Demeter aktuell
90 Jahre Wissenschaft zum Biodynamischen – ein Blick voraus
Fragen an Dr. Uwe Geier, Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V.
Der Forschungsring hat mit Demeter und Wissenschaftspartnern der Universitäten Bonn bzw. Kassel eine Tagung zur biologisch-dynamischen Forschung in Bonn veranstaltet: Was war, neben dem 90-Jahre- Demeter- Jubiläum der Anlass bzw. das Ziel?
In den letzten Jahren ist sehr viel in der Forschung passiert. Zahlreiche auch wissenschaftliche Artikel wurden veröffentlicht, die direkt oder indirekt im Zusammenhang mit Biologisch-Dynamisch stehen. Das Geleistete sichtbar zu machen – für die Demeter-Community und andere Interessierte aus Wissenschaft, Verwaltung und Verbänden – war ein Ziel der Tagung. Darüber hinaus ging es uns darum, ins Gespräch zu kommen. Wir wollten mit den Teilnehmern vor dem Hintergrund des Gehörten diskutieren, welche Ansätze der Forschung geeignet sind, Beiträge für einen ökologischen Landbau der Zukunft zu leisten.
Es gab eine große inhaltliche Spannbreite der Beiträge: von landbaulicher Detailforschung zu Weinbau oder Mensch-Tier-Beziehung bis hin zu Medizin, Wirtschaft, Philosophie. Was ist Ihr Fazit der Tagung im Hinblick auf den Stand der biodynamischen Forschung?
Die Forschung zu Biologisch-Dynamisch ist vielfältig und lebendig. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern mit unterschiedlichen Methoden. Das verbindende Element zwischen den Forschern ist deshalb weniger augenscheinlich, sondern liegt eher in der Haltung bzw. Einstellung des Forschenden begründet. Die Vorträge haben verdeutlicht: Wir dürfen bald eine Reihe von Ergebnissen erwarten, die den Blick z. B. auf Ernährung und Gesundheit, Düngung und Tierhaltung erweitern werden.
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos lobte in einer Videobotschaft zur Tagung die Biodynamiker als Pioniere des Ökolandbaus: Welche Perspektiven ergeben sich aus der aktuellen biodynamischen Forschung für den Ökolandbau?
Zuerst ist zu betonen, dass die biologisch-dynamische Forschung nicht den Anspruch haben kann, alle Probleme des Ökologischen Landbaus zu lösen. Biologisch-dynamische Forschung hilft, den Blick für den Kontext nicht zu verlieren. Ob die Kuh ihr Horn behält, von wo der Mist für meine Flächen herkommt, wie meine Pflanzen gezüchtet sind, alles das spielt durchaus eine Rolle. Darüber hinaus zeigt die Lebensmittel- und Ernährungsforschung, dass die Bewirtschaftung mehr Einfluss hat als oft angenommen. Ein weiteres Fazit ist für mich: Das Wissen der Praktiker muss in Forschung und Wissensvermittlung viel stärker einbezogen werden.
Fragen: Michael Obrich-Majer