Editorial

Tierwohl geht nur mit Bauernwohl

Artgerecht mit Tieren umgehen – das ist in der Landwirtschaft keine einfache Aufgabe. Die großen Wildtiere sind aus unserer Landschaft verschwunden und werden gerade wieder eingebürgert. Den kleinen Tieren macht die Intensivlandwirtschaft zunehmend den Garaus. Und Nutztiere so halten, dass es rundum gut für sie ist, aber auch der Landwirt damit und davon leben kann, ist eine Herausforderung, der sich immer weniger Bauern stellen mögen. Auch im Ökolandbau.

 

Hinzu kommt die Aufteilung der Konsumgesellschaft in Veganer-Vegetarier, die prinzipiell eher ökosozialen Fragen aufgeschlossen sind und Fleischfreunde, die sich um Ernährung eher weniger Gedanken machen. Was für Ökobauern heißt: Die Kunden werden kritischer, was die tierische Erzeugung angeht, manche Bauern rechnen sogar mit einem Rückgang derselben.

 

Missverständnisse und überzogene Vorstellungen von Tierwohl gibt es schonmal auf der einen Seite; Unverständnis, dass Menschen alte bäuerliche Kulturtechniken überhaupt nicht verstehen oder akzeptieren, auf der anderen. Dabei kommt es durchaus zu kommunikativen Dramen, und das kann in Zeiten von Facebook, Twitter und Shitstorms rasch gehen, und wenn nur eine Ziege gepflockt wird.

 

Daher taten die großen Bioverbände gut daran, hier einen Schritt voranzugehen und klar zu zeigen, dass sie sich nicht nur irgendwie bio-inclusive, sondern auch gezielt um das Wohlergehen ihrer Nutztiere kümmern. Die einzelbetrieblichen Konsequenzen sind aber nicht umsonst zu haben, manches lässt sich einfach oder unterstützt durch einen Beratungsprozess ändern, doch gerade Verbesserungen in der Haltung erfordern Investitionen. Das Geld dafür ist aber – auch im Bio-Bereich – kaum zu verdienen. Für Demeter-Bauern und andere Kollegen, die Kühe mit Hörnern halten (wollen), sollte daher z. B. konkret die Investitionsförderung den erforderlichen, erhöhten Stallmaßen angepasst werden. Und in der Züchtung muss der Maßstab ganzheitliche, d. h. standortbezogene Effizienz Einzug halten – also bei Kühen z. B. Grundfutterleistung und Zweinutzungstiere. Letzteres kann auch für das Huhn gelten, auch wenn hier die Trennung von leistungsstarken Lege- oder Mastlinien noch kontrovers diskutiert wird.

 

Doch all dies geht nur, wenn Landwirte Freude an ihrer Tierhaltung haben können, was teils mit den Rahmenbedingungen zu tun hat, teils aber auch mit Einstellung und Organisation. Den Stress aus dem Stall raushalten, dafür gibt es gute Beispiele, und auch das kann zu spürbarem Erfolg führen, schließlich ist es ein zeitintensiver Arbeitsplatz.

 

Durch das vegane Ansinnen eines Landbaus ohne Tiere muss sich der Ökolandbau nicht herausgefordert fühlen. Die meisten Veganer wollen Nutztiere nicht ganz abschaffen, nur nicht töten. Vielleicht gibt es also künftig auch vegane Höfe mit einer Präparatekuh, wer weiß. Auch für die Lösung des Tierwohlproblems ist der Ökolandbau nicht zuständig. Die Biobauern sind in der Regel mit viel Herz und Aufwand auf gutem Wege und brauchen hier kräftige Unterstützung, auch bei Betriebsentwicklung und Forschung. Gefordert ist allerdings die industrielle Tierproduktion und damit der Konsument, der von Fleisch und Eiern zu Dumpingpreisen profitiert.

 

 

Ihr