Editorial

Von Bildern und Kräften

Was macht die Zacken an die Blätter? Wer färbt den Apfel rot? Und was in den Lebensmitteln gibt uns Kraft? In biodynamischen Kreisen ist in den letzten Jahren an vielen Orten die Rede von Bildekräften. Damit sind zunächst einmal pauschal - Wirksamkeiten gemeint, die dem Werden in der Natur zum physischen Ausdruck verhelfen. Da wir als Menschen auch Natur sind, wirken solche Kräfte demnach auch in und an uns. Besonders über die Ernährung.

Der Begriff "Bildekräfte" ist keine 100 Jahre alt. In der klassischen Naturwissenschaft, sowie in ihren Vorläufern - Alchimie und Elementenlehre - kommt er nicht vor. Rudolf Steiner führte ihn ein zur besseren Charakterisierung der Lebenskräfte. Seit den Anfängen bemüht sich die anthroposophisch inspirierten Naturwissenschaft, diese Kräfte wissenschaftlich zu beschreiben: die ersten Versuche dazu machten Pfeiffer und Kolisko. Steiner hat die überphysischen Wirksamkeiten reich gegliedert. Und von Wachsmuth bis Marti gibt es breites Einvernehmen darüber, dass die Bildekräfte etwas mit dem Ätherischen zu tun haben, der Ebene, die nicht sichtbar, das Leben erhält.

Neu beim Thema Bildekräfte ist, dass immer mehr Menschen sie direkt wahrnehmen können - nach entsprechender Schulung. Über die Bildschaffenden Methoden ist das nur indirekt möglich. Letztere befinden sich kurz vor der allgemeinen naturwissenschaftlichen Anerkennung. Die von Dorian Schmidt so beschriebene "rationale Bildekräfteforschung" hat dahin noch einen weiten Weg, auch wenn wesentliche Schritte schon gemacht sind. Noch mehr als bei den Steigbildern und Kristallisationen muss sie sich vom Hauch des Subjektiven befreien, geht es doch allein um innere "Bilder", die, statt Zahlen oder Fotos, das Ergebnis mit naturwissenschaftlichem Anspruch dokumentieren: Deren Entstehungsbedingungen müssen umso exakter kontrolliert werden und deren Beschreibung bedarf einer treffenden gemeinsamen Sprache sowie vermittelbaren Begriffen.

Was hat man nun davon? Biologisch-dynamisch arbeiten heißt schon immer, über das offensichtliche hinaus, den Zugang zu Ebenen zu suchen, die das Lebendige lenken, um mit diesen im Einklang Natur zu gestalten, mit Pflanze und Vieh zu arbeiten. Wenn nach Steiner der Landwirt zum Meditanten werden soll, so ist das Bemühen um solche Erkenntnis gemeint, die im Schaffen an den Naturgrundlagen deren Lebensimpulse wahrnimmt. Schön gesagt, aber schwer getan...

Diese Wahrnehmung hilft bei Entscheidungen, z.B. in der Züchtung, der Futterwahl, dem Beurteilen des Bodenzustands, der Beeinflussung von Lebensmitteln durch ihre Herstellung etc.. Die Bildekräfteforschung ermöglicht eine brauchbare Differenzierung der ätherischen Kräfte und will Qualitäten vor den Hintergrund des anthroposophischen Menschenbildes unterscheiden.

Ob es an der Bilderflut unserer Zeit liegt oder als eine Art geistige Erweiterung zum atomistischen DNA-Denken auftaucht - die Zeit scheint reif für eine neue Art der Beschreibung von Lebensmitteln und Lebensprozessen. Allerdings braucht und (nutzt) auch die Bildekräfteforschung die natur-wissenschaftliche Methode, um differenzierte Urteile zu ermöglichen, als Methode zur Verifizierung (Wiederholbarkeit etc) wie auch als vorbereitende Hilfe bei der Eingrenzung von Versuchsfragen. Sonst werden ihre Aussagen vorschnell und sie verliert sich in vielen, vielen Einzelfeststellungen. Das Zusammenführen mit anderen Ansätzen ist daher notwendig für ein ganzheitliches Verständnis. Beispiele dafür, wie das geht, lesen Sie hier im Heft - eine Ermunterung, selbst einmal auf die "innere Stimme" zu lauschen und mit ihr zu üben.

Ihr