Editorial

Bienengedanken

Als jetzt das Frühjahr mit Macht und Wärme kam, konnten sogar wir Menschen uns an Blüten und Duftwolken berauschen. Wenn ich ein Bienlein wär - flössen Wahrnehmung, Intuition, Willen zusammen - ergäben gefühlte Gedanken: "Wie toll es hier duftet! Da muss ich hin." Für mich als Biene wäre die Wärme und der Duft, das Element, in dem und von dem ich lebe, wie der Fisch im Wasser. Auch dort verbreiten sich Schwingungen und Geschmäcker rasch und eindrücklich, formen bis zur Gestalt alle Lebensprozesse.

 

Was aber, wenn ich als Biene den Spritznebel eines konventionellen Getreidefeldes rieche? In den Staub einer Saatgutbeize gerate? Auf Pflanzen mit Gentech-Ersatzteilen lande? Oder wochenlang gar nichts empfinde, nicht, weil es nicht regnet, sondern weil nichts blüht?

 

Bienen sind ein empfindlicher Maßstab für die Lebendigkeit unserer Landnutzung. Dass es weniger werden, hat nicht nur damit zu tun, dass Imkerei heute vor allem ein Hobby für ältere Herren ist - sondern mit unserer flächendeckend ungesunden Landwirtschaft. Ja, auch im Öko-Landbau liegen die Wiesen häufig bereits Anfang Mai auf Schwad - auch hier kommt häufig über´s Jahr kaum noch etwas zur Blüte.

 

Dabei sind Ökobauern die natürlichen Partner der Imker. Und insbesondere die wesensgemäß imkernden sind den biologisch-dynamischen Bauern und Gärtnern besonders nah. Und sehr engagiert - man lese dieses Heft.

 

Von Biene, Kuh und Regenwurm berichtet eine etwas ältere bio-dynamische Schrift von M.W. Pfeiffer. Das Zusammenspiel dieses Trios mit Pflanze, Boden, Sonne hält Landwirtschaft lebendig, ein guter Landwirt fördert dieses astrale Terzett. Bienen gehören zum Bio-Obstbau, sagt Bauer Rolf Clostermann, am besten sogar auf jeden Hof. Nützlich sind die Bienen nicht nur - neben Honig, Pollen, Propolis, Wachs - für die Bestäubung. Ihr Flug irritiert offenbar auch Raupen, so dass diese bis zu 70 Prozent weniger Blattmasse an Kohl oder Salat vertilgen, wie der Würzburger Bienenforscher Tautz unlängst zeigte. Oder hält durch das Summen Elefanten von den Feldern fern. Man muss nicht gleich imkern, auch kleinere Schritte sind möglich, beispielsweise für Bienenfutter im Sommer sorgen. Das können Landwirte so gut wie Bürger von Gemeinden - Tipps für Ansaatmischungen gibt es beim Netzwerk Blühende Landschaft.

 

Auch auf andere Art sind die Bienen bzw. ihre Produkte Indikator: Honig mit Pollen von nicht zugelassenem GVO-Versuchsmais ist nicht verkehrsfähig und zeigt, was für Probleme auch auf Ökobauern mit der Gentechnik zukommen können.

 

Aber es soll hier auch von der Freude und Faszination die Rede sein, die die Bienenhaltung mit sich bringt. Die Imker tauchen mit ihren Völkern ein in das auf- und absteigende Jahr, erleben Natur mit anderen Augen und haben außerdem noch gesunde Produkte. Besonders wenn sie wesensgemäß bzw. nach Demeter Richtlinien wirtschaften - Biodynapis - wie es die französischen Demeter-Kollegen nennen. Schätzungsweise 320 Öko-Imkereien gibt es in Deutschland, etwa bei etwa 50 kann man mit mehr als 100 Völkern von Imkern im Haupterwerb sprechen. Die Hälfte ist bei Bioland organisiert, ca. 15% bei Demeter. Insgesamt sind das etwa 3 bis 5 Prozent aller Imker, ungefähr soviel wie der Frauenanteil unter Imkern. Beides steigt zurzeit - eine erfreuliche Nachricht. Es gibt inzwischen Großstadtimker in New York oder Frankfurt, Imkergemeinschaften wie auf dem Neuhollandshof (siehe Portrait) und daneben die vielen örtlichen Imkervereine - die auch gerne Hilfestellung leisten und natürlich - für bio-dynamische Höfe - circa 50 Demeter-Imker als Ansprechpartner.

 

Schön wäre es, nicht nur aus Sicht der Biene, wenn ihr Gift das einzige wäre, das sich flächendeckend verteilt.

 

Ihr