Schwerpunkt

Politik und Demeter

Fragen an Stephan Illi, Vorstand des Demeter e. V.

 

Seit 2008 kümmert sich der Demeter-Bundesverband gezielt um das Aufgabenfeld Politik und Gesellschaft, über die intensive Zusammenarbeit im BÖLW an Gesetzen wie der EU-Öko-Verordnung hinaus. Warum ist das notwendig?

 

Demeter ist der Pionier für Nachhaltigkeit und eine neue Landbau- bzw. Ernährungskultur. Das müssen wir viel stärker in Gesellschaft und Politik einbringen. Unsere Mitglieder entwickeln zahlreiche Innovationen, die Wege in die Zukunft der Landwirtschaft und der Ernährung weisen: Z.B biodynamische Züchtung samenfester Sorten für den Ökolandbau, Solidarische Landwirtschaft, d.h. gemeinsames Wirtschaften von Konsumenten und Bauern (CSA), Betriebsgemeinschaften, faire Kooperationen über die Wertschöpfungskette, Regionalität, Klimaschutz. Manche Themen sind heute in aller Munde und müssen am Beispiel konkretisiert werden, andere müssen erst noch in der Gesellschaft ankommen, wie die Tatsache, dass hörnertragende Kühe größere Stallmaße brauchen oder Babynahrung nicht unnatürlich vitaminisiert werden darf.

 

 

Was sind die Demeter eigenen Ziele dieser politischen Netzwerkarbeit, was ist anders als beim BÖLW oder Ökolandbau allgemein?

 

Biodynamisch denken wir Landwirtschaft nie ohne die Dimension Mensch: daraus folgt unser Einsatz für eine lebenswerte Kulturlandschaft, für eine respektvolle Mensch-Tier-Beziehung, für einen fairen Umgang der Menschen und Geschäftspartner untereinander. Generell steht bei unseren Aktivitäten immer die Frage im Hintergrund, wie fördere ich den Menschen in seiner spirituellen Entwicklung, darin, Sinn im Leben zu finden, und das auch mit Hilfe einer entsprechenden Lebensmittelqualität. Ökolandbau setzt sich für ein anderes, nachhaltiges System der Landwirtschaft ein, bei der Biodynamik kommt der Aspekt der Integrität der daran beteiligten Wesen dazu, das Bild der gemeinsamen Entwicklung von Mensch und Natur.

 

Wie und mit welchen Ressourcen arbeiten Sie?

 

Politische Arbeit seitens Demeter gab es schon immer im Rahmen der Dachorganisationen wie BÖLW oder IFOAM-EU-Group, der Ökolandbauzusammenschlüsse auf Landesebene bzw. in ge­ringem Umfang durch das Büro von Demeter-International in Brüssel. Seit 2008 kümmern sich vom Demeter e.V. ich als Vorstand und Michael Olbrich-Majer mit je einem Tag die Woche um die darüber hinausgehenden Themen. Das heißt auch, dass wir uns konzentrieren und sehr effektiv arbeiten müssen, unsere Stärke liegt nicht im Durchsetzen, sondern im Einbringen von guten Ideen. Deshalb werden wir diesen wichtigen Bereich 2012 personell aufstocken.

 

Was konnte bisher erreicht werden?

 

Dadurch, dass wir diesen Bereich aufgebaut haben, sind wir reaktionsfähig und haben unsere inhaltlichen Schwerpunkte geklärt. So können wir uns hörbar äußern, z.B. in Form von Pressemitteilungen wie im Sommer zum Biogasboom, der den Ökolandbau gefährdet, oder wirken an den Stellungnahmen der Umweltverbände zur EU-Agrarreform mit. Wir spielen so im Konzert der NGOs mit, waren zum Beispiel an der erfolgreichen Demo zur Grünen Woche im vergangenen Januar von Anfang an beteiligt oder unterstützen Aktivitäten wie den Internet-Infodienst „Keine Gentechnik“. Wir waren mit die ersten, die die Klage des Imkers Bablok vor dem EU-Gerichtshof wegen Gentech-Pollen in seinem Honig unterstützt haben. Wir äußern uns also inzwischen auch politisch und nicht nur fachlich, haben beispielsweise die Freiwilligkeit der Blauzungenimpfung als Erste gefordert und unsere Position durchgebracht. Gut ist es, zu erleben, dass wir uns nicht alleine für eine andere Agrarkultur einsetzen, wir sind, einzeln und als Verband, da Teil einer weltweiten Bewegung. Wenn wir uns konstruktiv und überzeugend einbringen, können wir viel erreichen für einen ökologischen Systemwechsel. Fruchtbar ist auch die Zusammenarbeit mit anderen anthroposophisch inspirierten Lebensgebieten: Im Mai konnten wir Bundestagsabgeordneten bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Waldorfschulbewegung und der anthroposophischen Medizin die Stärken unseres gemeinsamen Ansatzes vermitteln.

 

Was steht für 2012 auf der Agenda?

 

Wir wollen den eingeschlagenen Weg deutlich intensivieren und personell besser ausstatten, damit wir auch unsere biodynamischen Themen stärker in die Gesellschaft einbringen können. Die haben wir schon umrissen und werden nach der Priorisierung durch die Demeter-Delegierten entscheiden, welches wir uns jeweils für ein Jahr vornehmen. Auf der Liste stehen da Tierwohl, Landwirtschaft und Eigentum, Ernährungsbildung, Soziale Landwirtschaft, Boden und Klima sowie Vielfalt. Und natürlich müssen wir immer wieder darauf achten, dass die Arbeit mit den Biodynamischen Präparaten nicht durch unbedachte Gesetzesformulierungen verhindert wird.