Spiritualität und Landbau

Demeter-Landwirte zeigen Wege zum konkreten Handeln

 

Neulich fragt mich jemand: Wie spirituell sind eigentlich Demeter-Bauern? Schwer zu beantworten. Jedenfalls so ganz im Allgemeinen und für andere. Denn, ich finde, die persönliche spirituelle Entwicklung ist etwas sehr individuelles. Die Wege sind so vielfältig, wie es Menschen und Lebenssituationen gibt. Kann ich also eine Gruppe, die ihre Arbeitswelt nach nicht allein technischen Vorgaben gestaltet und zertifiziert, spirituell nennen? Demeter-Bauern sind seriös mit einer gewissen Hingabe um Mensch und Natur bemüht, dazu originell mit ihren Ansätzen, aber ist das schon spirituell? Sicher, man begegnet in der biologisch-dynamischen Bewegung mit weit höherer Wahrscheinlichkeit als sonst Menschen, deren Motiv nicht Geldverdienen oder Status ist. Aber ist ideell schon spirituell?

 

Religion spielt bei manchen Biodynamischen eine wichtige Rolle, bei anderen nicht, es treiben Christen, Hindus, Muslims und wohl auch atheistische Freigeister biologisch-dynamische Landwirtschaft. Doch liegt ihr Augenmerk nicht auf Kälbchen knuddeln, sie wedeln weder mit Weihrauch, bevor sie den Traktor anwerfen, noch lassen sie Forken bei Uri Geller biegen oder bestellen Kornkreise beim Universum. Spiritualität kann man so nicht messen. Wohl aber gibt es bei vielen Demeter-Bauern die tiefe Überzeugung, dass da mehr wirkt, als wir wiegen, zählen, messen können und, dass wir das mit einiger Übung lernen können zu verstehen. Biodynamisch ist ein Weg, keine Anbaumethode.

 

Zum Beispiel Präparate: Was von manchen als vermeintliches Hexenwerk verhöhnt wird, ist nichts weiter als Arbeiten mit dem, was der Bauer naturgegeben sowieso hat: z. B. Quarz, Kuhmist- und –hörner, heilsame Pflanzen wie Schafgarbe oder Brennnessel, Hirschblase vom Jäger. Neu – und da fängt das Kreative an, ist die Kombination. Spirituell wird es, fragt man nach dem woher und wozu, nicht Mehrertrag ist das Ziel. Praktischerweise kann man sie gemeinsam machen und anwenden, auch mit Nichtlandwirten, und Wissenschaftler belegen sogar, dass und wie sie wirken. Die Demeter-Grundlagen sind kein Geheimnis.

Spirituelles ist nicht zu verwechseln mit Spiritistischem. Es bedeutet Arbeit, um Bauch, Herz und Hirn zu verschmelzen zu einer erkennenden, fühlenden und handelnden Einheit. Schmieden von inneren, seelisch-geistigen Instrumenten, wenn man seine Kühe betrachtet oder Kundenbeziehungen meditiert. Nur muss man sich dafür regelmäßige Mußeminuten verordnen.

Zugegeben, auch wir bei Demeter sind da Übende, aber damit lässt sich schon eine Menge bewegen. So beurteilen Demeter-Landwirte und -Züchter Lebensmittel und -kräfte nicht nur stofflich, sondern auch qualitativ, anhand der Bildekräfte. In der Forschung gibt es Mut zu ungewöhnlichen Fragen, in der Vermarktung werden oft gemeinsame Wege mit den Kunden gesucht. Auch darf Schönheit Ziel sein beim Züchten einer Kuhherde und beim Gemüse der Geschmack. Es gibt Versuche mit Eurythmie und Saatgut, Weihnachtsspiel im Stall oder eine ganze Tagung nur um ein Buch: jetzt im Februar in Dornach, Steiners Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. Auch wenn ein Landwirt seine Souveränität zurück erobert, versucht, von Erdöl, Agrarmultis und Banken unabhängig zu werden, ist das Ausdruck spiritueller Impulse. Und Steiners Geisteswissenschaft bietet die spirituelle Brille fürs Konkrete. So pflegt der biodynamische Lämmerhof, Träger des Naturschutzpreises 2008 , mit Begeisterung hektarweise ertragsarme Moorlandschaft – Nutzen zeigt sich da erst, wenn man Arten- und Klimaschutz in die Bilanz einbezieht.

 

Zu Ende denken. Mit fühlen. Danach handeln. Das ist Aufgabe genug. Und mir reicht es an Spiritualität, wenn einer beim Säen und Ackern auch daran denkt, dass es mir, meinen Kindern und der Natur mit seinen Erzeugnissen wohl wird und er weiß, dass wir uns darüber und darauf freuen.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Januar 09