Portrait

Getreidevielfalt und mehr

Bauckhof bedient mit breitem Sortiment auch Allergiker, Veganer und Sportler

von Michael Olbrich-Majer

 

Es ist laut. Sehr laut sogar. Das Rütteln der Sichter, das Rauschen der Körner in den Rohren, das Rumpeln der Walzenstühle, das Backsteingebäude bebt im Innern, allerdings genau nach Fahrplan. Wir stehen in der Mühle der Bauck GmbH & Co. KG, dem Herzstück des norddeutschen Demeter-Lebensmittelherstellers. Hier entscheidet sich, welchen Weg das angelieferte Demeter-Getreide nimmt, je nach Qualität und Müllerskunst. Diese ist komplex: dirigiert von Johann Michel und seinem Team wird aus Korn durch verschiedenste Mahl-, Misch- und Trennvorgänge eine Schrot-und Mehlvielfalt. Im Steuerstand ist es etwas leiser, natürlich wird heute auch eine Mühle am Computer gesteuert. So kann nachts in einer dritten Schicht gemahlen werden – automatisch.

Der Weg der Körner

Siebentausend Tonnen Getreide jährlich von ca. 70 Landwirten, vor allem in Demeter-Qualität, laufen durch die drei Betriebsstandorte im norddeutschen Rosche. Über das ganze Sortiment, also auch Kartoffelmehl, Zuckerrübensirup und Schokokuchen, sind 60 % der Rohwaren aus dem Inland, 50 % sind Demeter-zertifiziert. Durch den Kauf eines ehemaligen Raiffeisen-Getreidelagers hat das Unternehmen seine Lagerkapazität auf insgesamt 41 Silos erweitert. Damit kann beim Eintreffen zunächst jede Charge beprobt und im firmen­eigenen Labor auf Qualität untersucht werden: Parameter wie Feuchtigkeit, Feuchtkleber, Fallzahl, Proteingehalt und Asche werden ermittelt, wichtig für Müller, Bäcker und die weitere Verarbeitung. Erst dann geht das Getreide in die Mühle im Ortskern Rosches und dann weiter zum Verarbeiten und Abpacken im kleinen Gewerbegebiet am Feldrand.

 

Hierher kommt es per BigBag an, lagert im ersten Stock der Produktionshalle, damit es dann einfach in die Einfülltrichter der sechs Misch- und Abpackstraßen im Erdgeschoss geschüttet werden kann. Auch hier, wo Müsli und Mehle in Tüten und dann in Kartons gefüllt werden, ist es laut durch die Maschinen. Geschäftige Ruhe dagegen im Hochregallager gleich nebenan. Hier werden die Produkte palettenweise klargemacht für die Laderampe und ihre Reise zum Kunden.

Die Bauckhöfe – ein Familienunternehmen

Geschäftsführer Jan-Peter Bauck und seine Frau Susan stiegen Anfang der 1990er Jahre in den Familienbetrieb ein. Damals hatte der Biomarkt seinen ersten Wachstumsschub und das Unternehmen stand vor der Entscheidung: weiter zugleich handeln und verarbeiten oder sich auf die eigene Verarbeitung und Produktentwicklung konzentrieren? Den jungen Baucks machte produzieren mehr Spaß. Seitdem ist das Unternehmen kräftig gewachsen, ausgesiedelt und um Anbauten erweitert.

 

Drei Bauckhöfe gibt es in der Lüneburger Heide: den ältesten in Klein-Süstedt, seit 1932 biologisch-dynamisch. Durch Ehe und Erbe kamen der Hof in Amelinghausen und der in Stütensen hinzu. Die unternehmerisch-ideelle Frage, die sich die Großfamilie Bauck stellte, was tun damit, außer erzeugen, führte auch zu einem Entwicklungsanstoß in der biodynamischen Bewegung. Denn es mussten neue Modelle und Rechtsformen für die unterschiedlichen, bestehenden Aufgaben wie Landwirtschaft, Sozialtherapie, Forschung oder Lebensmittelverarbeitung sowie den Generationenübergang gefunden werden.

