Ernährung

Kurz & knapp

  • Professionelle Köche haben andere Ansprüche an Lebensmittel als Handel und Verbraucher.

  • Landwirte, die an Küchen liefern, pflegen genaue Absprachen und bieten eine hohe Servicetiefe bzgl. Lieferung und Vorverarbeitung.

  • Nachfrage ist gegeben, doch kommt es wesentlich auf die Ansprache an. Beratung gibt es bei der CMA.

Köche als Kunden

CMA-Kampagne "Bio. Mir zuliebe" unterstützt Bio-Direktvermarkter

Von Claudia Zilz

 

Immer mehr Großküchen und Gastronomiebetriebe setzen auf regionale Produkte. Ob Lamm, Gemüse oder Käsespezialitäten, für die Gäste steht die regionale Küche hoch im Kurs. Eine repräsentative Studie der CMA Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH bestätigt: Rund drei Viertel der Bundesbürger wünschen sich in der Gastronomie mehr Produkte aus der eigenen Gegend. Hier öffnet sich eine Chance für alle Direktvermarkter. Doch wie funktioniert der Markt und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?

 

Zur Zeit werden rund ein Drittel des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland im Außer-Haus-Markt getätigt, dass heißt mit Speisen, die außer Haus zubereitet und verzehrt werden wie z.B. in Betriebsrestaurants oder Krankenhäusern.

 

Bereits jetzt vermarkten einige Erzeuger ihre Produkte erfolgreich an Großküchen und Gastronomie. Die Betriebe profitieren vor allem vom geringeren Arbeitsaufwand je verkaufter Einheit im Vergleich zur Direktvermarktung an Einzelkunden. "Der Handel mit Küchen bietet zwar neue Möglichkeiten, ist allerdings ebenso anspruchsvoll", weiß Sabine Jörg, verantwortlich für das Öko-Marketing der CMA. Küchenleiterin Theresia Turner von der Fachklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen bringt es auf dem Punkt: "Die Direktvermarkter haben es mit der Bestellung und der Qualität der Waren anfangs nicht so genau genommen. Die Lieferungen kamen unvollständig, an den Möhren und Kartoffeln klebte noch der Dreck, und an geschälte Kartoffeln war gar nicht zu denken. Dazu lieferten mir die Erzeuger z.B. völlig unsortierte Kohlrabi oder das portionierte Fleisch kam in ganz unterschiedlichen Größen, was natürlich nicht geht." Theresa Turner kocht seit über 12 Jahren in der Fachklinik mit regionalen Produkten und stellt fest: "Die Bauern wissen in der Regel wenig über die Bedürfnisse einer Großküche, was die Zusammenarbeit anfangs nicht leicht macht." Die CMA-Kampagne Bio. Mir zuliebe unterstützt deshalb Bio-Erzeuger bei der Vermarktung ihrer Produkte an Küchenchefs.

 

Eine Großküche tickt anders

Unter Großverbraucher werden Einrichtungen verstanden, die mehr als dreißig Essen pro Tag zubereiten. Dazu zählen Kindertagesstätten mit 35 Essen genauso wie ein Studentenwerk mit 10.000 Essen. Für den Direktvermarkter ist eine Einteilung der Einrichtungen nach Wareneinsatzkosten in drei Gruppen sinnvoll:

  • Betriebsverpflegung (Kantinen und Kasinos in Unternehmen). Bei der Betriebsverpflegung finanziert das Unternehmen die Großküche, um die eigenen Mitarbeiter zu versorgen. Diese Verpflegungseinrichtungen arbeiten in der Regel nicht gewinnorientiert, sondern geben die eingekauften Waren mit einem firmenspezifischen Zuschlag an die Tischgäste weiter. Häufig übernehmen auch Fremdfirmen, einzelne Pächter oder Catering-Unternehmen, die Verpflegung in den Unternehmen. Caterer bewirtschaften teilweise mehrere hundert Küchen und haben einen zentral gesteuerten und damit kostengünstigeren Einkauf.

  • Krankenhäuser, Kliniken und Heime. Sie arbeiten mit festen Verpflegungssätzen und haben keinen Spielraum beim Wareneinsatz. Bei Verpflegungsätzen von in der Regel unter fünf Euro pro Tag und Patient schauen die Küchenleiter auf jeden Cent.

  • Restaurants: Im Vergleich zur Betriebsverpflegung und den Anstalten spielt der Preis für den Wareneinsatz eine geringere Rolle. Trotzdem arbeiten Gastronomen gewinnorientiert und versuchen, den Wareneinsatz niedrig zu halten.

Je nach Betriebsform haben Großverbraucher sehr unterschiedliche Ansprüche. Bei kleineren Einrichtungen kann unter Umständen der Aufwand einer Belieferung größer sein als der wirtschaftliche Nutzen. Die Ansprüche der Küchenleiter sind hoch: Alle Produkte sollten in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt von einheitlich guter Qualität einigermaßen preiswert in der entsprechenden Konfektionierung und Vorverarbeitung in der Küche stehen.

