Editorial

Kräuter? Heilpflanzen? Pflanzenerkenntnis ist gefragt

Keine Fotos, hieß es. Wir besichtigten eine Kräutertrocknung, die zwei Landwirte in Kooperation betrieben – selbst konstruiert, eine ziemlich große Halle einnehmend und geheizt von der betriebseigenen Biogasanlage. Sie bauen auf ein paar Dutzend Hektar allerlei Kräuter und Heilpflanzen an. Deutlich wurde: eine fertige Lösung gab es nicht – Kräuteranbau ist etwas für Spezialisten und Tüftler, das gilt auch für die Ernte und vieles mehr, auch im kleineren Maßstab. Wer kennt schon genau die Eigenheiten und Bedürfnisse von Minze oder Calendula, von Schlüsselblume oder Estragon? Ganz anders als bei den üblichen Feldfrüchten erfordern sie bis hin zur Vermarktung ein anderes Denken. Klar, dass es da Betriebsgeheimnisse gibt, denn über Lehrbücher oder seitens Beratung und Universität gibt es wenig Angebot: eine Nische halt.

 

Auch Bio-Betriebe haben sie genutzt, denn die Nische ist vielfältig: ob für Medizin oder Kosmetik, für Tees oder Spezialitäten für Gourmets oder einfach als Topfkräuter für den Balkongärtner. Ein Markt lässt sich finden, heimisch ist hier gefragt. Wenn man klein anfängt, ist die Unternehmensgründung ohne viel Kapital möglich, wie Beispiele im Heft zeigen.

 

Nun gibt es neben den kultivierten auch Kräuter, die auf dem Acker wachsen, und die in der Pflanzengemeinschaft wirken: Die Biodynamiker der ersten Generation haben z. B. zu Mohn und Kornblume geforscht, Allelopathie heißt der Effekt, der über Düfte, Wurzelexsudate oder verrottende Pflanzenteile wirkt. Nur wenig ist darüber bekannt, ob er fördernd oder unterdrückend genutzt werden kann, allenfalls das Wissen zu Mischkulturen weist darauf hin. Vielleicht bekommen mit mehr Wissen Beikräuter eine andere Rolle? Im Grünland kennen wir ihren Nutzen.

 

Der Nutzen von Kräutern und Heilpflanzen lässt sich nicht nur auf den Menschen beschränkt denken: Auf Feldern, im Gewächshaus, in Obstgärten und Weinbergen können sie genutzt werden, gepflanzt oder als Tees, wie es z. B. manche Winzer tun. Phytotherapie und Kräutermischungen für den Stall sind bekannt, dass den weidenden Tieren die Wahl gelassen wird, ihr Kräutlein zu picken, darauf pochen vor allem biodynamische Landwirte. Auch dieser Aspekt im Vorfeld der Gesundheitsvorbeuge und Selbstmedikation der Nutztiere ist noch wenig beforscht. Sicher ist nur, mit Vielfalt auf Grünland bzw. beim Futter kann man nichts falsch machen.

 

Seit einem Jahr werden die wildwachsenden Kräuter gerade im Ökolandbau allerdings kritisch beäugt. Verfeinerte Messverfahren spüren jetzt auch Reste von Beikräutern auf, die giftige Stoffe enthalten, die dann in kleinsten Mengen in Tees oder auf dem Korn nachzuweisen sind. Ob das relevant ist, muss sich erst noch zeigen.

 

Ein weiterer Grund jedenfalls, sich mal wieder mit Kräutern, Heil- und Giftpflanzen auseinanderzusetzen. Mein Kollege aus der Abteilung Qualität hat schon damit begonnen. Nicht zuletzt lohnt es sich, ein Verständnis der Pflanzen zu erwerben, die Grundlage der Biodynamischen Präparate sind, zu verstehen, welche Lebensvorgänge sie fördern.

 

Ihr