 

Zusammen mit dem Gründer der GLS-Bank, Barkhoff, wurden 1969 die drei Höfe aus Privateigentum in den Besitz der gemeinnützigen Landbauforschungsgesellschaft überführt. So können sie nicht mehr vererbt oder verkauft werden. Damit ist gesichert, dass auf den Bauckhöfen biodynamisch gearbeitet wird und viele Menschen verantwortlich tätig werden können. In einem alten Hühnerstall fanden die ebenfalls im Jahr 1969 gegründete Vermarktungsinitiative norddeutscher Demeter-Landwirte mit Klaus und Helene Werder (geborene Bauck) zusammen, die sich um das Entwickeln von Produkten kümmerten: Getreideverarbeitung nach anthroposophischer Ernährungslehre, Keimzelle des heutigen Unternehmens. Das hier entwickelte „Kornfix“-Schnellkochgetreide wird in Rosche noch heute im eigenen Thermoofen produziert.

 

Heute haben die Höfe unterschiedliche Schwerpunkte: Kartoffeln, Rinder und Geflügel sowie ein eigenes Schlachthaus in Klein Süstedt; Gemischtbetrieb mit Milchverarbeitung und Schulpraktika in Amelinghausen; Landwirtschaft und Sozialtherapie in Stütensen nahe Rosche. Die Lebensmittelverarbeitung zog vor einem guten Jahrzehnt von dem Hof ins Gewerbegebiet in Rosche und ist heute als mittelständischer Naturkosthersteller Bauckhof der vierte Standort, noch heute in Hand von Familienmitgliedern und Mitarbeitern als Gesellschaftern.

Im Focus: faire Zusammenarbeit am Markt

Die Hälfte des Getreides kommt von den ca. 50 Bauern der Demeter-Erzeugergemeinschaft, die Jan-Peter Bauck zusammen mit Jens Röh vor 20 Jahren gegründet hat. Aktuell geht Bauck mit den Getreidelieferanten noch einen Schritt weiter: hin zum Vertragsanbau. Grund ist Planungssicherheit für beide Seiten. „Wir wollen den Landwirten eine sichere Abnahme für ihre Rohstoffe bieten und damit gleichzeitig auch unseren Kunden eine sichere Verfügbarkeit unserer Produkte garantieren können“, so beschreibt Bauck das Ziel dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Seit letztem Jahr werden für einen Teil der Getreide-Menge Zweijahresverträge mit garantiertem Preis und garantierter Abnahmemenge geschlossen. Denn Demeter-Betriebe stünden nicht gut da, das weiß Bauck: Biogasboom, steigende Pachtpreise, kein Verdienst in der Viehhaltung: „Wir brauchen langfristig auskömmliche und bedarfsdeckende Preise“, ist sein Fazit, „auch wenn wir als Verarbeiter allein das Einkommensproblem der Landwirtschaft nicht lösen können.“

 

So ist es nur konsequent, dass das Unternehmen Mitglied im Verein „Bestes Bio- fair für alle“ ist, der das Bio&Fair-Siegel vergibt: Vorbild für eine verbindlichere Wirtschaft in der Region werden. “Wir sind doch alle dafür“, so Jan-Peter Bauck. Aber passiert genug? Er wollte sich messen lassen und dazulernen. Zu den Kriterien gehören 100% Bio für den Betrieb und die Verwendung überwiegend regionaler Ware, das Verbot, über Discounter zu vermarkten und weitere Gesichtspunkte wie Spreizung der Gehälter, Mindestlohn, langfristige Lieferbeziehungen, Preisfindungsmodus und strukturierte Betreuung der Lieferanten. Kontrolliert wird einmal jährlich.

 

126 Produkte in 17 Produktgruppen vertreibt der Naturkosthersteller unter der eigenen Marke „Bauckhof“. Sie lassen sich zusammenfassen in Mehle samt Grieße und Kleie, Flocken und Müslis inklusive Haferbreie, Brot-, Kuchen- und Pizzabackmischungen, Burger, Apfelmusiges und Brotaufstriche sowie die gluten­freien Mehle. Und dann ist da noch der Getreidekaffee, eines der ersten Produkte überhaupt. Dazu kommen Rohstoffe für Bäckereien und Weiterverarbeiter sowie spezielle Rezepturen nach Kundenwunsch wie z. B. glutenfreie Brotbackmischungen für Skandinavien. In der Versandabteilung wird deutlich: glutenfreie Produkte vom Bauckhof sind europaweit gefragt; die Backmischung für glutenfreie Brownies zum Beispiel wird von Finnland bis nach Portugal ausgeliefert.

