Editorial

Nährende Hülle

Ach ja, Landschaft. Wir nehmen sie heute vor allem vom Auto aus wahr, vielleicht noch beim Abendspaziergang oder Joggen. Bewusst erleben wir sie eigentlich nur, wenn wir verreisen. Das, was anders ist – manchmal ist das ja auch das Motiv, dorthin zu kommen: die Berge, das Meer, die Mittelgebirge, das Flusstal, eben Kulissenwechsel. Den ganzen Tag in der Landschaft verbringen eigentlich nur die grünen Berufe, vor allem Landwirte und Förster. Sie sind es auch, die mit ihrer Erwerbstätigkeit den Großteil an Landschaft gestalten, sieht man einmal von der immensen Bau- und Siedlungstätigkeit in manchen Regionen ab.

 

Wenn eine Landschaft mehr sein soll als nur Kulisse, dann kommt es auf die lebendigen Wechselbeziehungen in ihr an. Im besten Fall ist sie deren Ausdruck. Doch schaut man sich um, merkt man, dass das nicht mehr selbstverständlich ist. Brachflächen, aufgelassene Dauerkulturen, verbuschende Weiden und verwilderndes Streuobst zeigen, dass Landwirte dafür keine Zeit mehr haben und die Feierabendgärtner mehr den Grill als den Obstbaumschnitt beherrschen.

 

So bedarf es neuer Initiative, von Naturschützern, Passanten, Landwirten, die ihren Flecken Land lieben, um Landschaft über die reine Planwirtschaft hinaus (die in Deutschland übrigens sehr gründlich und erfolgreich ist), lebendig zu halten. Beispiele hier im Heft.

 

Auf eine lebendige Landschaft angewiesen sind zahlreiche einheimische Tiere, vom Feldhasen bis zur Biene. Gerade die Gefährdung der letzteren (Hasen stehen ohnehin auf der roten Liste) durch Schwäche und Krankheiten zeigt, dass es vielerorts an Leben in der Landschaft fehlt: keine Blüten, flächendeckend Pestizide, keine Extensivstrukturen. Es ist eigentlich einfach, etwas zu tun, es gibt viele Wege zu blühenden Landschaften, auch für vielbeschäftigte Landwirte oder Hausgärtner ohne grünen Daumen.

 

In einer Zeit, da auch im Ökolandbau Intensivierung und weitere Trends der konventionellen Landwirtschaft die Runde machen, ist es vielleicht nicht ganz opportun, seine Zeit oder sein Land für solche Nicht-Zwecke zu verwenden. Doch zeigt sich erst hier der wirkliche Bio-Landwirt.

 

Man muss ja nicht alles selbst machen. Oft gibt es in der Nachbarschaft, unter den Kunden oder z.B. bei den Vogelfreunden Menschen, die sich hier gerne einbringen, schaffen sie doch so einen praktischen Bezug zur Heimat. Ökologische Bewirtschaftung bietet da die besten Voraussetzungen. Vom biologisch-dynamischen Gesichtspunkt aber gehört das eigentlich zur Betriebsführung dazu. Weder der Mensch noch die Landwirtschaft definieren sich allein über Produktion und Effizienz.

 

Vielleicht gibt es also nicht nur mehr Nischen, Korridore und Tunnel für Kröten oder Refugien für Schmetterlinge, sondern auch vielfältige Anregungen für die Wesen und Bezüge, die unsichtbar in der Landschaft wirken. In Island gibt es für so etwas eine Elfenbeauftragte. Gelegentlich nehmen sich auch Künstler der Sache an. Hierzulande könnte das eine ureigene Aufgabe für biologisch-dynamische Höfe sein.

 

Bezahlt macht sich das nicht direkt in Euro und Cent. Doch Erlebnisqualität, berührt sein können von Punkten und Weiten einer lebendigen Landschaft, das ist auch ein geistiger Genuss, den man schätzen lernen kann. Und die Pflege „natur-intime(r) Wechselwirkungen” führt durchaus zu „rationeller Landwirtschaft”. Meint jedenfalls Rudolf Steiner.

 

Ihr