Kurz & aktuell

Ernährungsräte – eine Bewegung für gesunde Lebensmittel

Interview mit Joerg Weber, Sprecher des Frankfurter Ernährungsrates

Herr Weber, was sind Ernährungsräte und warum ist ihre Arbeit so wichtig?

Es gibt mittlerweile in Deutschland über 20 Ernährungsräte (ER) in verschiedenen Städten und es gibt zusätzlich annähernd 30 ER-Initiativen im deutschsprachigen Raum. Nicht nur in den großen Städten, auch in vielen kleineren und kleinen Städten und Orten gibt es diese Initiativgruppen. Die Ernährungsräte sind Teil einer umfassenden, immer stärker wachsenden Bewegung für eine bessere und gesündere Ernährung. Ernährungsräte möchten die Souveränität für ihre Lebensmittel zurückerlangen. Es geht auch darum, dass sich die Verbraucher regionale und Bioprodukte aus ihrer eigenen Region wünschen. In jeder Stadt gibt es spezifische Probleme, die die Ernährungsräte lösen möchten. So beispielsweise die Ernährung von Kindern in Kitas und Schulen. Hier soll mehr regionale Gesundheit auf den Teller. Und hier können die Ernährungsräte die Städte unterstützen und beraten, wie wir dies auch in Frankfurt a.M. machen. Die ER setzen sich für eine Landwirtschafts- und Ernährungswende ein. Wir wollen wieder mehr bäuerliche Strukturen und damit Arbeitsplätze auf dem Land, ein Zurückdrängen industrieller Landwirtschaft. Es geht hierbei auch um die Unterstützung familiärer bäuerlicher Strukturen. Aber ebenso um den Wiederaufbau verlorengegangener Logistikketten und Manufakturen wie Metzger, Bäcker, Mühlen und Molkereien. Wir setzen uns für weniger aber dafür besseren Fleischkonsum ein, denn wir müssen endlich aus der Massentierhaltung aussteigen. Es geht grundsätzlich auch um einen bewussteren Umgang mit unseren Ressourcen.

Welche Chancen bieten sich dabei für die ökologische Landwirtschaft?

Es geht darum, den Bauern in der Region neue und weitere Vermarktungschancen zu eröffnen. Die ökologische Landwirtschaft ist hierbei unser umfassendes Ziel. Und es gibt immer mehr konventionelle Landwirte, die über einen Umstieg nachdenken – das ist ein gutes Zeichen. Im ER arbeiten Verbraucher mit Bauern zusammen, dies stärkt auch das gegenseitige Verständnis. Unser ER-Frankfurt arbeitet z.B. auch mit Bauern des Erzeugermarktes zusammen, so wird gemeinsam versucht, neue Vertriebswege zu öffnen.

Ende November 2018 fand der 2. Vernetzungskongress der Ernährungsräte statt – Was kam dabei heraus?

Unser Kongress fördert die Vernetzung untereinander, über 150 Mitglieder von ER aus dem deutschsprachigen Raum waren anwesend. Wir sind über unser Ernährungsräte-Netzwerk verbunden und in Kontakt. Hierdurch fließen Informationen schnell von Ost nach West oder Nord nach Süd. Neben vielen Fragen, die uns bewegen und die wir in Open-Space Workshops bearbeitet haben, haben wir den Kongress mit der „Frankfurter Erklärung“ abgeschlossen. Hier stellen wir Forderungen zu einer Landwirtschafts- und Ernährungswende auf. Wir werden auch gemeinsam auf der „Wir haben es satt“ Demonstration in Berlin dabei sein.

(Fragen: Katrin Bader)

 

mehr Infos unter: www.ernaehrungsraete.de und https://ernaehrungsrat-frankfurt.de/presse

Susanne Aigner hat in LE Mai-Juni 2018 „Direkt vermarkten“ über Ernährungsräte geschrieben.