Ohne Gluten, Müslis für Läufer: Profil mit Spezialprodukten

„Frei von“, unter dieser Überschrift steht in Biosupermärkten mehr und mehr Gluten- und Laktosefreies, Veganes und sogenanntes RawFood. Hier finden sich auch Bauckhof-Produkte, beispielsweise glutenfreies Buchweizenmehl, glutenfreie Speisestärke oder eine vegane Backmischung für Käsekuchen. Vor acht Jahren startete Bauckhof Naturkost eine glutenfreie Schiene mit einer separaten Mühle nur dafür. Die klassischen Getreidesorten Weizen, Roggen, Gerste enthalten das Klebereiweiß Gluten, das bei Menschen mit einer Unver­träglichkeit eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut hervorruft. Für diese Kunden werden u.a. Braunhirse, Kichererbsen, Mais, Reis und Buchweizen vermahlen und als Mehl verkauft oder zu Müslis und Backmischungen verarbeitet. Die Zöliakiekranken sind gut vernetzt, wenn etwas verträglich ist und auch noch schmeckt, spricht sich das schnell herum. Mit einem Glutenfrei-Partnerladen-Konzept, Schulungen und einer telefonischen Hotline unterstützt das Unternehmen die Naturkostladner, ein dieses Jahr eröffneter Online-Shop macht die Produkte auch da verfügbar, wo kein Geschäft in der Nähe ist.

 

Doch sind „frei von“- Produkte aufwändig: reiner Hafer z. B. ist von Natur aus glutenfrei, die handelsüblichen Haferprodukte allerdings sind durch Anbau, Transport und Verarbeitung mit glutenhaltigem Getreide verunreinigt, so dass er für Menschen mit Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit nicht geeignet ist. Die Ansprüche sind hoch, 20 ppm Gluten maximal, die verstecken sich im Staub und im Besatz mit Fremdgetreide. So erfordert glutenfreier Hafer von allen an der Kette Beteiligten höheren Aufwand und eine große Achtsamkeit, vom Feld (Durchwuchs !) über Erntemaschinen und Transport muss alles äußerst sauber sein. Daher gibt es zusätzlich zum Qualitätslabor in Rosche noch ein zweites, ausschließlich für Glutenanalysen. Hier werden die BigBags jeder Charge auf Glutenfreiheit untersucht und erst dann für die Produktion freigegeben. Denn manchmal ist Detektivarbeit gefragt: So enthielt die Falafelmischung zunächst völlig unerklärlich Gluten. Bis das Qualitätssicherungsteam dahinterkam, dass ein Gewürz mit Mehl gestreckt war. Für die Landwirte gibt es ein Handbuch sowie einen Mehrpreis, wird der Grenzwert eingehalten. Bauckhof ist in Deutschland der erste Hersteller von glutenfreien Haferprodukten.

Rührige Produktentwicklung

Auch mit dem Trend zu veganen Lebensmitteln hält die Bauckhof Naturkost mit: Das allermeiste aus dem Haus ist ohnehin vegan, die Kuchenbackmischungen gelingen sogar ohne Milch und Ei. Aber es kommt eben auf das Label an, ob ein Produkt vom Kunden als vegan erkannt wird. Nach und nach werden die Verpackungen umgestellt. Für das Siegel der British Vegan Society braucht es neben dem jährlichen Lizenzvertrag die strenge Rezepturprüfung, bis hin zu Starterkulturen in den Backmischungen, wo u. a. bestätigt sein muss, dass diese auf rein pflanzlichen Nährböden wachsen.

 

Doch gibt es aus dem Hause Bauck auch „Für-Produkte“ wie die zwei Läufermüslis. Zusammen mit dem deutschen Langstreckenläufer und Europameister über 10.000 Meter, Jan Fitschen, sowie dem Institut für Sporternährung e.V. hat Bauckhof Naturkost zwei Müslis entwickelt: Die Idee kam vom Marathonläufer Timo Weckman: vor dem Lauf Energie und Mineralstoffe tanken, nach dem Lauf Regeneration unterstützen u. a. mit hochwertigem Eiweiß aus Sojaflocken und Cashew. So entstanden die Läufermüslis „Start“ und „Ziel“, die es nur im Naturkostfachhandel und in Sportgeschäften gibt. Und auch die biodynamische Züchtung schafft es auf die Verpackung: Der Lichtkornroggen der nahen Getreidezüchtung Darzau hat den Umsatz mit Roggenmehl deutlich angekurbelt. Die anderen Mehle aber sind in der Regel Sortenmischungen, schon um durchgehend gute Backeigenschaften sicherzustellen. Viele Ideen und vor allem die Feinarbeit der Rezepturen kommen aus der hauseigenen Produktentwicklung des Teams um Mirja Hartmann: beraten und entschieden wird in einem Kreis aus Geschäftsleitung, Vertrieb, Marketing und Einzelhandelsberatung.

