Berichte & Initiativen

Bio-Geflügel züchten

Fragen an Inga Günther, Ökologische Tierzucht gGmbH

Fragen: Michael Olbrich-Majer

 

Seit März 2015 gibt es die von den Verbänden Bioland und Demeter gemeinsam gegründete „gemeinnützige GmbH für ökologische Tierzucht“. Seit Mai führen Sie deren Geschäfte. Was waren die Motive der Gründer?

 

Die Abhängigkeit von Zuchtkonzernen und das Kükentöten als Ausdruck der konventionell durchdrungenen Strukturen wird von vielen Öko-Landwirten als nicht zukunftsfähig empfunden. Die Geschlechtsbestimmung im Ei ist für den ökologischen Bereich wenn, dann nur sehr bedingt eine Lösung. Ein grundlegender Gesinnungswandel im Umgang mit unseren Nutztieren ist an der Zeit – aber dafür müssen Biobauern eigene Wege gehen. Sie brauchen angepasste Legehennen. Hier schreibt die EU-Öko-Verordnung vor, dass perspektivisch besondere Zuchtkriterien beachtet und die Zuchttiere ökologisch gefüttert und gehalten werden sollen.

Was sind die aktuellen Aufgaben?

 

Die erste Aufgabe dieser gGmbH ist es, die von der Domäne Mechtildshausen überlassenen Zuchtlinien auf ökologischer Basis weiter zu entwickeln und eine eigene tragfähige ökologische Geflügelzuchtstruktur in gemeinnütziger, bäuerlicher Hand zu etablieren. So ergibt sich die einmalige Chance, dass sich das Geflügel über Haltung und Zucht langfristig z. B. an ökologische Futterkomponenten und ökologische Haltung anpasst. Damit schaffen wir erstmals ein Angebot an ökologisch gezüchteten Tieren in einer relevanten Größenordnung – der Bedarf läge bei den aktuell mehr als 3 Mio. Legehennen auf Biobetrieben allein in Deutschland. Der Aufbau ökologischer Selektionsstandorte mit Einzeltierkontrollen und die Finanzierung einer hochwertigen Zuchtarbeit sind die ersten Etappenziele. Projekte zur Datenaufnahme an Tieren auf Praxisbetrieben sind angelaufen und sollen ausgeweitet werden. Wer sich freiwillig daran beteiligen möchte: Das geht über ein einheitliches Formular (erhältlich bei Willy Baumann: w.baumann@oeko-marketing.ch), denn Rückmeldung aus der Praxis ist wünschenswert. Die gGmbH wird durch einen Beirat aus zwölf Personen, Landwirten, Handel, Verbraucher, Züchter, begleitet.

Welche Ziele werden in der Züchtung verfolgt?

 

Verschiedene Wege führen zum Ziel. Zunächst müssen die Tiere verbessert, also selektiert werden, dann sollen verschiedene Kreuzungen vorgenommen und getestet werden. Dabei wird es sowohl legeleistungsbetonte Tiere, aber auch Zweinutzungshühner geben können. Unabhängig von der Nutzungsform sind der Einsatz von ökologischen Futtermitteln und eine praxisnahe Haltung der Tiere schon während der Zucht eine wesentliche Grundlage. Wir gehen davon aus, dass die Tiere sich über Generationen an Futterkomponenten anpassen können und diese „Informationen“ auch auf genetischer Ebene weitergegeben werden. Bisherige Praxis ist die Zucht in Einzeltierkäfigen mit künstlicher Besamung und konventionellem Futter. Erst die Elterntiere der Öko-Hen­nen werden ökologisch gehalten. In absehbarer Zeit wird es auch Informationsmaterial geben, um Landwirte, die bereits mit diesen Tieren arbeiten möchten, darin zu unterstützen, einen Mehrpreis für die Produkte dieser besonderen Tiere zu erzielen (bei Interesse bitte nachfragen: inga.guenther(at)oekotierzucht.de).

Wie finanziert sich die gGmbH und wie groß ist der Bedarf?

 

Grundsätzlich ist die gGmbH auf Spenden und externe Mittel angewiesen. Das ergibt sich aus den hohen Kosten für Forschung und Entwicklung, die wir in den nächsten Jahren tragen müssen, um diese Tiere so zu verbessern, dass sie für ökologische Betriebe eine Alternative darstellen. Die Gesellschafter, also Bioland und Demeter, tragen in den nächsten Jahren gemeinsam mit einem Betrag zwischen 50 bis 100.000 € zur Unterstützung dieser Initiative bei. Da jedoch die Investitionskosten, vor allem am Anfang, eher im Bereich von 4 bis 5 Mio. € liegen werden, sind größere Spenden und das Beantragen öffentlicher Gelder unabdingbar.

Mit welchen Rassen oder Linien wird zurzeit gearbeitet?

 

Die Tiere, die momentan angeboten werden können, sind Legehennen mit den Namen Domäne Gold und Silber. Es handelt sich dabei um legebetonte Gebrauchskreuzungen mit recht guten Leistungserwartungen. Zum anderen gibt es die Domäne-Bresse, welche bei entsprechenden Absatzsstrukturen als Masttier oder in der etwas leichteren Variante als Zweinutzungstier verwendet werden kann. Verlässliche Zahlen zu den „echten“ Leistungen der Silber-Hennen werden zurzeit über ein Projekt in Niedersachsen über drei Jahre auf einem Bioland-und einem Demeter-Betrieb unter 100% Öko-Futterbedingungen erhoben. Beide Hennen legen braune Eier und unterscheiden sich vor allem in der Gefiederfarbe (Silber und Rotbraun). Alle Tiere der gGmbH sind in Entwicklung begriffen und stellen den aktuellen Status Quo dieses Genpools dar. Um sie zu erhalten und weiterentwickeln zu können, müssen wir sie nutzen, darum trägt der Einsatz von Gold- und Silber-Hennen auch unmittelbar zum Erhalt der Domäne-Tiere bei.

Kontakt

Ökologische Tierzucht gGmbH

Auf dem Kreuz 58, 86028 Augsburg; Geschäftsführerin Inga Günther

http://www.oekotierzucht.de   •   inga.guenther(at)oekotierzucht.de

Tel.: 07551-945684

 

Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Stichwort „Öko Huhn“

IBAN:DE10430609670030005454   •   BIC: GENODEM1GLS   •   GLS Bank Bochum