Editorial

Ist Ökolandbau schlecht fürs Klima?

Das jedenfalls titelten neulich konventionelle Fachkollegen: Ökolandbau habe deutliche geringere Erträge, brauche mehr Land für die gleichen Erträge und seine Ausweitung würde zu Abholzung, Biodiversitätsverlust etc. führen. Zitiert wird dazu eine Studie. Das bekommt der Ökolandbau regelmäßig vorgehalten, es ist aber so nicht zu Ende gedacht: Fast nur in Mitteleuropa bei dem hier sehr hohen Ertragsniveau ernten Ökobauern im Vergleich weniger. In anderen Weltregionen sind die Erträge eher vergleichbar und an manchen Standorten in Ländern der sogenannten dritten Welt auch höher: Die Ernährungssicherheit der Welt wird vor allem durch die Verbesserung der schlechteren Böden zu erreichen sein. Wer hungert, lebt meist auf dem Land.

Was aber bleibt, ist die Aufforderung an den Ökolandbau hierzulande, über Effizienz nachzudenken. Mehr Ökolandbau ist gut fürs Klima, davon sind wir Ökos überzeugt: bezogen­ auf die Fläche ist er vorne, in puncto Effizienz klimarelevanter Prozesse meistens. Aber am Kilogramm erzeugter Lebensmittel gemessen schmilzt der Vorsprung zu konven­tioneller Landwirtschaft teilweise dahin. Auch der Steigerung des Humusgehaltes, um Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden, sind von den Böden her enge Grenzen gesetzt. Andererseits hat der Ökolandbau neben der Klimaschutzeffizienz bei Boden- und Gewässerschutz, Energieeinsatz, Nährstoffausnutzung, Biodiversität und Tierwohl noch eine Reihe­ anderer Vorteile, was ihn in der Summe zum Landwirtschaftssystem der Zukunft machen könnte.

Doch weder setzen sich Politik und Ständevertretung entsprechend dieser Erkenntnisse für die Ausbreitung dieser Verfahren ein, noch hängt sich die Forschung auf breiter Ebene rein, um sie zu optimieren. So werden Chancen verschenkt. Dabei ist Optimierung nötig, denn auch bezüglich Klimawirksamkeit ist bio nicht gleich bio: Es gibt da große Unterschiede, so dass Betriebe und Betriebsformen voneinander lernen könnten. Insbesondere der aus der Mode kommende Gemischtbetrieb mit Rindern zeigt sich hier als vorteilhaft (s. a. S. 15). Und nicht nur die Stoffströme, auch deren Handhabung spielt hier eine Rolle.

Im Übrigen sollten wir den nicht erzeugungsbezogenen Teil von Betrieben nicht vergessen: Auch hier ist Klimaschutz möglich, sei es bei der Hofverarbeitung, der Lagerung wie auch im Privaten, von Heizung, Energie bis Mobilität.

Letztlich aber muss unsere Gesellschaft erkennen: Die Weiterentwicklung der Landwirtschaft wird das Klima nicht retten: Sogar Bäume und Gras emittieren Methan. Die wirklich effektiven Stellschrauben zum Klimaschutz gibt es jenseits der Landwirtschaft. Mit 230 Milliarden Dollar weltweit werden z. B. nach wie vor Industrien staatlich gestützt, die auf fossilen Energieträgern basieren.

 

Herzlichst Ihr