Editorial

Auslaufmodell? Nah am Ideal?

Ja, es gibt sie noch, die biodynamischen Betriebe nah an der bio­dynamischen Ursprungsidee von Vielfalt, starken innerbetrieblichen Beziehungen, einer Landwirtschaft als Organismus, die mit Hingabe und Fachkenntnis so gut geführt wird, dass sie Ausstrahlung entwickelt. Doch haben sie es zunehmend schwerer in einer Gesellschaft, die immer mehr Lebensaspekte reguliert und einem Klima der Ökonomisierung aller, auch sozialer Beziehungen. Hinzu kommt die tagtägliche Präsenz, gerade in Milchviehbetrieben, die heutigen Ansprüchen an ein potenziell mobileres Leben widerspricht.

Auch über Preise, Kommunikation und Wahrnehmung unter Marktpartnern muss man da reden, aber noch mehr ist es eine Frage an die Sozialgestalt: Wer sagt denn, dass alles in der Familie bleiben muss? Weit mehr Kooperation unter Landwirten tut not, das fängt beim gemeinsam gebauten Kartoffellager an, geht bei Arbeitsteilung weiter und kann noch viel mehr umfassen. Betriebsgemeinschaften fällt es leichter, sich die Arbeit zu teilen und damit Freiräume zu gewinnen, auch für die Entwicklung des Betriebes, auch für den Einstieg der jungen. Das ist kein soziales Modell für jeden, aber die wirtschaftliche Kooperation kann ähnliche Effekte haben: Und sie sichert die Vielfalt, mildert den Kostendruck auf den einzelnen Betriebszweig, und gibt dem Mist einen Wert.

Landwirtschaft als ein sich entwickelnder Organismus – das steht im Gegensatz zu der heute immer stärker verbreiteten Standardisierung und Industrialisierung aller Prozesse in Anbau und Tierhaltung. Das braucht auch andere Effizienzbegriffe als allein den der (Eigen-) Kapitalrendite: Auslasten der Arbeitskraft, Schonen der Ressourcen bzw. des Naturraums oder Aufbau dauerfähiger Fruchtbarkeit und Resilienz. Hier haben die Binnenbeziehungen viel mehr Bedeutung als bei einem reinen Input-Output-System. Letztlich wird die Bilanz auf Seite des Naturkapitals höher, z. B. nimmt die Bodenfruchtbarkeit zu, ökonomisch aber bisher nicht berücksichtigt.

Aus dem anderen, biodynamischen Bild von Landwirtschaft resultiert eine Erweiterung der Arbeit als Bauer und Gärtner in weitere, auch kulturelle Bereiche, anstelle der immer enger werdenden ökonomischen Fokussierung. Die Freiheit nimmt zu. Steiner spricht nicht umsonst von Landwirtschaft als einer Art Individualität. Die gründet auf anders gedachten und eingerichteten, standortbezogenen Naturprozessen, mit Tieren, besonders den Wiederkäuern als Kern.

Die Bedingungen für Biodynamische Landwirtschaft sind übrigens auch Thema in der gerade anlaufenden Vorbereitung auf die Demeter-Delegiertenversammlung. Die angemessene ökonomische Auffassung, um solches Landwirtschaften auf Dauer zu ermöglichen, ist die assoziative Wirtschaft – sich gemeinsam in allen Bereichen der Wertschöpfungskette dafür verantwortlich fühlen und so handeln.

 

Herzlichst Ihr