 

Die Erfahrungen zeigen, dass Direktvermarkter Schwierigkeiten haben mit:

  • dem Vorverarbeitungsgrad,

  • der saisonalen Verfügbarkeit der Produkte,

  • den Preisen und

  • zu großen oder zu kleinen Mengenansprüchen.

Für die Großküche ist eine Belieferung direkt durch einen Landwirt oder eine Erzeugergemeinschaft oft verbunden mit:

  • einem erhöhten Arbeitsaufwand,

  • Mehrkosten,

  • einer geringeren Auswahl bei bestimmten Produkten sowie

  • einer Neugestaltung des Speisenplans hinsichtlich mehr Saisonalität.

Um so wichtiger ist es, gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Nur wenn man weiß, wie die andere Seite arbeitet, kann man sich auf Anforderungen und Wünsche des anderen einstellen. Das gilt für die Küchen ebenso wie für den landwirtschaftlichen Betrieb. Das gegenseitige Kennenlernen ist der erste Baustein für eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ähnlich sieht das Bio-Mentor Martin Friedrich, Küchenchef beim Modehersteller Esprit in Ratingen. Er bezieht sein Bio-Fleisch vom Stautenhof bei Mönchengladbach. "Regelmäßige Gespräche sind das A und O einer erfolgreichen Kooperation". Als Bio-Mentor der CMA-Kampagne Bio. Mir zuliebe gibt Friedrich seine langjährigen Bio-Erfahrungen an interessierte Kollegen weiter.

Just in time-Belieferung

Um den Arbeitsaufwand gering zu halten, beschränken Großküchen den Einkauf der Waren auf möglichst wenige Lieferanten. Sie kaufen für den täglichen oder höchstens wöchentlichen Bedarf ein. Die Lieferintervalle sind sehr kurz und eine aufwendige Lagerhaltung entfällt. Vom Direktvermarkter wird um so mehr ein hohes Maß an Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gefordert, stehen doch die angelieferten Rohwaren wenige Stunden später als fertiges Menü auf dem Tisch. In einem gemeinsamen Gespräch sollten deshalb die Belieferungswünsche und -anforderungen hinsichtlich Lieferzeiten und -häufigkeiten, Hygiene und Verpackung mit dem Küchenleiter besprochen werden.

 

Der Erzeuger muss für sich klären, ob er eine Belieferung kontinuierlich und mit einem geringen Transportaufwand gewährleisten kann. Die Transportkosten und der damit verbundene Zeitaufwand müssen möglichst gering gehalten werden. Eine rationale Gestaltung der Liefertouren ist daher unerlässlich.

 

Für den Aufbau einer funktionierenden Logistik kann es sehr hilfreich sein, wenn verschiedene Direktvermarkter sich zusammenschließen und gemeinsam koordinieren. Das regionale Bio-Angebot der Landwirte wird gebündelt und von zentraler Stelle professionell über verschiedene Vertriebswege vermarktet.

Gefragte Produkte

Nur ein Top-Produkt mit exzellenter Qualität ist marktfähig. Für die Direktvermarktung an Großküchen und Gastronomie eignen sich besonders Fleisch und Milchprodukte, Kartoffeln, Grob- und Feingemüse sowie Brot und Backwaren. Getreide spielt im Einkauf der meisten Großküchen eine geringe Rolle, da die Tischgäste Getreidegerichte eher selten nachfragen. Auch Obst wird von Küchen nachgefragt, allerdings entspricht die Qualität häufig nicht den Ansprüchen der Küchenleiter, die Wert legen auf makellose und sortierte Ware. Verpflegungseinrichtungen schließen in der Regel keine schriftlichen Abnahmeverträge mit den Lieferanten ab. Es ist jedoch möglich, mündliche Anbauabsprachen zu treffen. Dies setzt aber ein gutes Vertrauensverhältnis auf beiden Seiten voraus.

 

Der Verkaufspreis für regionale Produkte liegt zwischen dem Großhandelspreis und dem für private Kunden. Je nach Größe und Art der Verpflegungseinrichtung kann der Preis sehr schwanken. Direktvermarkter sollten sich nicht mit der unteren Grenze, dem Großhandelspreis, für ihre Waren zufrieden geben. Es ist auf jeden Fall ein

Putzen, schälen und portionieren

Heute sind vorverarbeitete Produkte aus der Großküche nicht mehr wegzudenken. Geschälte Kartoffeln, portioniertes Fleisch sowie geschälte Möhren sind für die Küche eine enorme Arbeitsersparnis. Direktvermarkter müssen deshalb die Waren in dem gewünschten Vorverarbeitungsgrad anliefern, was sich nicht immer sofort realisieren lässt. Die Anschaffung von Geräten für die Vorverarbeitung ist oft mit sehr hohen Kosten für den Direktvermarkter verbunden und in Abhängigkeit von den jeweiligen Mengen nicht immer sinnvoll. Günstiger ist die Kooperation mit Unternehmen der Vorverarbeitung.

