Editorial

Mit Schwung für den Boden

Lag viele Jahre der Boden ein wenig im Schatten der zahlreichen anderen Aufgaben auf den Öko-Betrieben, so ist seit einiger Zeit ein neues Interesse am Boden bei den Öko­bauern festzustellen. Themen rund um den Boden und Praktiken, ihn zu verbessern, sind wieder angesagt. Und das weltweit. Ist er doch letztlich unsere wesentliche Ressource als Landwirte und die Überlebensversicherung der Menschheit. Auch vor dem Hintergrund der oft von den Bio-Bauern geforderten Intensivierung sind Gruppen von Landwirten dabei, zu erproben, was noch geht, wenn man sich mit System dem Bodenaufbau widmet. Bei Demeter kommt noch hinzu, dass der Trend zum geringen Viehbesatz oder zur Mutterkuhherde und zum Gemüsebau eine sorgfältigere Humuspraxis im Feld erfordert.

 

In den USA sind es Landwirte wie die Soil Carbon Cowboys, die den Humusaufbau als Grundlage eines gesunden Betriebes und als Beitrag zum Klimaschutz entdecken und ein entsprechendes Grünlandmanagement pflegen. Oder die Forscherin Elaine Ingham, die Maßnahmen rund um die Förderung des „Soil Food Web“ auch in Onlinekursen anbietet. In Indien gibt es seit Jahren schon biodynamische Kompostinitiativen mit hunderten von Aktiven (vgl. LE 3-14, S. 17). Hierzulande fing es vor einem guten Jahrzehnt mit Bodenbearbeitungstechniken wie der Dammkultur oder dem flachen Schälen an, dann kamen die Kompostierungsschulen (vgl. LE 1-15) und die verschiedenen Handhabungsweisen der Biodynamischen Präparate. Jetzt sind es die Bodenpraktiker­kurse im Umfeld von Demeter, Bioland oder Naturland sowie die Kurse der „Grünen Brücke“ von Wenz und Näser. Hier setzen sich frischgebackene wie gestandene Landwirte mit ihren Böden auseinander, lernen und tauschen sich darüber aus, wie die Böden noch fruchtbarer werden können.

 

Die jährliche internationale biodynamische landwirtschaftliche Tagung in Dornach bot im Februar einen Überblick der verschiedensten Zugänge zum Boden, übrigens auch den des Rechts am Land. Deutlich wurde: Nutze die Energie der Sonne durch die Pflanze, die eben auch den Boden füttert. Denn so, formulierte es Ueli Hurter: „Die Pflanze erlebt den Boden und es resultiert ein Salzwasserstrom nach oben – und die Pflanze belebt den Boden durch den Süßwasserstrom nach unten.“

 

Die Fachvorträge im Rahmen der Demeter-Delegiertenversammlung verdeutlichten: Wer den Boden lebendiger machen will, muss schon alle Register ziehen – insbesondere, wenn der Viehbesatz eher knapp ist, wie bei sehr vielen Betrieben. Das optimale Abschneiden des Biodynamischen bei Langzeitversuchen zeigt sich eben erst bei einem Düngeniveau vergleichbar mit einem Viehbesatz von deutlich über 1 GV je Hektar!

 

Ein weiterer Faktor kommt noch hinzu: Treue bzw. Stetigkeit – eine soziale Eigenschaft. Die hatte eindrucksvoll Fridtjof Albert am Beispiel der jahrzehntelangen biodynamischen Bewirtschaftung des Demeter-Hofs Marienhöhe geschildert. Und als Landwirt sollte man auch im Bewusstsein haben, dass fast jede Maßnahme auf dem Hof sich auch auf den Boden auswirken kann: Änderungen in der Vermarktung ebenso wie beim Futter, ein in der Betriebsplanung unterschätzter Nebeneffekt.

 

Auch im Umfeld der Landwirtschaft tut sich was: So gibt es Initiativen, um das gesellschaftliche Bewusstsein für Boden zu wecken und diese mehr in die Verantwortung zu nehmen. Soil&more zum Beispiel bietet CO2 -Kompensation durch Kompostierungsförderung an, es gibt eine Save our Soils Foundation und people4soil.eu initiierte eine Unterschriftenkampagne für ein seit mehr als einem Jahrzehnt ausstehendes EU-weites Bodenschutzgesetz. Wieviel Boden ein Kilo Bio-Avocado gutmacht, das setzt der niederländische Bio-Großhändler EOSTA sehr plastisch in seinem Marketing ein. Ein Bio-Bodenfruchtbarkeitsfonds fördert Maßnahmen zum Erhalt und Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und die Bio-Bodengenossenschaft sichert ökologisch bewirtschaftete Flächen.

Es lebe die Erde! Mit dem Boden können wir da schon mal anfangen.

 

Ihr