Editorial

Satt und dann...?

Über Essen, zumal das gute, lässt sich viel sagen und schreiben. Und noch mehr lässt sich drum herum verkaufen, von Kochbüchern und Küchengeräten bis hin zu Luxusküchen. Zahllose Ersatzhandlungen für das große und kleine Portemonnaie bietet der Markt, Messer für 500 Euro oder TV-Kochanimation, auch Lebensmittelsurrogate.

 

Allein: Das Kochen muss getan werden. Und da geht den meisten schon die Puste aus. Denn es reicht ja nicht, am Wochenende Freunde und Besucher zu beeindrucken. Das ist auch mal schön und schafft Freude, aber was uns nährt und aufbaut, das ist der schnöde Alltag: Einkaufen, Kochen, Wegspülen, zwischen all den anderen modernen Pflichten und das Ganze dann für gerade mal zehn Minuten Auslöffeln. Alltagsküche ist angewandtes Muttitum, und das ist zur Zeit komplett out: Besser, mann oder frau überlässt es den Profis. Also bitte keine Umstände. Vor noch gar nicht so langer Zeit wurde dem Kochen mehr Zeit zugestanden.

 

Dabei ist es eigentlich einfach: während mein Sohn auf seine Fertigpizza aus dem Ofen wartet, habe ich auch schon meinen Gemüseeintopf fertig gemacht – zugegeben, die schlichte Variante, aber lecker. Guter „Stoff” eben, schon bei den Zutaten. Nicht davon zu sprechen, was die permanente „Mitkochzentrale” in der Demeter- Bundesgeschäftstelle auch aus Nichtköchen hervorlockt. Gehaltvoll waren auch, so erinnre ich mich gerne, die schlichten Butterschnittchen und Apfelschnitze (und die Gepräche) zum Tee bei einer Studienfreundin mit sehr schmalem Budget.

 

Es geht also, auch ohne High-End SchnickSchnack.

 

Wer kocht, braucht gute Zutaten und ein Gespür für diese. Mit Bioware oder gar Demeter-Lebensmitteln, das zeigt die Erfahrung, ist man in der Regel auf der geschmackvolleren Seite, zumal ethisch und ökologisch korrekt. Das passt übrigens zu dem, für was sich die Slow Food-Bewegung einsetzt: Deren Gründer Carlo Petrini schreibt: „Ich möchte die Geschichte einer Speise kennen. Ich möchte wissen, woher die Nahrung kommt. Ich stelle mir gerne die Hände derer vor, die das, was ich esse, angebaut, verarbeitet und gekocht haben.”

 

Damit ist eigentlich alles gesagt, was zur ganzheitlichen Qualität von Ernährung gehört: Beziehung, Verantwortung, Liebe. Die Beziehung der Landwirte und Hersteller zu dem, was sie tun, ebenso wie die zu Händlern, Kunden und Köchen und umgekehrt. Verantwortung im Handeln und Kaufen und Bearbeiten. Liebe zu dem was man tut und für wen man es tut. Utopie? Nein, es gibt Menschen, die arbeiten da hart dran. Z.B. die von Slow Food, oder bei Demeter. Oder auch die Frau auf dem Titelblatt – die Köchin Sarah Wiener mit ihrer Stiftung für Kinder, die an vernünftiges Essen herangeführt werden sollen.

 

Denn da fängt es an: in Ernährungsdingen auf sich und andere zu achten. In vielen Waldorfschulen gehören Garten und Küche zum Unterricht. Ein allgemeines Schulfach Ernährung würde sicher Wissen und Selbstverantwortlichkeit bezüglich des Essens und den Gesundheitsstand anheben. Denn Schulbuchwissen ist die eine, praktisches Lernen noch eine andere Sache: mit dem Nebeneffekt, zu erfahren, dass man beim Kochen etwas für sich selbst, für andere, für die Umwelt und die Nutztiere tun kann.

 

Doch beim Essen geht es nicht nur um Verantwortung: Lust und Sinnlichkeit gehören ebenso dazu – ohne dass man gleich an Ausschweifungen denken muss: Echtheit spüren – wenn eine Möhre wie eine Möhre schmeckt, ein Apfel genauso wie ein Apfel, ein Braten mit Semmelknödel wie Braten mit Semmelknödel. Auch das ist ein Resultat der Liebe, die wir hineinstecken, in Form von wertgeschätzter Arbeit. Das ist spürbar und macht manche Verkünstelung bei der Zubereitung überflüssig. Spür-Bar, so heißen auch übrigens die Gelegenheiten zur Verkostung, bei denen der Demeter- Verband in Hofläden, Partnergeschäften und Veranstaltungen das Reinschmecken in die Erzeugnisse seiner Mitglieder ermöglicht und wo man erleben kann: da wirkt noch mehr als nur die Arbeit am Stoff.

 

Ihr