 

Was heißt das in der Praxis? Der Bio-Betrieb Xaver Schreyer bei Pfaffenhofen hat eine Mutterkuhherde mit 150 Tieren sowie 90 ha Grünland. Das Fleisch wird an rund 50 Privatkunden, eine Öko-Metzgerei in Pfaffenhofen und an die Großküche des Kassen- und Steueramtes in München vermarktet. Der Küchenleiter Alfons Schneider ist fester Kunde und nimmt jedes Jahr fünf bis sieben Ochsen ab. Da Betriebsleiter Xaver Schreier über keine eigenen Schlachträume verfügt, lässt er die Tiere bei der Öko-Metzgerei zerteilen und fährt sie anschließend im Kühlfahrzeug zum Kassen- und Steueramt. Betriebsleiter Alfons Schneider freut sich über die Kooperation mit der Metzgerei: "Eine Investition in eigene Verarbeitungsräume würde sich für unseren Betrieb nicht rentieren. Die Zusammenarbeit mit der Metzgerei klappt sehr gut." Auch Küchenleiter Alfons Schneider ist zufrieden: "Rund sechs Wochen vorher bestelle ich einen Ochsen, den mir Herr Schreier später fertig vorportioniert liefert."

 

Dies ist nur ein Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation mit einem Verarbeitungsbetrieb. Bei der Suche nach geeigneten Vorverarbeitungsbetrieben z. B. einem Schälbetrieb für Kartoffeln und Gemüse sollte darauf geachtet werden, dass die Größenordnungen zueinander passen und beide Seiten davon profitieren.

Auf die richtige Ansprache kommt es an

"Aller Anfang ist schwer", berichtet Beate Etzel vom Bio-Hof "Naturkorn Blütenkranz GmbH" aus eigener Erfahrung. "Mein Vater spricht die Betriebe an und stellt die Kontakte her. Dafür braucht er allerdings einen langen Atem. Vom ersten Kundengespräch bis hin zur ersten Lieferung kann sehr viel Zeit vergehen", erklärt sie. Ihr Familienbetrieb in Wehrheim bei Frankfurt am Main beliefert seit einigen Jahren Großküchen und Gastronomie mit Backwaren, hauseigenem Müsli sowie Fleisch und Wurstwaren. Die Familie Etzel bewirtschaftet 95 ha Ackerland, 35 ha Grünland und hat in den letzten Jahren in moderne Stallgebäude für die Mutterkuhherde sowie für die Schweinemast investiert. Das Bio-Getreide verarbeitet eine Bäckerei zu Brot und Müsli. Der Bio-Betrieb verfügt über keine eigenen Verarbeitungsräume für Fleisch. Deshalb arbeitet er zusätzlich mit einem Metzger zusammen. Mit Hilfe dieser Partner können Sie Ihren Kunden den gewünschten Vorverarbeitungsgrad garantieren. Doch was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kundenakquise? Beate Etzel schmunzelt: "Wer seine Produkte an Großküchen und Gastronomie vermarkten möchte, sollte sehr kontaktfreudig sein und beim ersten Gespräch seine Ohren spitzen, wo Interessen und Wünsche bestehen. Auf keinen Fall darf man resignieren, wenn es nicht sofort klappt."

CMA-Kampagne unterstützt Landwirte

Für kleinere Direktvermarkter empfiehlt sich die Ansprache von Restaurants, Kitas und Schulen sowie Großküchen mit geringeren Essensanzahlen. Auch Kooperationen mit anderen Landwirten sind hilfreich, um Liefermengen und Zeitpunkte zu gewährleisten und die Angebotspalette zu erweitern. Jeder Direktvermarkter muss allerdings den Aufwand leisten und die für ihn richtige Marketing-Strategie entwickeln.

 

Professionelle Unterstützung erhalten dabei Bio-Erzeuger über die aktuelle CMA-Kampagne Bio. Mir zuliebe. Erstmalig können Direktvermarkter Vor-Ort-Beratungen buchen. Das Gespräch geht ausführlich auf die Anforderungen von Großküchen ein und dauert je nach Bedarf zwei bis drei Stunden. Gemeinsam mit dem Bio-Erzeuger wird ein erfolgreiches Belieferungskonzept für Küchen entwickelt. Geklärt werden Fragen zu Akquisition, Sortiment und Produktqualitäten, Bestell- und Lieferrhythmus bis hin zum Qualitäts- und Hygienemanagement. Mehr zu dem Angebot der Kampagne Bio. Mir zuliebe erhalten interessierte Bio-Landwirte unter der Service-Nummer 069/977 819-29 oder unter http://www.bio-mirzuliebe.de im Internet.