Editorial

Klee & Co.

Was wäre die Landwirtschaft ohne den Klee und seine Schwestern?

 

Nun, wir sehen es im konventionellen Bereich und dessen Auswirkungen. Die Landwirtschaft ist entkoppelt von natürlichen „Kreisläufen“, die Mineraldüngung kostet reichlich Energie, belastet so und infolge der Umsetzung im Boden durch Freisetzung von Lachgas das Klima und führt dazu, dass Gewässer, Meere wie auch Trinkwasser irreversibel belastet sind: Beim Stickstoff ist die Grenze des Planeten zur Erholung bereits überschritten, wie eine Studie in der Zeitschrift Nature unlängst zeigte – Ursache: synthetischer Stickstoffdünger.

 

Dabei ist Stickstoff so preiswert aus der Luft zu bekommen. Sein Wesen ist eine Art Beseelung „empfindsam machen der Pflanzen“ so Steiner, dazu muss er selbst „lebendig“ sein. Geht das besser, als mit Hilfe besonders regsamer Pflanzen, den Schmetterlingsblütlern? Die in der Flora für Einatmung steht? Ihre die Fruchtbarkeit steigernde Wirkung kannten bereits die alten Ägypter: Nicht allein Nilschlamm sicherte die Ernten, sondern mit Klee und Kuh wurden die Böden lebendig gemacht und stabilisiert: Am Nil erfanden die Menschen wohl die verbesserte Dreifelderwirtschaft, Alexandriner- und Perserklee lassen grüßen. Hier in Europa kam die erst Jahrtausende später, im 18. Jahrhundert, mit der Kartoffel. Das System funktioniert im kühlen Skandinavien ebenso wie in den Tropen, dort sind auch die Baumformen der Leguminosen eine wesentliche Hilfe bei der Bodenkultur.

 

Wen wundert es, dass die Familie der Schmetterlingsblütler im Sprachgebrauch verankert ist nicht nur als vierblättriger Glücksbringer. Wurde jemand über den grünen Klee gelobt, meinte man: wertvoller noch als Kleegras. Doch ist das Image der nützlichen Pflanzen und Früchte seit jeher ambivalent: In der Redewendung „nicht die Bohne“ zeigt sich eine Geringschätzung, die Esau noch nicht kannte: der überließ bekanntlich sein Erstgeburtsrecht seinem jüngeren Bruder Jakob für ein Linsengericht.

 

Hier wird noch eine zweite Dimension der aktuell fehlenden Würdigung der Leguminosen deutlich: Statt die hochwertigen, eiweißhaltigen Früchte für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu nutzen, werden sie vor allem verfüttert. Der Siegeszug der Soja ist keiner von Tofu und Tempeh, sondern von agroindustrieller Mast und gentechnischer Manipulation.

 

Weniger Fleisch aber ist eines der wesentlichen Konsequenzen von Gerechtigkeit im Hinblick auf die Welternährung und beim Klimaschutz. Linsen, Bohnen, Erbsen, Soja, sogar Lupine bieten sich als schmackhafte Alternative an. Schade nur, dass so wenig davon hierzulande erzeugt wird. Das gilt auch für die einheimische Tierhaltung. Die Futtergewinnung in Übersee macht auch vor dem Ökolandbau nicht halt: Hier sind neue Wege in Praxis und Forschung gefragt. Und durch eine staatliche Verteuerung der Futterimporte würden nicht nur Flächen in Südamerika geschont, sondern auch der rasanten Industrialisierung der konventionellen Landwirtschaft Einhalt geboten, wenn das denn im Rahmen der WTO durchsetzbar ist.

 

Der Ökolandbau ist Pionier der systematischen Verwendung der Leguminosen, sei es als Stickstoffgenerator, Bodennahrung, Tierfutter (blühen auch für Bienen!) oder Lebensmittel. Doch dürfen wir Anbauprobleme nicht kleinreden, sondern müssen uns für ihre intensive Beforschung einsetzen. Das fängt bei einigen Krankheiten und der Fruchtfolge an, und reicht bis zum stark vernachlässigten Feld der Züchtung. Was bei Weizen möglich ist, geht sicher auch bei Linse, Luzerne & Co: Die Grundlage des Ökolandbaus braucht deutlich mehr Aufmerksamkeit!

 

Ihr