Editorial

Sind wir noch …-dynamisch?

Das müssen wir uns als biodynamische Betriebe, aber auch als Bewegung insgesamt immer wieder mal neu fragen. Die Demeter-Betriebe leisten mit viel Einsatz Erstaunliches im generell höchst produktiven Sektor der modernen Landwirtschaft, weniger allein in Erträgen und Erlösen messbar als vielmehr in den agrarkulturellen Aktivitäten, deren Zentrum sie oft sind: ob Familienbetriebe den Junior samt Arbeitsplatz integrieren und zugleich z. B. innovative Anbauverfahren oder Energiekonzepte realisieren, oder ob Hofgemeinschaften Raum für Kleingewerbe, regionale Lebensmittelverarbeitung, Sozialarbeitsplätze oder Kultur bieten – das hält das Land lebendig und erweitert die meist rein auf Produktion beschränkte Landwirtschaft zu echter Multifunktionalität, legt Stufen in eine nachhaltige Zukunft.

 

Manche Basistechniken aber wie Kompostierung, ein bestimmter Mindestviehbesatz, Milch vor allem aus dem Grundfutter, wenig Torf und Handelsdünger im Gemüsebau u. a. werden sehr verschieden gehandhabt, was am unterschiedlich bewerteten Primat der Ökonomie in den Betrieben liegt. Klar, Richtlinien sind nicht in Stein gemeißelt und die Öko-Konkurrenz schläft nicht. Dennoch sollte ein landwirtschaftlicher, gärtnerischer oder auch obstbaulicher biodynamischer Organismus seinen Namen zu Recht tragen, zumal, wenn wir in die Zukunft schauen, was erfordert, durchaus kreativ über den Betrieb hinaus zu denken, auch bezüglich Kooperationsformen.

Daher wird es spannend, in den kommenden Jahren mitzuverfolgen, mit welchen Ideen und Praktiken die neue Generation die Höfe gestaltet, denn auf vielen leitet sich jetzt der Generationswechsel ein.

 

Auch Innovation ist meist mit einer Generation verknüpft; z. B. setzte sich so der Ersatz des Pferdes durch den Traktor durch. Und Innovation beschränkt sich nicht nur auf Geräte – auch der Ökolandbau als System für Landwirtschaft und Vermarktung war mal eine Innovation im betriebswirtschaftlichen Sinne. Doch muss man auch wissen: nicht die beste Ingenieurstechnik verbreitet sich rasch, sondern die mit den aktuell passenden sozialen Konsequenzen, mit der meisten gesellschaftlichen Akzeptanz. Meist geschieht dies spontan im Alltag und nicht im langen Abwägungsprozess – Bio-Lebensmittel dagegen erfordern meist eine biografische Lernkurve, für Verbraucher aber auch für Bauern, besonders für biodynamische.

 

Soziale Resonanz erfahren wohl viele Demeter-Betriebe, aber die Bewegung, die Idee als solche hinkt dabei meist hinterher. Wir sprechen lieber über Sortenvielfalt oder Rückstandsfreiheit etc. als über Eichenrinde in Kuhschädeln, verborgene Naturwesen oder meditative Schulungswege und Anthroposophie. Wir betonen kaum den eigentlichen Unterschied zu Normal-Bio. Das ist einerseits OK, andrerseits führt es auf Dauer zu einem nicht ganz richtigen Bild von Demeter als der kuscheligsten oder der strengsten Biovariante, je nachdem. Aber ist es das schon, was gemeint war? Und haben wir dann schon alles erreicht, wenn wir innovativ Lebensmittel erzeugen, die samenfestgesiegelt, biodynamisch züchtungszertifiziert, biofairgefertigt, bildekräftegetestet oder energieeffizienzausgewiesen sind?

 

Alles super, aber gab´s da nicht noch was?

 

Mich würde schon interessieren, wohin sich die Biodynamische Wirtschaftsweise noch entwickeln lässt, mit Neugier, forschender Haltung, dem Mut einzelner, mit Anthroposophie, mit Naturwissenschaft, aber auch der Bereitschaft, darüber zu diskutieren und Partnerschaften einzugehen.

 

Ihr