Editorial

Vernetzen für die Zukunft

Wir leben in Zeiten von iphone, von facebook und farmville, letzteres ein Computerspiel. Gute Sachen gibt es meist kostenlos im Internet, Lebensmittel fast umsonst im Discounter. Kreative oder kommunikationstechnische Jobs gelten als zukunftsrelevant. Wer interessiert sich da ernsthaft für Landwirtschaft – the real dirt? Wenn ein paar Knopfdrücke reichen für pralle Eindrücke und breit streuende Effekte?

 

Nun – offenbar immer noch genug Menschen, meist sogar handfest: Als Willing workers on organic farms, als Praktikanten und Auszubildende auf Biobetrieben, als mehr oder weniger schlecht bezahlte Gesellen auf Ökohöfen oder mutige Einsteiger in diesselben, als aktive Studierende, als junge Forscher in einem Segment jenseits des Mainstream …

 

Und sie haben sogar Unterstützung: Demonstranten für eine andere Ernährungs- und Landwirtschaft, Aktivisten gegen Lebensmittelverschwendung, Netzwerke gegen Tierfabriken, Schnippel-Ins für mehr Bewusstsein um die Zusammenhänge der Ernährung, gärtnernde City-Farmer. Viele junge Leute engagieren sich heute auch im Bereich Agrarkultur.

 

Dennoch: wer heute als junger Mensch zehn Stunden nicht vernetzt ist, weil er die Mistgabel schwingt, braucht schon eine besondere Perspektive. Erst recht, wenn jemand eine gründliche und lange Ausbildung durchlaufen hat, die sich meist im biodynamischen Zusammenhang findet.

 

Dass da viele bereitstehen, war im Februar vergangenen Jahres beeindruckend und in ihrer Begeisterung ansteckend in Dornach zu erleben: auf der internationalen Landwirtschaftlichen Tagung präsentierten sich eine Hundertschaft junger Biodynamiker /-innen als die nachfolgende Generation, mit der Botschaft: „Wir führen Euer Werk weiter.“

 

Doch wie wird der Einstieg in die Biodynamische Landwirtschaft oder Demeter-Gemeinschaft möglich, wenn man keinen Familienbetrieb erbt? Wo docken Forschende oder Jungunternehmer an, wenn Sie ihren Beitrag zur vertrauenswürdigsten und nachhaltigsten Form der Landwirtschaft geben wollen? Die Höfe wachsen zwar, kaum aber ihre Zahl, eher konstant bleiben die Arbeitsplätze im Verband.

 

Brauchen die die Ökoverbände jetzt wie z. B. Umwelt- oder Sportverbände, eine Jugendabteilung? Und ist (relative) Jugendlichkeit schon ein Wert an sich? Nein, aber die Arbeit für eine bessere Welt, die oft auch zäher, aber erfüllender Alltag ist, braucht den Austausch: Das Teilen von Erfahrungen und sich gegenseitig ermutigen bis hin zur konkreten Unterstützung war schon immer wichtig, gerade, wenn man etwas ziemlich anderes macht.

 

Die Jungen haben angefangen, eigene Netzwerke aufzubauen. Auf der Öko-Junglandwirtetagung besprechen sie aktuell und auch kontrovers praktische Fragen des Ökolandbaus. Die frisch gegründete Demeter-Facharbeitsgruppe jung&biodynamisch arbeitet sich in Verbandsaspekte ein. Ein weiteres Netzwerk, young organics, will Inspiration und Aktion im Bio-Berufsleben, in Handel und Verarbeitung verknüpfen (http://youngorganics.de.vu). In der Zeitschrift Ökologie & Landbau wurde die Jugenddiskussion eröffnet, unter dem Motto keine Angst vor alten Hasen.

 

Letztlich ist Jugend die Herausforderung für uns ältere, Hergebrachtes, sei es noch so gut, auf seinen Zukunftsgehalt abzuklopfen, schon als Pflicht vor uns selbst. Das macht auch vor 100% igen Ökos wie Demeter nicht halt, weder auf Verbands-, noch auf Betriebsebene, nicht vor Inhalten und Werten. Die muss jede(r) für sich revitalisieren, was zugleich An-Verwandlung bedeutet.

 

Freuen wir uns drauf, und klopfen wir gemeinsam den Staub aus den biodynamischen Handschuhen. Jeder für sich an seinem Ort, aber gemeinsam entsteht so etwas Neues.

 

Ihr