Editorial
Es war einmal...
Wer vor vierzig Jahren Bio kaufte – vorausgesetzt der oder die Käuferin wusste, was das ist und wo es das gibt – hatte mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit ein Demeter-Lebensmittel auf dem Tisch. Wurde vor dreißig Jahren über alternativen Landbau diskutiert – so geschah dies vor allem auf Basis der Theorien und Forschungsergebnisse der Biodynamischen. Und wer vor zwanzig Jahren etwas zum Ökolandbau lesen wollte, kam an den Darmstädter Doktoren nicht vorbei. Heute haben die Ökolandbaupioniere von Demeter keine 10% Marktanteil mehr und gelten im Mainstream des Ökolandbaus als exotische Überzeugungstäter.
Mit dem aktuellen Ökoboom droht das auch den anderen Öko- Verbänden und den deutschen Biobauern insgesamt. 15% Umsatzsteigerung im letzten Jahr verzeichnet der Biomarkt in Deutschland – doch die Zahl der heimischen Ökobauern wächst kaum: um 3 %. Und in Verbänden, die immerhin KnowHow und Marktprofil pflegen, organisiert sich kaum noch einer, der neu zu Öko kommt. Den Ökolandbau haben andere übernommen – die Politik, die EU, Forscher, die großen Handelsunternehmen. Eigentlich ein großartiger Erfolg: Öko ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch wird er da nach anderen Gesetzen organisiert.
Was ist der Preis? Inländische Ökobauern sind ausnahmsweise mal umworben, solange die Ware rar ist. Mit der nächsten Ernte kann das ganz anders aussehen. Die Politik bremst den Ökolandbau in Deutschland aus, die EU will die Regeln verändern. Viele Forscher diskutieren für den Ökolandbau konventionelle Methoden und bei den Ökoproduzenten weltweit bricht die Konkurrenz um die drei Hauptmärkte aus: USA, Japan, Deutschland.
Wie sich behaupten – am Markt und ideell? Zurück in die Nische? Premium -Bio- auf Bezugsschein? Zusatznutzen generieren, Marken differenzieren und die geballten Marketingmuskeln spielen lassen? Es also dem Markt und unwilligen Politikern überlassen?
Klar ist: Öko muss raus aus der Nische. Der Ökolandbau und die ganze Ökobranche müssen verstetigt werden, als zweites Standbein der Landwirtschaft in Deutschland bzw. in Europa – als wirkliche Alternative. Das ist vornehmlich eine politische Aufgabe, denn es geht darum, Zukunftsoptionen für Menschen auf dem Land zu sichern. Die Stichworte sind auch Multifunktionalität und Öko-Beispiel Europa. Also: weg mit Wettbewerbsverzerrrungen und falschen Prämien hin zu Preisen, die die Wahrheit sagen. Und Prämien, die Arbeit belohnen, nicht allein Mengen. Erkämpft werden muss auch die Ökolandbauförderung, ebenfalls für die Forschung.
Weiterhin heißt es: zurück zu „Bio”: Wofür steht der Geist der Pioniere? Welchen Vorsprung im authentischen Praktizieren der Werte haben die Landwirte, die sich etwas mehr bei Bio dachten? Das gilt es zu leben und mitzuteilen.
Und wir von Demeter müssen uns trauen zu sagen, wofür wir angetreten sind: beyond organic, wie es die britischen biodynamischen Kollegen nannten: Farbe bekennen – über Öko und Bio hinaus. Wann, wenn nicht jetzt?
Der „Landwirt als Meditant” und „rationelle Landwirtschaft”, das sind zwei Bilder im Landwirtschaftlichen Kurs Steiners, die durchaus zusammenpassen. Dabei gilt es aber auch, im Sozialen wie im Wirtschaftlichen neue Wege zu beschreiten – regionale Kooperationen, in welcher Form auch immer sind noch weitgehend unentdeckt. Als Einzelkämpfer hat keiner mehr eine Chance: Partner und Freunde, Bündnisse und deutliche Interessenvertretung sind gefragt.
Ihr