Portrait

Glückliche Hühner, gesundes Futter vom Hof

Demeter-Hof Schmid

von Katrin Bader, Redaktion Lebendige Erde

Die Figur des Heiligen Ulrich, Schutzpatron der Bauern, wacht über den Hof von Manfred und Bettina Schmid, der mitten im Jagsttal in Westhausen am Rand der Schwäbischen Alb liegt. Waldwirtschaft, Tierhaltung und Getreidebau sind seit jeher Standbeine des Hofes, der seit 1639 in Familienbesitz ist, und sich mit dem bevorstehenden Generationenwechsel wieder einmal im Umbruch befindet.

Als Manfred Schmid 1978 den konventionellen Hof mit 25 Milchkühen als ältester Sohn übernahm, stellte sich ihm die Frage: Wachsen oder Weichen? Er, Bauer aus Leidenschaft, wollte sich nicht der Milchindustrie beugen, investieren und abhängig machen. Eine bäuerliche, naturnahe und vielfältige Landwirtschaft war sein Ziel. Also suchte er nach Alternativen: Die Umstellerkurse von Demeter und das Miteinander in der Regionalgruppe haben ihn schließlich überzeugt: „Da hat man auch gemeinsam gesungen, das war großartig“. Der Demeter-Pionier Friedrich Sattler prägte ihn sehr und Schmid erinnert sich heute noch gern an die Zeit mit ihm. 1983 erfolgte die Umstellung: Aus den Milchkühen wurde eine Mutterkuhherde, Fleckvieh mit eingekreuztem Black Angus, die ganzjährig auf den eigenen Weiden sein durfte. Legehennen und Mastgeflügel, Puten, Gänse und Enten in Mobilställen sowie Schweine ergänzten fortan den Betrieb. Ein eigener Schlachtraum kam dazu. Der Hof liegt am Dorfrand und fast alle Flächen sind arrondiert, maximal zweieinhalb Kilometer weg vom Hof, auch, da viel von den Nachbarn gepachtet werden konnte. Insgesamt 70 Hektar Ackerland und 32 Hektar Grünland, inklusive zwei Hektar Streuobstflächen, gehören dazu. Rund 15 Hektar eigener Wald, naturnah umgebaut, liefern den Rohstoff für die Holzhackschnitzelheizung, die den Hof mit Wärme versorgt.

Ende der 1980er Jahre fuhr Manfred Schmid alle vier Wochen ins Elsass, um dort Küken der Linie ISA-JA-757 zu holen – weibliche und männliche Tiere. Um das Fleisch der großen und fleischigen Hähne zu vermarkten, entwickelte er schließlich den Begriff „Landgockel“. Die Direktvermarktung startete der Betrieb im 90 km entfernten Stuttgart. Dort belieferte Manfred Schmid einmal wöchentlich Reformhäuser mit Eiern, Suppenhühnern und Hähnen. Die Wochenmärkte in Stuttgart und Aalen kamen hinzu. So wurde aus dem Bauern Manfred Schmid gleichzeitig auch Händler und Vermarkter. Seine Frau Bettina, gelernte Bankkauffrau, erledigte die Büro- und Hausarbeit. Im alten Wohnhaus und einem zugekauften Nachbarhaus richteten die Schmids außerdem Ferienwohnungen für den Tourismus ein. Der Urlaub auf dem Bauernhof lief gut, doch die Industrie in der Region lief besser: heute sind die Wohnungen dauerhaft an Monteure vermietet.

Vielfalt kostet Zeit – neue Strukturen für mehr Freiraum

Viele Standbeine forderten ihren Tribut: wenig Freizeit, trotz fester Mitarbeiter, und unterschwellige Alarmbereitschaft, dass irgendetwas mit den Tieren sein könnte. Denn die erschreckten sich oft vor Radfahrern, die auf dem Kocher-Jagst-Radweg entlang der Weiden unterwegs sind. Vor drei Jahren passierte es: die Herde brach mal wieder aus, eine Kuh lief in ein Auto und weitere Tiere konnten erst nach Wochen wieder in die Herde geführt werden. Die Kühe wurden folglich abgeschafft. 2017 war die Sanierung eines Hühnerstalls nötig, was die Schmids für einen Neuanfang zur Aufzucht der Junghennen und Bruderhähne nutzten. Im selben Jahr schafften sie auch die Direktvermarktung ab, mit Ausnahme des kleinen Hofladens mit Selbstbedienung. Immer noch fährt Manfred Schmid einmal pro Woche nach Stuttgart, um die Eier abzuliefern, was 96 Prozent des Umsatzes ausmacht. Der Landwirt genießt den Kontakt zum Kunden heute umso mehr, nun, da er nicht mehr so viele Vermarktungskanäle parallel zu bedienen hat.