 

Übrigens macht der Demeter-Hersteller so gut wie keine klassische Anzeigenwerbung. Neues wird vor allem über die inzwischen fünf deutschen Bio-Messen sowie die Hausmessen der Großhändler bekannt und über den Facebook-Account. Beim Etablieren von Neuprodukten helfen die Gratismuster für jeden Ladner, der etwas ausprobieren will. Das sichert Feedback und kommt an. Um Informationen rüberzubringen, nutzt Bauckhof Naturkost sogenanntes „Boxmarketing“, einen Beileger in den ausgelieferten Gebinden mit Informationen zum Sortiment und Rückfaxformular. Über Listungsgespräche mit dem Bio-Großhandel bzw. Bio-Filialisten wird versucht, die Verfügbarkeit für die Naturkostfachgeschäfte zu sichern. Der Preis der Produkte ist bei den Händlern kein Thema. Die meisten pflegen ein Basis- und ein Hochpreissortiment - in das passen die Bauckhof- Produkte mit Demeter-Label oder ihrem Zusatznutzen bestens.

Perspektive: Rohstoffe knapp, Markt wächst

Die Beschaffung der Rohware ist für Bauck ein Dauerproblem. Nicht nur, weil das Unternehmen wächst und die Inlandserzeugung nicht hinterherkommt. Die Aktivität in einem Nischenmarkt mit bestimmten qualitativen Präferenzen macht die Beschaffung zeitweilig zur Trüffelsuche. So etwa, wenn der einzige Lieferant von Demeter- Sonnenblumenkernen ausfällt. Einfach woanders, auf dem Weltmarkt kaufen, das geht eben nicht. Und es hängt beim Ausfall ein ganzer Rattenschwanz an Maßnahmen dran, von neuer Rezeptur bis neuen Etiketten samt Antrag auf Ausnahmegenehmigung beim Demeter e.V. „Damit sind dann Dutzende Kol­legen beschäftigt“, so Jan-Peter Bauck. Aktuell ist Dinkel knapp, das kommt alle Jahre mal vor. Bauck versucht daher mit langfristig stabilen Preisen auch einen Beitrag gegen Spekulationen im Bereich der Bio- und Demeter-Rohstoffe zu leisten.

 

Neben dem Engagement für mehr Ökobauern schaut die Firma vermehrt auf die Umweltfolgen ihrer Tätigkeit: eine Zertifizierung nach EMAS ist auf dem Weg, Dachbegrünung, Lichtspartechnik installiert und der CO2-Ausstoß – vor allem aus dem Heizen der Hallen – ausgeglichen. Zwei Kollegen fungieren als Umweltteam, das auch die Arbeitsplätze, Stichwort Staub und Lärm, im Auge hat. Und der Müll soll reduziert werden, aktuell wird eine Verwendung für die Einweg-BigBags gesucht.

 

Zwar ist das Firmengebäude ziemlich groß, doch es wird schon wieder eng: Ein Anbau soll das angemietete Behelfslager ersetzen. Jan-Peter Bauck ist zuversichtlich, was den Markt angeht. „ Wir als Biobranche haben noch Potenzial“, das ist sein Gefühl nach vielen Gesprächen mit Marktpartnern, unter anderem im Verdichten und Platzieren der Standorte, so dass noch Kunden hinzugewonnen werden könnten.

Unternehmenssteckbrief Bauckhof GmbH & Co.KG

  • Gegründet 1969 von biodynamischen Landwirten,um Demeter-Rohstoffe der Region zu veredeln und zu vermarkten

  • Verarbeitung/Herstellung von Mühlen- und Getreideprodukten, ergänzendes Sortiment

  • 118 Mitarbeiter, ca. 26 Mio. € Umsatz 2013, ca. 7000 t verarbeitetes Getreide

  • Mehr als 120 Produkte der Marke Bauckhof für den Naturkostfachhandel: von Mehlen, Flocken bis zu Convenience; zudem Rohstoffe für Bäckereien und private Label-Herstellung

  • Umfangreiches Sortiment glutenfreier und veganer Lebensmittel

  • Bauck GmbH und Co. KG, Duhenweitz 4, 29571 Rosche,
    Fon: 05803-98 73-0, Fax: -12 41, http://www.bauckhof.de