Demeter
90 Jahre Demeter-Marke
Reif für den Mainstream?
Haben wir nicht erst 90 Jahre gefeiert? Vor vier Jahren? Ja, das Jubiläum von Steiners landwirtschaftlichem Kurs „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“. Doch da gibt es ja noch die Marke „demeter“.
Biologisch-dynamisch als Begriff wurde drei Jahre nach dem Kurs von Erhard Bartsch und Ernst Stegemann geschöpft. Im gleichen Jahr, 1927, gründeten die frühen Biodynamiker die „Verwertungsgenossenschaft für Produkte der Biologisch-dynamischen Wirtschaftsmethoden, Demeter“, um ihre Erzeugnisse zu vermarkten. Sie kaufte Getreide, Kartoffeln, Saatgut etc. auf, vermittelte die pflanzlichen Waren an Verarbeiter bzw. vertrieb sie über Bezirksvertretungen in Großstädten. So kamen auch verarbeitende Unternehmen zur Bewegung. Und es gründeten sich Demeter-Konsumentenringe, um Ware abzunehmen, z.B. in Breslau 1929.
Zweck der Demeter-Marke war und ist es, die besondere Erzeugung für Konsumenten kenntlich zu machen. Erst in den fünfziger Jahren kam die Abgrenzung zu Mitbewerbern hinzu. Zur rechtlichen Absicherung der Marke dient seit 1928 ein System aus Richtlinien und Anerkennung. Der „Demeter Stern“ von 1928 sah bereits zwei Niveaus des Standards vor, illustriert durch eine runde Demeter-Blume. Die ersten Fragebögen im Rahmen der Anerkennung schickte Bartsch 1930 an die Landwirte. Die wichtige Eintragung beim Reichspatentamt erfolgte 1932.
Öffentliche Bedeutung hatte damals aber nur die biodynamische Landwirtschaft, beschränkt auf Fachkreise. Heute hat sich das gewandelt, das Agrarkultursystem „biologisch-dynamisch“ und die dafür stehende Marke „Demeter“ sind der Gesellschaft bekannt. Das hat natürlich eine Geschichte: Alle biodynamischen Organisationen waren 1941 verboten worden, aber schon 1946 nahm der Forschungsring seine Arbeit wieder auf, auch die als Markeneigentümer. Ab 1951 gab es einen Demeter-Ausschuss, 1954 wurde der Demeter Bund gegründet – Aufgabe: Anerkennung, 1961 die Arbeitsgemeinschaft Vermarktung und Vertrieb von Demeter Erzeugnissen – später Marktforum. Die Demeter-Marke wurde neu gestaltet, es entstanden die Wort-Bild-Marken in Form der ovalen Blume, des markanten Schriftzuges und „biodyn“ für Betriebe in Umstellung. Erstmals 1962 wurden regelmäßige Verbraucherinformationen aufgelegt, die Demeter-Blätter.
Markenpflege
Die Marke Demeter ist ins deutsche Patentregister in aktuell zwölf Produkt- und vier Dienstleistungsgruppen eingetragen und entsprechend registriert in mehr als 70 Staaten weltweit. Eigentümer der meisten Marken ist die International Biodynamic Association IBDA, in der die Länderorganisationen Mitglied sind. Nur mit einer solchen Registrierung kann der Demeter e.V. die Marke gegen missbräuchliche Verwendung schützen, z. B. gegen Inverkehrbringen von Demeter-Dessous, Demeter-Schildkrötenpulver oder irrtümliche Belieferung von Aldi.
Zum Markenaufbau gehört mehr als nur Schutz. Hatte die äußerst charakteristische grafische Gestaltung von Demeter-Produkten und Publikationen, zurückgehend auf Walter Roggenkamp bis in die frühen neunziger das Bild von Demeter geprägt, fiel das Design ab da aus der Zeit. Auch gab die Verwendung der Marke auf Etikett und Werbematerial ein eher heterogenes Bild ab. Zeit also für einen Relaunch. Ende der neunziger Jahre wurde in Deutschland, dem größten Markt für Demeter-Produkte, der kantige Schriftzug geglättet und klare Vorschriften für seine Anbringung und Verwendung in einem orangefarbigen Fonds – die Demeter-Kennzeichnungsrichtlinie geschaffen. Die dadurch einfachere Wiedererkennung trug zum heutigen Erfolg der Marke trotz rapide zunehmender Konkurrenz im Bio-Markt bei. Andere Länder folgten zum Teil, manche verwenden auch noch die Blume.
In die Bekanntheit der Marke investierten Mitglieder, vor allem Hersteller und Demeter-Verband sehr effektiv: Die Demeter-Blätter wurden wieder aufgelegt, Markenhersteller focussierten konzertiert Zielgruppen wie junge Eltern. Der Verband schuf 1999 die Stelle einer Pressesprecherin und investierte ab 2009 mit dem neuen Demeter Journal gezielt in die Kundeninformation und -bindung. Website und Facebook sind heute selbstverständlich, und natürlich ist Demeter auch als gesellschaftliche Kraft erkennbar, lokal durch die Mitglieder, regional, in Brüssel oder international durch einen der 18 Mitgliedsverbände.
Demeter gilt heute als eine der Top-Marken und ist in der Biobranche mit dem vom Bioverlag gemessenen Marken3klang in Bekanntheit, Sympathie und Verwendung Spitzenreiter. Erfolg weckt Interesse, und so muss sich die Demeter-Gemeinschaft auch der Nachfrage großer Handelsunternehmen stellen – wozu die Ende 2016 verabschiedeten Marken- und Vertriebsgrundsätze eine Leitlinie geben.
All diese Bemühungen ergänzen die hochwertige Arbeit der Landwirte und Hersteller, die mit ihrer Ausstrahlung und ihren Produkten das Fundament der Marke „demeter“ sind.
Michael Olbrich-Majer, Victoria Seggert