Neuaufstellung der Hühnerhaltung

Im Jahr 2000 wollte Manfred Schmid einen Stall für 3.000 Hühner in artgerechter Freilandhaltung bauen. So kam der Kontakt zu Willy Baumann zustande, dem Schweizer Experten für artgemäße Hühnerhaltung. Der entwarf einen Mehrklimazonenstall mit Außenbereich, den dann Schweizer Zimmerleute bauten. Der ehemalige Kuhstall mit angrenzender Weide wurde 2011 ebenfalls zu einem Mehrklimazonenstall umgebaut und 2017 zu einem Kombi­stall erweitert. Seither leben Hühner der Zweinutzungsrasse Sandy von Die Eiermacher aus Österreich in den Westhäuser Ställen. Die Junghennen- und Bruderhahnaufzucht erfolgt im Kombi­stall, in dem die Hennen die ersten sechs Monate ihrer 18-monatigen Legezeit verbringen, bevor sie in den Legestall umziehen. Eingestallt wird immer in der ersten Maiwoche, dann beginnt um den 15. September herum die Legezeit – genau passend, da zwischen November bis Ostern der Eierbedarf besonders hoch ist. Für Manfred Schmid zeigt sich dieses System effizient und praktisch. Auch mit den Hühnern ist er sehr zufrieden: Sie sind bei bester Gesundheit, die Legeleistung ist höher als 90 Prozent, sie fressen gut und legen so gut wie keine Bodeneier. Nur ihren Charakter nimmt er gern mal aufs Korn: „Sandy-Hühner sind nicht schreckhaft, sondern hysterisch.“

Nachhaltigkeit ist ihm wichtig: So setzt er auf wiederverwendbare und stapelbare Verpackungskisten für die Eier, 6er oder 10er Schachteln werden nicht genutzt. Die Bruderhähne sind bis zur vierten Woche mit den Junghennen gemeinsam im gleichen Aufzuchtstall und werden dann in den Wintergarten umgesiedelt. Ab der neunten bis zur vierzehnten Woche sind sie in Mobilställen untergebracht und werden dann als Verarbeitungsfleisch zu Demeter-Babykost vermarktet. Im eigenen Schlachtraum wird ein Teil der Suppenhühner und Bruderhähne geschlachtet und als TK-Ware im Hofladen verkauft.

Eiweißversorgung durch eigenen Leguminosenanbau

Das Futter für die Hühner stammt vom eigenen Hof. Zugekauft wird lediglich Kalk von der Ostalb, Mineralfutter und Maiskleber. Jede Woche mischt ein mobiler Futtermischer die Rationen gezielt für Küken, Junghennen oder Hähne. Die veränderlichen Gewichtsanteile der Zutaten entsprechen den jeweiligen Bedürfnissen der Tiere, die unterschiedliche Ansprüche an Aminosäure- und Mineralstoffgehalte haben. Für eine autarke Futterversorgung wurde der Ackerbau so aufgestellt, dass die angebauten Feldfrüchte und ein Teil des Grünschnitts den Futterbedarf des Hofes zu 97 % decken. Eine feste Fruchtfolge gibt es nicht: zu 45 % werden Leguminosen angebaut, zwei Drittel davon Körner- und ein Drittel Futterleguminosen. Hinzu kommen 25 % Weizen, 5 % Dinkel, 20 % Körnermais und 5 % Hafer.

