Editorial

Herzstück

Die biologisch-dynamischen Präparate gelten als essenzielles Element biodynamischer Landwirtschaft, sind auch zu zertifizierende Pflicht für Demeter-Betriebe. Doch hängt unsere Herz wirklich dran? Oder stufen wir sie selbst häufig zur lästigen Pflicht ab? Fragen zur Wirksamkeit, Zank darüber, ob ihre Anwendung selbstverständlich sein muss (!), fehlendes eigenes Erleben, Besserwissen, wie es richtig ist – all das kann schon mal die Freude verderben und Zweifel wecken. Ist ihr Einsatz eine gläubige Geste oder ein effektives Mittel zum Erfolg? Wäre eine Kür nicht überfällig? Dreimal spritzen, um wirklich Wirkungen zu haben? Ein bisschen weniger Rezept, ein bisschen mehr Einfühlen in Standort, Bestände, Witterung? Selbst herstellen, um sie besser zu begreifen? Weitere Anwendungen ausprobieren?

 

Zum Glück gibt es die biodynamischen Forscher: So wissen wir um zahlreiche nachgewiesene Effekte, dass es auf Regelmäßigkeit und Mehrfachanwendung ankommt, dass auch der Rest im Betrieb stimmen sollte, vom Kompost bis zum Saatgut, auch darum, wie manche Präparate einzeln zu nutzen sind.

 

Die Präparate werden oft als der entscheidende Unterschied zu organischen Landbauweisen bezeichnet. Doch ist es nicht so, dass biodynamisch heißt, ganz anders denken über Landwirtschaft? Mit dem Bild der Lebens-Landwirtschaft einen Organismus formen, kosmisches bzw. Umkreisbeziehungen inklusive? Die Präparate sind da nur wichtiger Teil, katalytische oder regulierende Kräfte, neben einem Bündel anderer Maßnahmen.

 

Ein anderer Aspekt: Die Präparate werden gerne als Munition für Angriffe aufs Biodynamische oder den Ökolandbau allgemein genutzt, „Mist in Hörner stopfen, haha.“ Wer so spricht, hat von Landwirtschaft wenig Ahnung oder ist der Agrochemie auf den Leim gegangen. Denn schließlich handelt es sich zunächst schlicht um landwirtschaftliche Hausmittel, aus den Ressourcen eines Hofes kreativ veredelt. Doch fordert die darin liegende Behauptung, Landwirtschaft könne aus eigener Kraft gedeihen, bis heute eine mächtige Industrie heraus, deren Arm bis in die Wissenschaft reicht. Dass Biodynamisch funktioniert, ist in bald 90jähriger Praxis bewiesen. Doch schon 1933 wurde in Thüringen polizeilich verboten, öffentlich die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise zu erörtern. Das hatte nichts mit den Nazis zu tun, sondern mit angeblich „überholten Vorstellungen der Pflanzenernährung“. Man kann sich denken, wem das nutzen sollte.

 

Diesen Kampf, Industrie gegen Ökologie, Standardisierung versus Vielfalt, steril versus fruchtbar führen wir in der Landwirtschaft leider immer noch, nur inzwischen im Weltmaßstab und mit vielen Freunden. Auch dafür können die biodynamischen Präparate ein Symbol sein.

 

An Johanni rund um die Erde gemeinsam und fast zeitgleich Präparate spritzen – das ist eine ansprechende Aktion (s. S. 53), die das unterstreicht, gleichzeitig der Erde nutzt und die Möglichkeit bietet, viele Menschen dazu einzuladen.

 

Ihr