Editorial

Jenseits der Kuh …

… wird die biodynamische Welt etwas schwieriger. Der klassische Gemischtbetrieb mitteleuropäischer Prägung ist das Ideal der Biodynamischen Wirtschaftsweise, ja des Ökolandbaus schlechthin. Doch dass an dessen Wesen die Öko-Welt genesen muss, ist, bei all seinen Vorteilen, nur ein unvollständiger Blickwinkel, die Ansätze für eine zukunftsfähige, ökologische Agrar- und Ernährungskultur sind multikulturell und multilokal.

 

Das haben wir bei Demeter auch hier erfahren, den Entwicklungsimpuls von den Rändern her. Waren es Anfang der 1960er Jahre die auf Sonderkulturen spezialisierten Obstbauern, die mit Sonderregeln zwar, aber bestärkt von Demeter, in den Kreis der Biobauern aufgenommen wurden, so kamen später die reinen Gemüsegärtnereien zu Demeter, die reinen Imker, die reinen Winzer, und so haben in den letzten zwanzig Jahren auch Viehhalter ohne relevante Wiederkäuerzahl den Weg zu Demeter gefunden: Hühner und Schweine konnten Betriebsschwerpunkt werden, auch wenn diese eigentlich eher Resteverwerter des Feldbaus sind. Obwohl – habe ich nicht gerade auf der landwirtschaftlichen Tagung einen Bericht über argentinische Weideschweine gesehen? Und dezimieren Hühner nicht den Himbeerkäfer beim Obstbauern van der Hulst?

 

Doch gibt es tatsächlich kaum größere Demeter-Schweinehalter – anders ist es bei den Legehennen. Hier halten manche Landwirte gerade mal 200 Hennen im Hühnermobil nebenbei, andere pflegen einen tragenden Betriebszweig mit mehr als 10.000 Hennen in mehreren Ställen und Standorten. Die rührige Arbeitsgruppe der Demeter-Geflügelhalter hat es geschafft, nicht nur höchste Standards in der Haltung zu setzen, sondern auch neue Entwicklungen anzustoßen. Die eigene Elterntierhaltung und Kükenproduktion war ein erster Schritt, das Lebenlassen und Mästen der männlichen Küken als Bruderküken ein zweiter, der sich am Markt noch etablieren muss.

 

Nun ist aber die Geflügelhaltung allgemein extrem verflochten mit dem Agrobusiness, bisher ohne Konzerne nur begrenzt möglich. Bei Haltung und Futter haben sich die Biobauern bereits von deren Einfluss in der Lehre und am Markt emanzipiert, bei der Züchtung aber braucht es gemeinschaftliche Anstrengungen und viel Geld. Anders als beim Rind, wo viele Höfe züchten und Herdbuchgemeinschaften ihre Rasse weiterentwickeln – theoretisch auch für Ökozüchtung oder Erhalt horntragender Rinder gestaltbar – ist beim Geflügel die Rassenvielfalt auf die Hobbyhalter und Kleinbauern beschränkt. Der Rest der Welt wird von je vier Konzernen mit Legehennen bzw. Masthähnchenküken versorgt, Schätzungen zufolge sind die Hälfte der weltweiten Eierproduktion und zwei Drittel der Masthähnchenhaltung industrialisiert.

 

Alternativen: bisher keine. Die müssen erst aufgebaut werden, und da ist nicht nur die Effizienz, z. B. in der Futterwertung ein Thema. Doch zunächst braucht es im ersten Schritt Erhalt und Prüfung vielversprechender Zuchtansätze. Demeter und Bioland gehen aktuell da gemeinsam vor – doch selbst vereint werden sie noch Unterstützung brauchen. Hoffen wir, dass da was geht und sich auch viele andere beteiligen, v.a. finanziell. Denn Bio-Eier verkaufen sich gut, die Erzeugung stieg 2014 um 16 Prozent, macht 9 Prozent aller in Deutschland verkauften Eier aus. Das bedeutet auch Verantwortung für alle Beteiligten.

 

Ihr