Seit 2013 baut Manfred Schmid auch Soja auf insgesamt 12 Hektar an. Mit den Erträgen von bis zu 39 Doppelzentner pro Hektar ist er zufrieden und mit Pflanzenkrankheiten hat er bisher keine Probleme. Aktuell setzt er auf die Sorten Amarok und Obelix, Sultana war ihm zu kurz. Das Impfen mit Rhizobienstämmen unmittelbar vor der Saat ist absolute Chefsache: das Saatgut wird im Betonmischer mit der Impfflüssigkeit und mit Melasse, damit es besser haftet, beschichtet. Ein optimaler Saatzeitpunkt und eine rasche Jugendentwicklung sind für Soja enorm wichtig: So war im letzten Jahr die Saat etwas spät, in der ersten Maiwoche. Doch nach dem Regen Mitte Mai ging alles auf. Gesät wird im Reihenabstand von 50 cm. Sobald die Reihen erkennbar sind, muss gehackt werden und dabei soll man die Bohnen verschütten: „Die Bohnen kämpfen sich durch, das Unkraut aber geht kaputt. Genau das will man ja.“ so Schmids Erfahrung. Egal welche Termine sonst anstehen, Hacken hat für den Landwirt Vorrang. Anfang Oktober wird üblicherweise gedroschen. Zur Aufbereitung werden die Sojabohnen im 60 km entfernten Backnang bei einem Öko-Landwirt getoastet.

Auf dem Grünland geht es pragmatisch zu: Kompost wird gegeben, wenn der Boden es zulässt und Hornmist gibt es nach jedem Schnitt. Die Luzerne als Eiweißfutter wird fünfmal gemäht, das hat auch im letzten Jahr, das ziemlich trocken war, funktioniert. Der erste Schnitt erfolgt meist in der letzten Aprilwoche, dann alle vier Wochen. Das Schnittgut bleibt einen Tag liegen, wird geschwadet, abgeholt, in einer nahegelegenen Trocknungsanlage getrocknet und zu Luzerne-Cobs gepresst. 15 Tonnen der Luzerne-Cobs decken den Eigenbedarf für das Geflügel, der Rest wird verkauft. Das übrige Grünland wird zwei- bis dreimal ausschließlich zu Heu geschnitten und an Kollegen und Händler verkauft.

Pfluglose Bodenpflege und Kompostwirtschaft

„Man sollte den Dreck nicht unter den Teppich kehren und im nächsten Jahr wieder hochholen.“ So fasst Manfred Schmid seine Einstellung zum Pflügen zusammen. Seit über zwanzig Jahren arbeitet er pfluglos und setzt stattdessen auf Grubber, Flachhäufler und Biofräse. Er differenziert zwischen Ober- und Unterbodenbearbeitung. So wird im Spätsommer ein Tiefenlockerer eingesetzt, der den Boden nur bricht, ohne die Bodenhorizonte zu mischen. Das zahlt sich aus: 2015 ergab eine Ackerbodenuntersuchung Humuswerte zwischen 3,1 bis 6,4 Prozent. Sein Anspruch ist, durch immer bedeckten Boden beste Voraussetzungen für das Bodenleben zu ermöglichen. Die Krume wird nur sechs bis acht Zentimeter tief bearbeitet. Arbeitsgänge werden im Front- und Heckanbau kombiniert, um Überfahrten und Zeit zu sparen, und gleichzeitig den Boden nicht zu sehr zu belasten. Die Direktsämaschine mit Grubber, Walze und Striegel ist die größte Maschine auf dem Hof. Zur technischen Grundausstattung gehört ein Teleskoplader als Vielzweckgerät, mit dem die meisten Arbeiten wie ausmisten oder Paletten stapeln, geleistet werden. Mähen, Schwaden, Pressen und auch Kompost Streuen sowie Dreschen lässt der Betrieb im Lohn durchführen. Die Hacke fährt Manfred Schmid im Frontanbau. Durch zwei fest eingestellte Hacken auf 50 und 75 Reihenabstand ist es möglich, unter Termindruck Rüstzeiten zu vermeiden. Schmid schreibt täglich genau auf, was er tut und wie die Witterung war. Und er liest im nächsten Jahr nach, vergleicht und lernt so aus seinen Erfahrungen. „Was niedergeschrieben ist, darauf kann man zurückgreifen.“

