Editorial

Die Lungen des Ökolandbaus

Linse, Luzerne, Lupine und ihre Familiengenossen: wir nennen sie Schmetterlingsblütler. Das trifft ihre Aufgabe in der Natur, die unter anderem die Verbindung des luftigen Elements mit dem erdfesten ist, den trägen Luftstickstoff in den Boden zu bringen, den Boden mit dem diesem dort dynamischen Element zu beleben – durch Symbiose mit Bakterien. Auch der Blütenreichtum dieser Pflanzen, ob Kraut oder Baum, belebt, schafft eine intensive Verbindung zur Insektenwelt, die das Nahrungsangebot schätzt. Und bei feinerer Betrachtung erschließt sich auch in der Blütengestalt und im oft rankend-schlängelnden Wachstum eine besondere Lebendigkeit der Hülsenfrüchtler, bis hin zur Reaktion der Blätter auf Sonnenstand im Tagesverlauf oder auf das biodynamische Präparat Hornkiesel.

Rudolf Steiner, der Inspirator des Biodynamischen, sah in ihnen so etwas wie Atmungsorgane der Pflanzendecke, auf die das Kalkig-Alkalische des Erdbodens angewiesen ist, um an Lebensvorgängen teilzuhaben. Sie bringen das, „was die Pflanzenwelt vom Winter hat, besonders zur Ausbildung.“ Er meint damit Impulse des Kosmos und der mineralischen Welt, gestaltende und mit der Mineralerde verbindende Kräfte. Leguminosennutzung hat historische Bedeutung, sei es im alten Ägypten, das nicht nur vom Nilschlamm, sondern auch vom Klee profitierte, oder in der mit Klee und Luzerne verbesserten Dreifelderwirtschaft, welche die Ernährungsgrundlage für die Industrialisierung sicherte.

Für den Ökolandbau sind Leguminosen essenziell, im kühlen Klimat wie in den Tropen, hier als Feldfutter, dort als multifunktionale Hecke genutzt. Oder als Transferdünger. Sie bestimmen in Summe über die Stickstofffixierung das Ertragsniveau eines Biobetriebs. Für Vegetarier sind sie ebenfalls unverzichtbar, zeichnen sie sich doch durch ihren Eiweißgehalt aus. Sie sind relevant für die sichere Welternährung insgesamt. Und auch unser Vieh, ob eiweißreiches Heu oder Kraftfutter für Wiederkäuer oder Mast- bzw. Legefutter für Schweine und Geflügel, weiß sie zu schätzen.

Mehr Forschung und Züchtung lohnt: Nach wie vor gibt es Fragen im Anbau, von Düngung über die Gesundheit bis zum passenden Anbauverfahren. Die Züchtung von Erbsen, Linsen und Co. ist ebenfalls erst in den Anfängen, dito die Futterpflanzen. Für den Anbau heimischer Eiweißträger für Ernährung, Fütterung oder Vermehrung, dazu braucht es wohl Anstöße. Und was war eigentlich mit der Lupine? Immerhin, das Bewusstsein für legume Zwischenfrüchte und Untersaaten ist wieder gestiegen.

Da der Stickstoff aber ein leichtflüchtiger Geselle ist, lohnt es für den Landwirt, ihm besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Steiner sprach von den „Offenbarungen des Stickstoffs“, die der Landwirt lesen lernen solle, und bei Bodenbearbeitung, (Flüssig-) Mistpflege, Kompostieren oder Umbruch, die Unterstützung der biodynamischen Präparate nutzen kann.

 

Herzlichst Ihr