Editorial

Wert schöpfend veredeln

Ob die landwirtschaftliche Verarbeitung von Getreide oder Milch eine Wieder(er)findung allein der Demeter-Höfe Anfang der 70er Jahre war, lässt sich heute nicht mehr nachverfolgen. Sicher aber ist, dass Brotbacken, Käsen und Saften etc. zuerst von den Biobetrieben, die damals in der Mehrzahl biologisch-dynamische waren, erkennbar in Angriff genommen wurde, ebenso wie die Direktvermarktung. Beide Aktivitäten sind durchaus traditionell landwirtschaftliche, man denke an Bauernmärkte oder Alpwirtschaft. Und, meist entstanden sie aus der Hauswirtschaft heraus, dem Engagement der Frauen auf den Bio-Höfen, die mal eben etwas mehr Brot buken oder mit dem Käsen experimentierten, durchaus im Bewusstsein, was Kunden wünschen.

 

Heute hat die Lebensmittelverarbeitung auf vielen Demeter- und Biobetrieben vielfach professionelle Dimensionen, ist sie ein Betriebszweig mit allem Drum und Dran, vom KnowHow über Investitionen bis zur Qualitäts- und Hygienekontrolle. Komplexere Produkte erfordern komplexeres Handeln. Aktuell haben mehr als 100 Demeter Betriebe hier eine gewerbliche Dimension erreicht, etwa weitere 550 verarbeiten Produkte auf dem Hof, über 300 arbeiten mit Lohnverarbeitern zusammen, vor allem wohl bei Fleisch- und Fleischprodukten. Verarbeitete Lebensmittel vom Hof sind also auch von Bedeutung für den Demeter-Verband.

 

Neben der Tatsache, dass die landwirtschaftliche Lebensmittelverarbeitung für Beteiligte wie für Kunden die Attraktivität und Vielseitigkeit der landwirtschaftlichen Tätigkeiten steigert, hat sie ökonomisch wichtige Effekte: Als weiterer Betriebszweig mindert sie Risiken und sichert Einkommen, bis dahin, dass manche Hofläden in Bestlage durchaus die eigentliche Landwirtschaft bezuschussen. Letztlich ist es auch der unternehmerische Kniff, aus den hierzulande ungünstigen Verhältnissen für die Ökolandwirtschaft das Beste zu machen, indem ein oder zwei Stufen der Wertschöpfung, Verarbeitung und Handel in die Landwirtschaft integriert werden, für manchen Betrieb vielleicht die Lösung, wenn das reine Erzeugen zum Auskommen nicht ausreicht. Die hofeigene Verarbeitung taugt übrigens auch als Maßnahme zur Erweiterung des Betriebs, beispielsweise, wenn die nächste Generation in den Betrieb einsteigt.

Duftendes Holzofenbrot, Käse mit dem Flair des Hofes, köstliche Milch oder herzhafte Wurst – die Produkte aus der Verarbeitung im Landwirtschaftsbetrieb steigern die Attraktivität des Hofes und seines Angebots, Direktvermarktung ist da eigentlich selbstverständlich. Sie stehen nicht nur für eine Qualitätsaussage des Betriebs, sondern sind auch eine Visitenkarte für die Demeter-Gemeinschaft, machen im besten Fall schmeckbar, was auch im Biodynamischen Bemühen steckt: ganzheitlich ernähren. Und da wirken noch die Faktoren Handwerk, Spezialitäten, die es sonst nicht gibt, sowie regionale Verbundenheit, mit hinein.

 

Betriebe können daraus mehr machen, sofern sie nicht zu marktfern liegen, wenn sie in diese Bereiche investieren. Und auch marktferne können sich zusammentun, z. B. zu einer kleinen Gemeinschaftsmolkerei – gemeinsam Käse herstellen (lassen) und vermarkten. Sogar ein pädagogisches Potenzial steckt in der Hofverarbeitung: Saft pressen, Brotbackkurse oder wie die im Verband handwerkliche Milchverarbeitung angeschlossenen Betriebe „Hofkäseschulen“ für Erwachsene wie für Schüler halten, das ist als Lehrangebot schon verbreitet.

 

 

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