Editorial

Die Zukunft der Kuhzunft

Kühe fressen Gras. So einfach könnte es sein. Aber in Indien fressen sie, freilaufend, auch mal Abfall, in der westlichen Welt der Leistungsträger reichlich energie- und eiweißreiche Körner und grundsätzlich könnte man ihnen auch noch einen bitterstoffhaltigen Bolus verpassen, der ihren Methanausstoß mindert. (vgl. LE 5/07 S. 21). Oder eine vielfältige Weide bieten, in der tanninhaltige Kräuter vorkommen oder Laubweide möglich ist. Gerade hat die Welt ja Historisches zum Klimaschutz beschlossen, aber offenbar, so erste Statements, die Landwirtschaft eher außen vor gelassen. Dabei ist das System Gras-Kuh-Mist(-kompost)-Bodenaufbau unschlagbar, was Nachhaltigkeit, Effizienz und Klimaschutz angeht, immer wieder wissenschaftlich bestätigt, u. a. in den Beiträgen zum Projekt „Pilot­betriebe“ in den letzten Jahrgang dieser Zeitschrift. Demgegenüber müsste der nach wie vor Boden, Wasser sowie die Luft belastende synthetische Stickstoffdünger besteuert werden, um Schaden zu begrenzen. Wichtiger noch wäre Aufklärung und Bildung für solch klimafreundliche Landwirtschaft. Der BÖLW-Vorsitzende Felix zu Löwenstein, gerade mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, nennt sie „regenerative Landwirtschaft“.

 

Die Konsequenz des ökologisch-ganzheitlichen Systems mit Tieren ist aber auch, dass diese jemand halten und pflegen muss, hier eine intensive persönlich-zeitliche Bindung sowie eine Verpflichtung bei den Investitionen eingeht, zu der heute immer weniger Menschen bereit sind. Die Einrichtung eines durchschnittlichen Arbeitsplatzes in der Landwirtschaft ist mit ca. 270.000 Euro deutlich teurer als in der Industrie. Und essen muss die Tiere auch jemand – ohne Verwertung funktioniert Tierhaltung nicht. Vielleicht braucht es generell auch mehr Mut für neue Modelle der gemeinsamen Betriebsführung und zu mehr Kooperationen, um die Öko-Tierhaltung attraktiv zu halten.

 

Zurück zum Füttern. Wenn es so einfach wär! Verschiedene Weidesysteme und Techniken des Managements bieten sich da an – aber was passt zu meinem Betrieb und zu meinen Tieren? Mehr Kurzrasenweide, oder eher mehr Futtervorlage? Brauche ich so viel Kraftfutter? Wie verwerte ich mein Grünland optimal? Mit Heutrocknung? Cobs? Richtigem Mähzeitpunkt z. B. nach Zuckergehalt? Wie balanciere ich das viele Rohprotein aus, das in Ökobetrieben durch den Klee oder junges Gras bedingt da ist?

 

Der Erfolg liegt in der Effizienz, nicht im vermeintlich leistungsfördernden (Kraftfutter-)Input, wie die betriebswirtschaftliche Auswertung von Demeter-Milchviehbetrieben in diesem Heft zeigt. Was nebenbei die Frage aufwirft, ob denn unsere wissenschaftlichen Modelle und alltäglichen Faustformeln nicht überprüft werden müssen (siehe Beiträge S. 15 und S. 18).

 

Als viehstarker Ökoverband hat Demeter aber auch Aufgaben, die daraus resultieren. Neben dem Image der Tierhaltung wird es sehr konkret, was die Dokumentation des Tierwohls angeht, oder die Entwicklung neuer, tierfreundlicher Verfahren wie der muttergebundenen Kälberaufzucht. Im Dezember hat das Hofgut Oberfeld (Demeter) dafür den hessischen Tierschutzpreis bekommen. Ungelöst ist generell das Problem, dass Kälber anfallen, die nicht in der Nachzucht bleiben. Die müssen an konventionelle Halter weiter vermarktet werden, ein unbefriedigender Zustand, da sie dann z. B. häufig doch noch enthornt werden. Hinsichtlich Verwertung und Vermarktung gibt es also noch Handlungsbedarf jenseits der Milch, wohl nur in gemeinsamen Initiativen der Betriebe zu lösen. Auch hier müssen wir Landwirtschaft neu denken.

 

Ihr