Im Märzen der Bauer …

Von Eile und Muße - eine Frühjahrsbetrachtung

 

Die Kühe scharren mit den Klauen, wollen endlich auf die Weide, der Bauer starrt aus dem Fenster und wartet darauf, dass der Boden eine hellere Farbe zeigt, Sonne und Wind ihn soweit abtrocknen, dass zum Säen bereit ist. Doch in diesem Jahr wurden Landwirte und Vieh auf eine harte Probe gestellt – lang hielt sich der Winter. Zum Glück gab es dank günstiger Vorjahreswitterung genügend Winterfutter.

 

Der Arbeitsplan der Landwirtschaft ist im Frühjahr mehr als umfangreich, aus einer Stimmung der Vorfreude wird da ganz rasch Hektik. Irgendwas schafft man immer nicht: Weidezäune nachbessern, Wiesen abschleppen, Felder saatfertig machen, Mist ausbringen. Wer zu ungeduldig ist und auf noch zu feuchtem Boden ackert, hat später Probleme. Das meiste Getreide ist zwar im Herbst gesät, doch gibt es immer Sommerungen, oft Futtergemenge, dazu Untersaaten, Nachsaaten. Auch Kartoffeln, Rüben, Feldgemüse müssen raus, sobald es wärmer geworden ist, das Getreide ist zu striegeln und dann ruft bald die erste Grassilage. Nicht zu vergessen das Spritzen der biodynamischen Präparate, wenn der Boden erwacht, den ersten Hornmist, später auch Hornkiesel, am wirkungsvollsten beide mehrfach.

 

Im Frühjahr geht es beim Bauern zu wie bei Schumi an der Box, mit dem gemütlichen Dreivierteltakt des Volksliedes hat das heute wenig zu tun: Räder umstellen, Traktor wechseln, Geräte abhängen, Maschinen montieren, zugleich checken Mitarbeiter die Sämaschine oder schrauben am Grubber. Bodenschonenden Reifendruck kontrollieren und ab in die nächste Runde auf den Feldern. Von März bis Anfang Juni ist Hochsaison. Zumal die Natur loslegt, als wolle sie bereits zu Pfingsten alles geschafft haben – beobachten Sie mal ein Getreidefeld in dieser Zeit! Schossen nennen das die Fachleute. Und alles, was für Hausgärtner Kür ist - pflanze ich heute oder lieber morgen - ist für Landwirte Pflicht.

 

Kein Wunder dass auch Sonntage zu Arbeitstagen werden. Steiner meinte ja, feiertags sei eine gute Gelegenheit, um mit Gästen die Präparate zu rühren, aus der biodynamischen Düngung einen sonntäglichen Akt zu machen – gemeinsam macht das sicher mehr Spaß. Die Demeter-Landwirte jedenfalls treffen sich um Ostern herum zum Herstellen des Hornkiesels und zum Ausgraben der biodynamischen Präparate, da ist spannend, was über Winter daraus geworden ist.

 

Mit leichtem Bangen gehen im zeitigen Frühjahr die Imker zu ihren Kästen: Wie viele Völker sind gut über den Winter gekommen? Denn verschobene Jahreszeiten, knappes Futter besonders nach der langen Kälte und vor allem die parasitierende Varroamilbe machen den Immen zu schaffen. Für manchen Imker heißt das: von vorne anfangen. Die Bienen haben den ersten Reinigungsflug schon hinter sich, sammeln Pollen bei Frühblühern wie Hasel und Weide.

 

Auch die Politik bereitet in diesem Frühjahr für neue Grundlagen für die Landwirtschaft vor: Die gemeinsame Agrarpolitik der EU ab 2013 wird neu konzipiert und budgetiert, dazu ein neuer Kommissar und ein neues Parlament. Viele Länder wollen ihre Pfründe verteidigen bzw. ihren Teil abhaben. Geld nur für gesellschaftliche Leistungen ruft die Agraropposition, auch der Demeter –Verband, bisher aber ungehört. Vielleicht ändert sich ja was, eher wohl in die falsche Richtung: In Deutschland will die Regierungskoalition die strenge Gentechnikgesetzgebung schleifen, dem angeblichen Fortschritt die Bahn brechen, den kein Landwirt wirklich verlangt, es sei denn, er hat Pöstchen im agroindustriellen Komplex wie führende Agrarfunktionäre.

 

Wer den Jahreslauf geistig verfolgen möchte, dem möchte ich neben regelmäßiger Naturbetrachtung Steiners Seelenkalender empfehlen – eigenwillige Poesie, die innere Stimmung und äußeres Naturgeschehen verbindet und ermöglicht, Aufmerksamkeit für beides zu üben.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3 vom April 2010, http://www.info3.de