Editorial

AgroGentech oder Ökolandbau

Fast hat es den Anschein, als konzentrierten sich die Perspektiven der Landwirtschaft auf diese zwei Alternativen. Die Ökobauern und ihre Kunden sind die hartnäckigsten Gegner der Gentechnik in der Landwirtschaft. Und die Biotechnologen treten damit an: Bio – das können wir besser (im Labor). Noch allerdings lassen deren Erfolge auf sich warten, trotz Unsummen an Fördermitteln, Mythen, Versprechungen und medialem Technikbonus. Nach wie vor ist die angewandte AgroGentechnik auf Pestizidverträglichkeit oder Pestizidersatz beschränkt. Überzeugende Produkte fehlen. Ob sie im Verhältnis zum Input wirklich effektiver als gängige Züchtung ist, darf man mit Recht bezweifeln. Ökologisch und ökonomisch ist sie fragwürdig. Arbeitsplätze schafft sie nur sehr begrenzt, kein Vergleich zur echten Biobranche. Und: es geht auch ohne, wie eine Studie für die Schweiz bereits 1999 gezeigt hat.

 

Sozial schafft AgroGentechnik Ärgernisse, man denke an Patentstreitigkeiten oder die abgeschaffte Wahlfreiheit in vielen Ländern. Technik , die von oben kommt, gegen Arbeitsweisen, die vor allem von landwirtschaftlichen Praktikern entwickelt wurden, so könnte man die Gegensätze auch deuten. Klar, dass die innovativen Bio-Landwirte sich ihren Erfolg – denn das ist der Ökoboom samt Arbeitsplatzschaffung – nicht verderben lassen wollen. Und schon gar nicht auf Dauer: Denn Genfummeleien sind nicht reversibel: wenn freigesetzt, dann für immer. Wie dann eine Eindämmung regelmäßig misslingt, sehen wir heute schon an den Neophyten, pflanzlichen Einwanderern wie Traubenkirsche, Herkuleskraut, Japanknöterich oder der allergenen Beifuß-Ambrosie.

 

Und warum sollen Ökobauern wie auch andere Nichtnutzer dafür zahlen, dass Biotech-Firmen ihre Genkonstrukte verkaufen wollen? Das Ungleichgewicht in der Forschungsförderung und die Kontrolle dieser Techniken geht zulasten der Ökobranche, ja sogar der Lebensmittelbranche überhaupt, die die ablehnende Haltung von 80 % der Verbraucher fürchtet. Doch gerade knickte Verbraucherschutzminister Seehofer vor der Forschungslobby ein, will zurückrudern und die aktuell geltende Haftungsregelung einkassieren. Die Risiken, die sich keiner zu versichern traut, sollen den Betroffenen und nicht den Verursachern aufgebürdet werden.

 

Koexistenz, die ist offenbar bereits schon sozial gescheitert. Trotz jahrelanger Dialoge und staatlich finanzierter Aufklärungsbroschüren steigt die Ablehnung und zwar mit höherem Informationsgrad. Und auch bei Agrarfachleuten. Da wundert es nicht, dass bei der technischen Durchführung die Positionen weit auseinander sind: für die gute fachliche Praxis werden für Mais z.B. Abstände von 50 bis 150 m diskutiert, während Monsanto seinen Kunden empfiehlt, von Biobauern 300 m Abstand zu halten.

 

Koexistenz wird auch praktisch scheitern, zu kompliziert wird eine dauernde Warenflusstrennung bei der kleinräumigen mitteleuropäischen Landwirtschaft. Will man der Sache gerecht werden, müsste man von Fall zu Fall entscheiden – Transparenz ist dazu Bedingung. Spätestens bei einem relevanten Anteil an transgenen Pflanzen auf den Feldern ist zu befürchten, dass die Trennung nicht mehr funktioniert. In Kanada ist es bereits vorbei mit Öko-Raps. Aber keiner wird dann verantwortlich sein, schon gar nicht die Herren in den Labors und an den Börsen, die die Landwirtschaft vorgeblich verbessern wollen.

 

Auch auf EU-Ebene tobt dieser Kampf. Die EU will Österreich zwingen, Genmais zuzulassen. Dahinter steht die WTO, die der EU Druck macht, hinter der wiederum die USA bzw. eine bestimmte Lobby. Unsere Gesellschaft hat es noch nicht gelernt, auf eine Technik zu verzichten, die eine Minderheit will. Wer auf´s Klima guckt, wird rasch erkennen, wie schwer es bei der Gentechnik werden wird. Helfen würde nur ein einiges konsequentes Europa. Warum nicht einen ganze Wirtschaftzone als gentechnikfrei erklären – bei gleichzeitig ausgewiesenen Forschungsarealen?

 

Ihr