Editorial

Assoziative Zonen …

… schlägt Ueli Hurter in seinem Beitrag zur Ökonomie der Landwirtschaft vor – konkrete Zusammenarbeit von Bauern, Verarbeitern, Handel und Verbrauchern: den Markt und die Wertschöpfung gemeinsam in den Blick nehmen, von der Züchtung bis zum Esstisch. Das Versprechen, das darin liegt: Maß und Sinn in das wirtschaftliche Handeln bringen, auch vor dem Hintergrund der gemeinsamen Verantwortung für die Naturgrundlagen unserer Existenz. Denn Bio-Erzeugung alleine reicht dafür nicht.

Bio ist zwar angekommen in den Supermärkten und Discountern. Längst machen die sich ihre Gedanken um weitere Profilmöglichkeiten im gegenseitigen Wettbewerb, um Premium-Bio – wie z. B. das Interesse an den Marken Demeter oder Bioland zeigt, oder Extras wie regional oder fair. Meist ist dies aber focussiert auf symbolische Leit- oder Aktionsprodukte bzw. Segmente, es kommt weniger auf den Umsatz als auf den Zugewinn an Image an, wie ein Blick aufs Marketing der Discounter und meisten Supermärkte zeigt.

Ob dieser wichtige Absatzweg allerdings auch nachhaltig für faire Bedingungen und Preise für die Ökolandwirte sorgt, ist offen. Die Bauern sind ja zu 100 Prozent ökologisch gefordert. Und wer für 100 Prozent Bio steht, wie auch manche Hersteller und der Naturkostfachhandel, hat da jedenfalls Fragen. Auch wenn letzterer in der Vergangenheit es nicht schaffte, die mäßigen Mengenzuwächse an Demeter-Erzeugnissen zu 100 Prozent als Demeter-Ware zu vermarkten. Ergänzend braucht es offenbar den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel, auch bei Bio-Ware. Und bei den Handelsunternehmen gibt es Unterschiede: je nachdem wie ernst sie ihren Entwicklungsbeitrag auf dem Weg zur Nachhaltigkeit nehmen.

Auf Seite der Landwirte ist dagegen die Frage, was bei Ihnen ankommt. Umstellen auf Bio ist ein vorläufiger Rettungsanker in einer sinkenden Milchwirtschaft, die Schräglage ist durch den LEH mitbedingt. All das, was der Ökolandbau leisten soll, könnte er besser, wenn es eine klare preisliche Solidarität gäbe – denn besser sein kostet auf jedem Feld mehr als konventionell. Nach wie vor besteht die Wettbewerbsverzerrung am Markt, die kein Verursacherprinzip bei Pestiziden, Überdüngung und Artensterben kennt und auch noch Kontrolle und die Kosten dafür den Ökos aufbürdet, die mit ihrem Anbausystem fast alles richtig machen.

Kurzum: Wenn Verbraucher nur über den Einkauf mitbestimmen, sind sie verführbar. Mitgestalten erfordert mehr – daher der Vorschlag zu Assoziationen, zu branchenbezogenen runden Tischen mit allen Stufen der Wertschöpfungskette, auch auf dem Niveau von Spitzenorganisationen. Wenn daraus Verstehen und Wertschätzung wird, könnten auch die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft enkel- und naturgerecht verbessert werden.

In Frankreich wurde im Frühjahr gesellschaftlich und politisch über Regelungen zu fairen Preise debattiert, EU-Agrarkommissar Hogan brachte das bereits auf den Tisch und die Schweizer haben Ernährungssouveränität und Fair Food in zwei Volksabstimmungen thematisiert.

Dazu gehört meines Erachtens auch, über die Strukturen der Landwirtschaft nachzudenken: größere landwirtschaftliche Einheiten mit horizontaler Integration sind ein Thema der Zeit, und wenn schon Familienbetrieb – dann doch in Kooperation mit Kollegen! Vielleicht lohnt ein Blick auf die israelischen Moshavs, genossenschaftlich organisierte Dörfer. Auch die Strukturen und Eigentumsverhältnisse der Ökobranche gehören in den Blick, sollen die Unternehmen krisenfest sein.

Eine erste assoziative Wirtschaftszone gibt es seit letztem Jahr in Luxemburg auf kleinem Markt. Demeter hierzulande beginnt, im dritten Anlauf über alternative Wirtschaftspraktiken zu diskutieren.

Ihr