Editorial

Vom Vergehen und Werden

Es ist wirklich ein besonderer Vorgang: aus Abfall, Tod, wird Kraft für neues Leben, so könnte das Kompostieren auf den Punkt gebracht, beschrieben werden. Wenn es denn so einfach wäre. Nicht jeder Kompost gelingt spontan, und was guter Kompost ist, da scheiden sich die Geister. Das, was ich aus der Kompostanlage zum Aufbessern unseres Sandbodens bekomme, ist so un-lebendig wie Holzhackschnitzel. Ganz anders sieht das Ergebnis der Komposttonne aus, erdig duftend, und der leicht speckige Kompost, den die biodynamische Baumschule nebenan u. a. aus Rindermist herstellt, zeigt noch eine andere Qualität.

 

Nicht nur im gärtnerischen Kontext erfährt Kompost neue Aufmerksamkeit, z. B. auf der letzten documenta 13 zu erleben. Demeter- Betriebe wenden sich gerade vermehrt diesem Thema zu, besuchen Kurse, laden Ratgeber ein, oder stellen jemand fürs Kompostbereiten und Ausbringen an wie Landwirt Manfred Schmid. Im Focus ist dabei vor allem die Bodenfruchtbarkeit, konkret der Humusgehalt und die Humusqualität aber auch der durch die Kohlenstoffbindung bedingte Klimaschutz. Doch lohnt sich der Blick aufs Kompostieren auch hinsichtlich der Nährstoffeffizienz, vor allem was Stickstoff angeht.

 

Dabei stehen Landwirte und Gärtner vor allem vor der Frage: Wie kompostieren? Jenseits der biodynamischen Präparation. Denn die Verfahren, Kompost zu bereiten, sind zum Teil gegensätzlich: Mal soll reichlich gewendet werden, mal bloß nicht, mal unbedingt aerob, mal tendenziell anaerob, mal mit Kohle, mal mit EM, mal sind es die Bakterien, mal sind es die Pilze, die wichtig sind. Und auch die Biodynamischen Präparate können feucht oder trocken gelagert werden, es gibt biodynamisch noch den Pfeiffer-Starter und den Mäusdorfer Rottelenker, Vielfalt auch hier.

 

Nun gibt es unterschiedliche Zwecke, das wird am deutlichsten im Erwerbsgartenbau: Kompost für Jungpflanzenerde oder empfindliche Kulturen, zur Steigerung des Humusgehaltes, zur regelmäßigen Kräftigung des Bodenlebens oder zur Nährstoffversorgung oder gar aus Gründen der Pflanzengesundheit, das bedingt verschiedene Zusammensetzungen, Reifegrade, vielleicht auch Verfahren. Was geeignet ist, ergibt sich mit dem Blick auf den Gesamtbetrieb.

 

Aus biodynamischer Sicht kommt es darauf an, die Erde zu verlebendigen, um dem Gedeihen der Landwirtschaft eine Basis zu geben. Geeigneter Mist verschiedener Tierarten und Kompost sind hierzu die Ausgangsmaterialien, das beginnt schon bei der Fütterung. In den Anfängen der Biodynamik war die Kompostpflege das Top-Thema, im Buch „Lebendiger Dünger“ (Hrsg. von H. Bartsch und F. Dreidax 1941) zu bestaunen. Ihre Vorteilhaftigkeit in vielen Versuchen verdankt die Biodynamik dem präparierten Mistkompost. Aufmerksamkeit verdient dieser also auch heute. Denn, dass mit gutem Mistkompost versorgte Böden ein aktives Bodenleben entwickeln, ist bekannt, wobei es weniger auf den Humus = Kohlenstoffgehalt als vielmehr auf die Aktivität und auf die organische Bodensubstanz insgesamt ankommt.

 

Auch wenn wir an die Weiterentwicklung des Ökolandbaus denken, kommt der Kompostierung eine tragende Rolle zu, so Nikolai Fuchs in seinem Buch „Evolutive Agrarkultur“. Er sieht sie als Zentralprozess an, auf dem Weg der Betriebe zu stabiler Komplexität, die beim Boden beginnt, und als Vermittler einer Wärmequalität.

 

Kompost machen scheint also mehr unter dem Aspekt der Qualität – auch der Lebensmittel – von Bedeutung, als zum Zwecke des Klimaschutzes. Denn, wenn es auch stoffliche Verluste zu vermeiden gilt, so ist doch der Beitrag zum Klimaschutz über die Humussteigerung eher gering im Vergleich zu den Einsparmöglichkeiten, die hier Industrie und Verkehr bieten. Doch ist Bodenaufbau mit Kompost in guter bäuerlicher Tradition eine Investition in die Zukunft.

 

Ihr