Editorial

Bei der Umstellung hängt es

Für altgediente Biobauern ist das Thema nichts bewegendes mehr. Allenfalls ein paar hinzu gepachtete Flächen müssen ab und an noch umgestellt werden, was routiniert geschieht. Wenn sie denn welche bekommen. Denn inzwischen ist die Konkurrenz um die Fläche so hoch, dass Bioverbände Alarm schlagen: doppelt subventionierte Energiepflanzen schneiden ökonomisch besser ab als jede Frucht, das hat die Preise für Land in den letzten zwei Jahren in die Höhe schnellen lassen. Vor allem für Öko-Jungbauern, die einsteigen, ist das ein Risiko, auf Dauer Flächen zu verlieren und damit die Perspektive. Denn die Biogasförderung z. B. ist auf 20 Jahre garantiert, wovon Ökobauern nur träumen können.

 

Nicht mehr für alle Landwirte lohnt es sich offenbar, noch ökologisch zu wirtschaften. Jährlich steigen mehr als 400 Betriebe, 3,3 Prozent aller Ökobetriebe, wieder aus. Das liegt vor allem an den Rahmenbedingungen hierzulande: die konventionellen Preise haben angezogen, die Politik drängt den Ökolandbau in den meisten Ländern in die Nische, und der Aufwand für Bio ist eben doch höher, auch der für Papierkram und Kontrollen. Die, die umstellen wollen, sind zudem meist Gemischtbetriebe, die von allem ein bisschen haben und denen so die Vermarktung nicht leicht fällt.

 

Und das, wo Umsteller auf Bio ohnehin rar sind hierzulande. Um 6 Prozent wuchs der Markt für Ökolebensmittel in Deutschland im letzten Jahr, Zahl und Fläche der Biobauern nahm wie schon mehrere Jahre lang, deutlich geringer zu, um 2,6 Prozent. Inzwischen dürfte die Hälfte der Ökoware aus dem Ausland kommen. So ist es kein Wunder, dass auch Demeter-Hersteller auf der Suche nach Ware sind, ja in einer Kooperation eigens eine Beraterin dafür bezahlen, die Betriebe wirbt. Denn die Nachfrage ist da. Nur die Umsteller nicht.

 

Umso mehr können wir uns freuen, wenn jemand neues zu Demeter findet. Doch muss der scharf rechnen: Vor allem als Milchbauer stimmt immer noch nicht der Preis. Da fehlen ein paar Cent, denn extensivere Fütterung, großzügigere Haltung u.a. wegen Hörnern, Vollmilchaufzucht, aber auch fehlende Verwertung der meisten Kälber, dazu Aufwand für biodynamische Präparate und Kompost, all das bedeutet einen auszugleichenden Mehraufwand, auch gegenüber Bio Milch. Dazu müsst der Preis über 50 Cent liegen, bei aktuellen Pacht- und Energiekosten. Für viehlose Ackerbaubetriebe ist Demeter eh kein Thema. Und auch der Getreidepreis müsste, wie aus der Beratung zu hören ist, höher sein. In anderen Klimaten stellen sich solche Fragen nur bedingt: Meist profitieren Natur, Menschen und Betriebe von der Umstellung, zumal der biodynamischen, wenn sie greift. Zertifizierung ist oftmals zweitrangig, was eventuell zu Engpässen bei bestimmten Produkten oder zu Druck auf die Betriebe führt.

 

In Deutschland wäre es wohl an der Zeit für eine gemeinsame Umstellerinitiative der Verbände und ihrer Partner: der aktuelle konventionelle Intensivierungsschub in der Landwirtschaft wird die Flächen von Betrieben mit weniger Marktleistung fressen, wenn sie nicht durch Ökologische Landwirtschaft eine Perspektive erhalten, vor allem in den Mittelgebirgen, wo das auch der dörflichen Entwicklung gut täte. Dafür aber braucht es Partner, lokal und in der Politik.

 

An der Frage der Umsteller entscheidet sich, ob der Ökolandbau hierzulande eine Zukunft hat oder ein Auslaufmodell in der Nische wird. Hier sind allerdings auch die Bios selbst gefragt: neue Kooperationsmodelle quer durch die Wertschöpfungskette sind ebenso anzugehen wie eine Intensivierung im Anbau – ökologisch wohlgemerkt: ein bisschen mehr Ertrag kann nicht schaden. Und da gibt es noch Forschungs- und Fortbildungsbedarf.

 

Ihr