Editorial

Welthunger stoppen: mit Bildung

Nachhaltige und ertragreiche Landwirtschaft ist eine Bildungsfrage. Und nicht eine von Patenten auf Saatgut und Krediten für Kunstdünger. Traditionelle Techniken, optimiert und gepaart mit neuesten Erkenntnissen zur ökologischen Bewirtschaftung, anwendbar ohne große Investitionen – das kann als Wissen vor Ort reichlich Ertrag bringen: für die Bauern und Bäuerinnen vor allem im Süden unserer Welt. So erübrigt sich auch Gentechnik (lesen Sie dazu in LE 5-2001 über den Forscher Hans Herren, der 1995 den Welternährungspreis erhielt). Leider wurde das bisher nicht gefördert – im Gegenteil: Staatliche Unterstützung gibt es meist nur für das, was kurzfristig Rendite verspricht:

Produkte und Patente statt natürlicher Produktivität und landwirtschaftlicher Bildung. Allein in Deutschland beträgt die Forschungsförderung für Gentechnik mehr als ein Zehnfaches als die für Ökolandbau.

 

Jetzt knirscht es im Getriebe des Weltagrobusiness: Denn Wissenschaftler wie arme Länder sind die leeren Versprechen der Agrohochtechnologie der reichen Staaten leid: Kauft die richtigen Betriebsmittel und alles wird gut. Den Rest erledigen Almosen. Das funktioniert nicht mehr. Der Weg aus Hunger und Unterernährung hinaus ist weit schwieriger: Es muss richtig investiert werden – von Regierungen und Organisationen: in Infrastruktur auf dem Land und in Bildung, in Wertschätzung für Menschen, die das Land bearbeiten und für fruchtbaren Boden.

 

Hans Herren war nun auch einer der circa 400 Wissenschaftler, die im ersten Weltlandwirtschaftsbericht (IAASTD) dieser neuen Sichtweise zum Durchbruch verhalfen. Dass dabei ökologische Landwirtschaft gut abschneidet, vor allem bei klimatischen und sozialen Herausforderungen, liegt auf der Hand: preiswerte Methoden auf Basis lokaler Mittel, verbunden mit Steigerung der Bodenfruchtbarkeit, das ist genau das, was es braucht.

 

Am meisten ausgearbeitet und bei der Bodenfruchtbarkeit am erfolgreichsten ist dieses Konzept bei den Biodynamischen. Vor dreißig Jahren passte das aber auch nicht in den Bildungskanon der hiesigen Landwirtschaft, da mussten Spritzpläne gelernt werden. Kein Wunder, dass die Demeter-Höfe eine eigene Ausbildung auf die Beine stellten, mit Landbauschule, vierjähriger Ausbildung oder einem landwirtschaftlichen Grundjahr. Denn sie brauchten Nachwuchs und es gab Interesse an ihrer Art, Landwirtschaft zu betreiben. Die ist auch heute noch so besonders, dass eine eigene Ausbildung zum biologisch-dynamischen Landwirt Sinn macht und nachgefragt ist.

 

Dabei geht es nicht nur um die richtigen Kniffe im Stall oder beim Möhrenanbau, sondern auch darum, richtig hinschauen oder hinhören zu lernen und daraus eigene Lösungen zu entwickeln. Denn es geht auch um Persönlichkeitsbildung – schließlich ist ein Landwirt Betriebsleiter und Unternehmer. Die Menschenbildung, die Schulung von Geist und Seele, darauf kommt es bei den Biodyamischen ohnehin an, denn sie haben ihre Wurzeln in der Anthroposophie. Ein bisschen „Kulturimpuls“ schwingt also auf jedem Hof und in jeder Ausbildung mit: Es kann nur fruchtbar sein, wenn ein Demeter-Landwirt, der heute nicht nur in der Natur, sondern zunehmend im Sozialen handelt, Quellen der Kreativität kennt und nutzt.

Inzwischen gibt es auch Fortbildungen, die das Biodynamische weiter führen: Pflanzenzüchtung, Sozialtherapie, Wesensgemäße Bienenhaltung zum Beispiel. Denn noch lange nicht ist der Schatz an Bildern und Ideen, der das Biodynamische ausmacht, erschlossen oder gar realisiert.

 

Ihr