Editorial

Wirtschaft bewusst gestalten

Was als „gerecht” empfunden wird, kann sehr verschieden sein, selbst Richtersprüche schaffen da oft eher Ruhe als Klarheit. Über „Fairness” dagegen ist rascher Einigkeit herzustellen – hier geht es meist um Regeln, die gemeinsam vereinbart wurden und Verfahren, für ihre Beachtung zu sorgen. „Sozial” wiederum kann die Note des gerne Gebens enthalten oder aber auch nur die der gesellschaftlichen Mindeststandards – siehe sittenwidrige Löhne oder a-soziales Verhalten.

 

Prinzipiell gibt es zwei Wege, sich der Gerechtigkeitsfrage zu stellen. Der eine ist, erstmal seine Schäfchen ins Trockene zu bringen und danach wohltätig andere unterstützen. Der zweite setzt von vornherein auf Kooperation, hat aber am Ende vielleicht nicht viel zu verteilen, weil das bereits auf dem Weg passiert ist und viele andere mitreden. Vor dieser Wahl stehen wir regelmäßig, beides hat seine Tücken. Die eine ist die Willkür des Sponsors, die mit jeder Spende seinen Ruf, aber oft auch Umsatz oder Macht zu mehren sucht. Wenn er gibt. Die eher solidarische Route birgt die Gefahr, zwischendrin vom Weg abzukommen, Fortschritt in Besprechungen zu verrinnen lassen oder keine kritische Masse für Gestaltung zu erreichen.

 

Doch ist im Wirtschaften eigentlich klar: Konkurrenz ist gut, wenn es um Innovationen geht, nicht um Macht – also im eher geistigen Bereich. Denn jedes meiner gesammelten Schäfchen muss meist ein anderer hergeben. Oder man muss dem Mutterschaf mehr Zwillingsgeburten zumuten. Das ist die Lage der Landwirtschaft heute: der Ruf nach Rendite wird in der Arbeit mit der Natur zum Auspressen derselben.

 

Um solche, persönlich werdenden Entschlüsse geht es, wenn man über gerechte Preise, gerechtes Wirtschaften nachdenkt oder gar verhandelt. Man kann dabei soweit gehen wie im (anthroposophischen) Verbund Freier Unternehmensinitiativen, dem z. B. die Naturata-Naturkostläden gehören. Da kommen alle Zahlen auf den Tisch und es ergibt sich hier und da konkrete Kooperation. Mindestens aber muss man regelmäßig miteinander reden, Wesentliches voneinander wissen und wertschätzen. Anonyme Preise, mit dem Schlachtruf der Markttransparenz gefordert, können die Realitäten nicht umfassend abbilden und funktionieren letztlich spekulativ nach dem System der Börse. Die hat ihren Platz als ausgleichendes Element, aber nicht als dominierendes.

 

Fair ist in, die BioFach widmete diesem Aspekt eine Sonderschau und das Kongressthema. Es reicht kein flinkes „Greenwashing”, was „fair” ist, ist als stete Verhandlungssache im Fluss. Denn auch ein Ökobauer tut sich schwer, Tarif zu zahlen, wenn er selbst tiefrote Zahlen schreibt. Und da sind ja noch die Konsumenten, die erwarten einen fairen Preis, was immer sie darunter verstehen. Insgesamt jedoch ist die Preiswahrnehmung verzerrt durch Agrarsubventionen und durch auf die Allgemeinheit und die Nachwelt abgewälzte Umweltfolgekosten. Nur mit Steuern auf mineralischen Stickstoff, Pestizide, Futtermittelimporte, Umlegen der Untersuchungen für GVO-Verunreinigung auf die Anwender kämen wir echten Preisen nahe. Andere fordern mit gewisser Berechtigung ein ganz anderes Wirtschaftssystem.

 

Aktuell kommt es darauf an, sich nicht im klein-klein um Preise mit den eigenen Partnern zu verlieren, sondern sich als Demeter-Gemeinschaft auf allen Ebenen weitaus stärker am Markt zu formieren. Denn die Trends in der Landwirtschaft weisen in Richtung große Einheiten. Landwirtschaftsfremdes Kapital schluckt immer stärker vor- bzw. nachgelagerte Bereiche – und dieser Trend zum integrierten Agrobusiness wird auch den Ökolandbau erreichen und verändern. Da sollte Demeter gewappnet sein.

 

Mut macht ein Wort des biodynamischen Landwirtes Karl Tress: Die Präparate sind kein Mittel, um höhere Preis zu erzielen, sondern ein Geschenk an Mensch und Natur.

 

Ihr