Editorial

Ökolandbau - größer gedacht

Brasilien ist durch Vielfalt und Gegensätze geprägt: weniger klimatische, auch wenn es trockene Regionen gibt, vielmehr aber soziale. Zwar gehört das Land zu den aufstrebenden Staaten, exportiert reichlich Agrargüter und unlängst war der erste Brasilianer im All - aber das Problem des Elends in den Städten und auf dem Land ist noch lange nicht gelöst. So gehört es dazu, auch bei Landwirtschaft, zumal biodynamischer, immer auch soziale Machbarkeit bzw. Zusammenhänge mitzudenken, etwas, was wir im rein auf Produktion und Markt spezialisierten Europa nicht mehr gewohnt sind. Wer in Südamerika biologisch-dynamisch arbeitet, steht über kurz oder lang auch vor sozialen Aufgaben: Gemeinschaft und Kooperation sind gefragt, egal, ob es sich um ein großes Projekt oder um einen Familienbetrieb handelt.

 

Auch die Bewirtschaftung selbst erfordert andere Grundlagen: mit mitteleuropäischen Vorstellungen vom Bauernhof stößt man rasch an die Grenzen von Böden, Klima, Pflanzen, gerade bei ökologischer Bewirtschaftung. Agroforstwirtschaft heißt deshalb das Rezept der Associacao Biodinamica, das sich nach einigen Fehlschlägen als praktikabler Weg der Biodynamik unter diesen tropisch-subtropischen Verhältnissen bewährt hat. Der Betrieb als Organismus muss (vielleicht nicht nur) in diesen Breiten im Zusammenhang mit der Landschaft gedacht werden. Umstellung heißt hier auch Landschaftsgestaltung.

 

Bemerkenswert ist, dass hier im Land des Biosprits zunehmend Biolebensmittel erzeugt und nachgefragt werden. Bioecken in Supermärkten, mehr als 10.000 ökologisch wirtschaftende Betriebe, Brasilien steht bei der Erzeugung auf den Umfang der Öko-Fläche bezogen, weltweit an fünfter Stelle. Viele Bio-Projekte steigern dabei nicht nur die Fruchtbarkeit der Böden, sondern auch das Wohlergehen der durch sie oder bei ihnen beschäftigten Menschen.

 

Dabei sind sie nach wie vor auf Partner aus starken Nachfragemärkten wie Deutschland angewiesen. Aber es zeigt sich, dass nach der Start-up-Hilfe durch Biounternehmen und Biokäufer der "reichen" Länder die Inlandsnachfrage in Schwung kommt und z. B. auch die brasilianische Politik mit Unterstützung reagiert. So gesehen ist der weltweit sich entwickelnde Biomarkt auch eine Chance für die Landwirtschaft in ärmeren Weltenregionen.

 

Ihr