Ein weiterer Fokus bei der Bodenfruchtbarkeit liegt auf einer intensiven Kompostwirtschaft, die seit 2010 durch einen Kompostmeister, der in Teilzeit angestellt ist, geführt wird. Der hat sein Handwerk beim österreichischen Kompostfachmann Urs Hildebrand erlernt und ist auf dem Betrieb für jährlich rund 2.000 Tonnen Kompost zuständig. Um an den Kuhmist zu kommen, seitdem keine eigene Herde mehr auf dem Hof ist, besteht mit dem Mutterkuhbetrieb Heimatsmühle und einem Biolandbetrieb eine Stroh-Mist-Kooperation. Im Winter wird der Kompost als Feldrandmiete aufgesetzt. Zwei Drittel Kuhmist und ein Drittel Pferdemist bilden die Grundlage. Ab Vegetationsbeginn wird der Kompost immer wieder umgesetzt, mit den biodynamischen Präparaten mehrmals behandelt, bis er feinkrümelig ist. Schmid hat in die Komposttechnik investiert und einen eigenen Kompostwender sowie geeignetes Vlies zum Abdecken angeschafft. Der fertige Kompost wird vor der Bestellung möglichst flächendeckend ausgebracht. Er dient mehr der Bodenfruchtbarkeit denn als Nährstoffdünger, mit dem Ziel, einen gesunden humosen Boden zu haben, der nach Wald riecht. Und das funktioniert: auch im trockenen Sommer 2018 waren die Maisfelder von Manfred Schmid noch grün und vital, die Blätter keineswegs eingerollt oder schlapp. Ein Anblick, der überzeugt.

Der anfallende Hühnerkot kommt in zwei Güllegruben und wird mit Regenwasser in einer Mischung von 2:8 vergüllt. Der präparierte Flüssigdünger wird im Frühjahr vor der Getreidesaat ausgebracht und eingestriegelt. Beim Einsatz der Präparate schwört Manfred Schmid auf die vom Forschungsring entwickelte Spritze. „Die funktioniert wenigstens!“ Hornmist stellt er selbst her und bringt ihn bei der Bestellung als auch nach jedem Schnitt auf das Grünland und die Luzerne aus. Die restlichen Präparate bekommt er über die regionale biodynamische Arbeitsgruppe. Hornkiesel wird bei der Bestockung angewendet. Die Präparate werden eingesetzt, wenn Wetter und Arbeitsauslastung passen.

Vorbereitet für die Zukunft

Was den Hof der Schmids prägt, ist bäuerliche Unabhängigkeit und eine starke Verbindung zum Standort. Aus sich heraus das erwirtschaften, was gebraucht wird, oder wie Manfred Schmid es auf den Punkt bringt: „Der Betriebskreislauf muss wieder konsequenter werden“. Vielfältig aufgestellt sein und auf Veränderungen reagieren – diese Flexibilität, wirtschaftlich und geistig – ist eine Herausforderung, die er seit 35 Jahren meistert. Seine Überzeugung, Begeisterung und Bodenständigkeit sind spürbar. Transparenz und Vertrauen ist die Basis seiner täglichen Arbeit, das wissen auch die langjährigen Kunden zu schätzen. Wie genau es mit dem Hof weitergeht, ist noch offen. Doch sicher ist, dass Bettina und Manfred Schmid mit viel Engagement und Schaffenskraft einen soliden, sich selbst tragenden Betrieb aufgebaut haben, den sie mit gutem Gewissen in die Hände der nächsten Generation geben können.

Demeter-Hof Schmid

  • 1978 von Manfred Schmid übernommen, seit 1983 Demeter-Betrieb

  • Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, 2 Mitarbeiter, Fahrer und Kompostmeister in Teilzeit

  • Lage: in 470 m Höhe am Rand der Schwäbischen Alb, NS Ø 750–800 mm, Ø Temperatur 8,2 ° C

  • toniger Boden, 40–70 Bodenpunkte

  • 70 ha Acker (45 % Leguminosen, 25 % Weizen, 20 % Körnermais, 5 % Dinkel, 5 % Hafer), 32 ha Grünland inkl. 1,8 ha Streuobstfläche, 15 ha Wald

  • 2 x 3000 Legehennen, dazugehörige Bruderhähne, 32 Schweineplätze

  • Vermarktung über mehrere Bio-Supermärkte und Hofläden in Stuttgart und Umgebung (Eier), Bruderhahnfleisch für Demeter-Babykost, Schweine über Bäuer­liche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall (BESH), Selbstbedienungs-Hofladen

  • Manfred & Bettina Schmid GbR, Hofweg 4, 73463 Westhausen, www.demeterschmid.de