Editorial

Zu knapp?

In diesem Jahr werden von vielen Feldfrüchten nur geringe Ernten eingefahren, was knappe Ware in 2012 bedeutet. Aber auch in normalen Jahren mangelt es an Nachschub vom Feld, gerade bei Früchten, die „in“ sind wie Einkorn, oder Samen, die seltener gebraucht und hierzulande kaum kultiviert werden, wie Hirse, Öllein, Sonnenblumen. Im Zuge des wachsenden Wunsches der Konsumenten nach Regionalität bieten sich hier sicher Chancen für Ökobauern wie für Verarbeiter. Zumal diese Pflanzen früher nicht Raritäten, sondern Standard waren, wie die traditionellen Gerichte Hirsebrei, Kartoffeln mit Leinöl und Linsensuppe zeigen.

 

Das geht allerdings nicht ohne Engagement auf beiden Seiten. Gerade Demeter-Verarbeiter stehen immer vor dem Problem, Ware für Wachstum und neue Produkte zu organisieren, während die Landwirtschaft ganz andere Produktionszyklen hat und die Ernten – wie in diesem Jahr – großen Schwankungen unterworfen sind. Passt das mal nicht zusammen, gibt es eben manches nicht in Demeter-Qualität. Bio-Verarbeiter weichen da einfach auf andere Bioware aus, bei Demeter dagegen wird es eng und teuer. Selbst bei Getreide kann es zu Engpässen kommen, auch weil manches Körnerlager auf dem Demeter-Hof erst im Frühjahr wiederentdeckt wird, zu entsprechendem Preis, versteht sich. Daher haben sich namhafte Demeter-Hersteller Anfang des Jahres zusammengetan und in eine Umsteller- und Anbauberatung investiert. Das soll den Nachschub sichern.

 

Für Landwirte sind bei diesen besonderen Kulturen nicht nur die Konkurrenzpreise billiger Importe eine Herausforderung, auch der Anbau erfordert ein gewisses Maß an Improvisationstalent und Experimentierlust. Das fängt schon bei den Sorten an, die oft nicht auf hiesige Verhältnisse angepasst bzw. durchgezüchtet sind. Wenn man denn schon Saatgut beschaffen konnte. Auch die Erntetechnik kann heikel sein, das Erntegut stellt zudem Anforderungen an besondere Reinigung, Trocknung und entsprechende Kapazitäten. So bleiben Spezialkulturen, wie z. B. Amaranth, die Sache weniger Fans im Vertragsanbau. Dazu trägt auch die nicht einfache Vermarktung bei, die langfristiger Absprachen und Geduld bedarf, auch weil Mengen und Qualitäten schwerer kalkulierbar sind.

 

Andererseits schadet ein bisschen Abwechslung den zunehmend auch im Ökolandbau sich auf Getreide zuspitzenden Fruchtfolgen nichts: bunte Sommerungen, die oft blütenreich sind und dem Boden guttun. Denn solche Nischenfrüchte gibt es doch einige bis hin zu Samen für Gewürze und Tees. Im Übrigen gibt es auch Blühmischungen.

 

Ein weiterer Aspekt für mehr Vielfalt auf dem Feld ist die Eiweißversorgung. Mehr und sicheres regionales Eiweißfutter von Körnerleguminosen bis Luzernegraspellets könnten Biosoja oder andere Importe ersetzen, die immer wieder auch für Ökobetriebe nötig sind.

 

Und generell gilt hier wie in anderen Bereichen des Marktes: zusammen geht es einfacher, gerade weil die Spezialfrüchte teilweise besondere Aufbereitungsschritte wie Schälen bei Buchweizen oder wie Lupine Aufschluss als Futter brauchen und der Markt kalkulierbare Mengen erwartet: Daher sind Investitionen erforderlich. Auch braucht es dringend Züchtung und Saatgutvermehrung, wenn von diesen Arten mehr angebaut werden soll. Vermehrer aber gibt es schon der Saatgutgewinnung biodynamischer Getreidesorten zu wenig.

 

Für aufgeschlossene Öko-Landwirte gibt es also noch etwas zu entdecken, auf dem Feld wie am Markt.

 

Ihr