Editorial

Vielfalt – weltweit

Biodynamisch – das ist ein Landwirtschaftssystem, dessen Kern die Hinwendung zur Erde und den Beziehungen der genutzten und ungenutzten Tiere, Pflanzen und Lebensebenen des Ortes ist, den eine Landwirtin, ein Farmer, eine Gemeinschaft bewirtschaftet. Dazu sind „Organismus“ und „Individualität“ Modell, Wiederkäuer, Kompost, die Pflege des Bodens und der Landschaft wichtige Elemente, biodynamische Präparate die das Ganze impulsierenden und verbindenden Seidenfäden.

Zwar in Mitteleuropa erfunden, und zugegebenermaßen etwas kuhgebunden, ist die Biodynamik als System an vielen Orten und für viele Arten der Landwirtschaft bzw. Kulturen anwendbar. Auch, weil sie kein starres Set von Schemata ist, sondern den Menschen als tief beobachtenden und lernenden Gestalter voraussetzt: Kultivierung der Erde und des Selbst zugleich. Wer gestalten will, muss auch sich entwickeln.

Das fällt naturgegeben sehr verschieden aus, und so fasziniert die Vielfalt, in der sich das Biodynamische rund um die Welt entwickelt und etabliert hat: Gemischtbetrieb mit Kuh und Schwein und Huhn, Obstgarten, Teeplantage, Intensivgärtnerei, Kompostproduzenten, Hausgärtner, Selbstversorger, Erzeugungsbetrieb, Landwirtschaft als Therapie, Solidarische Landwirtschaft, Familienbetrieb, Hofgemeinschaft oder gemeinnütziger Verein und, und, und.

Die Vielfalt bezieht sich dabei nicht nur auf den Naturraum, sondern auch auf die Sozialgestalt, zwischen Ein-Mensch-Unternehmen und sozialökologischen Initiativen. Und auch auf die Vertriebsform, vom Käsehäuschen mit freiwilliger Kasse bis zum Hofsupermarkt, von Abokiste und Online-Versand bis zum ganz normalen Weg in den Lebensmitteleinzelhandel. Was uns abendländischen Biodynamikern vielleicht gar nicht bewusst ist: das Biodynamische begeistert rund um den Globus. In Indien machen zigtausende Farmer biodynamisches Fladenpräparat – CowPatPit – verkaufen es gar als Dünger, in Südamerika gründen sich immer mehr biologisch-dynamische Initiativen, in Ägypten entstand aus einem Biodynamischen Impuls die Heliopolis-Universität mit Ökolandbau als Studiengang, in Indien, Italien oder China gehen Forscher den Präparaten auf den Grund. In fast
60 Ländern gibt es biodynamische oder Demeter-Organisationen, 19 davon zertifizieren Demeter-Betriebe in Erzeugung oder Verarbeitung.

So verändert sich die stark auf die europäisch-westliche Kultur bezogene biodynamische Welt – bis hin zu den Mitgliederversammlungen der „Biodynamic Federation-Demeter International“ (BFDI), des 2020 gegründeten weltweiten Zusammenschlusses aller Biodynamischen bzw. Demeter-Organisationen auf Ebene der Länder.

Deutschland ist wohl der größte Markt für Demeter-Produkte, auch wenn die Wachstumsraten, teilweise die Umsätze in China erheblich sind, und sogar Japaner europäischen Demeter-Wein schätzen. Der Export hilft im besten Fall, eine inländische Bewegung aufzubauen, so ist es in Ägypten oder Indien gelungen. In Ägypten wird heute mehr als die Hälfte für den Inlandsbedarf erzeugt.

Besonders aber ist das Bewusstsein, Teil einer weltumspannenden Bewegung zu sein, die unter
Landwirtschaft mehr als nur Produktion, sondern auch Kultur versteht. Das nächste Mal erlebbar im Februar bei der internationalen Konferenz in Dornach.

 

 

Herzlichst Ihr