Kurz & aktuell

Die „dritte Säule“ verdrängt Nahrungsmittelerzeuger

Zwischenruf von Ulrich Mück, Demeter Bayern, zum Problem des doppelt geförderten Energiepflanzenanbaus

 

Zwei Fördersäulen in Milliardenhöhe tragen die europäische Agrarpolitik. Deren Wirksamkeit auf die Gestaltung der Landwirtschaft in Europa ist unbestritten. Verständlich und wichtig ist deshalb, dass aktuell intensiv um die Ausgestaltung der ersten Säule der europäischen Agrarpolitik gerungen wird. Im Jahr 2010 flossen darüber 5,45 Mrd. € als Direktzahlungen nach Deutschland. Zwar wird eine Kürzung erwartet, dennoch wird die erste Säule weiterhin ein deutlich größeres Volumen haben als die zweite Säule, die u.a. die umweltbezogenen Maßnahmen wie die Ökolandbau-Förderung enthält. Im Jahr 2011 hatte die zweite Säule in Deutschland ein Volumen von 2,2 Mrd. €. Einschließlich der Kofinanzierung durch Bund bzw. Länder, die Bedingung für diese EU-Mittel ist.

Einzig Deutschland hat eine dritte Säule: „Energiepflanzen“. Sie macht durch ihre Größenordnung von etwa 3,5 Mrd. €/Jahr den beiden tragenden europäischen Säulen Konkurrenz. Sie ist nicht in das europäisch vorgegebene und fein justierte Fördersystem der Agrarpolitik eingebunden, sondern unterliegt den völlig anderen Fördermechanismen des EEG §27 (Biogas) und der Biokraftstoffverordnung (Beimischungspflicht, Biodiesel). Dass die Förderungen der dritten Säule „Energiepflanzen“ überaus gut wirken, zeigt die Reihung der wettbewerbsfähigsten Kulturen: Die Energiepflanzen Raps und Biogas-Mais führen die Liste der wirtschaftlichsten Marktfrüchte an und liegen beim Gewinnbeitrag vor Weizen. Die Folgen sind: Nahrungsmittelerzeuger werden massiv verdrängt, die Pachtpreise steigen und die Landwirtschaft wird in eine weitere Intensivierung gedrängt. Der Ökolandbau hat unter diesen Voraussetzungen keine Entwicklungschance.

Die deutsche Politik und der Bauernverband, der das EEG 2009 forderte und feierte, müssen diese Fehlentwicklung stoppen. Die dritte Säule muss in die europäischen Fördermechanismen integriert und es muss die Fördergerechtigkeit wieder hergestellt werden. Ein Wasserkraftwerk bekommt aus dem EEG Förderung für den erzeugten Strom, nicht aber zusätzlich für die mit Wasser überstaute Fläche. Dass der Betreiber einer Biogas-Anlage und Energiewirt zur Förderung des erzeugten Stroms zusätzlich Direktzahlungen für seine Maislandschaft erhält, ist unverständlich. Diese Doppelförderung der Energiewirte durch die Direktzahlungen der ersten Säule und die Förderung der „dritten Säule“ ist förderpolitisch mehr als fraglich. Zudem muss die Beimischungsquote für die klimaschädlichen Biokraftstoffe drastisch und rasch reduziert werden.

 

Demonstration: Wir haben es satt!

2013 wird ein entscheidendes Jahr: Bei der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik und bei der Bundestagswahl werden die Weichen für die Zukunft unserer Landwirtschaft und unseres Essens gestellt. Damit sich etwas ändert, lohnt es sich, auf die Straße zu gehen, finden u.a. die Ökoverbände wie Demeter, BÖLW oder Bioland – während des Internationalen Agrarministergipfels zur Internationalen Grünen Woche: am 19.1.2013 in Berlin, 11:00 Uhr Washingtonplatz. www.wir-haben-es-satt.de