ausreichend, in diesem Jahr sogar stellenweise überdurchschnittlich hohen Niederschlägen sowie auf grundwassernahen Standorten in den Benelux-Staaten und in Norddeutschland. Hier werden voraussichtlich auch dieses Jahr wieder Erträge erzielt, wie man sie bisher nicht kannte. In diesen Regionen wird man auch zukünftig auf die vorhandenen Bestände setzen.

Autor: Dr. Edmund Leisen
Ökoteam der Landwirtschaftskammer NRW,
Edmund.Leisen@lwk.nrw.de