Editorial

Unternehmer werden

Die Biobranche steht mitten im Generationswechsel: Die Pio­niere von einst, ob in Landwirtschaft, Verarbeitung oder Handel, müssen ihre Unternehmen übergeben, damit sie fortgeführt werden können. Dabei sind die Wege dahin vielfältig, vom Verkauf an Dritte bis zur Nachfolge innerhalb der Familie. Das bedeutet zugleich eine Chance wie eine Herausforderung für die Unternehmen und vor allem für die, die einsteigen: denn auch der Bio-Markt ist im Umbruch, hinzu kommen erweiterte Verbraucheranforderungen an Produkte, Vertriebswege, Kommunikation. Das alles gilt es unter Beibehalten der ursprünglichen Werte zu managen.

Ähnlich ist das bei den landwirtschaftlichen Betrieben, nur dass hier die innerfamiliäre Übergabe noch mehr verbreitet ist. Was es für gründungswillige Landwirte ohne Betrieb in der Familie nicht einfach macht. Dabei gibt es viele gut ausgebildete Junglandwirte, die den Schritt in die Selbstständigkeit gehen wollen. Für die Hofnachfolger ändern sich Anforderungen und Selbstverständnis, wenn sie selbst die Regie übernehmen: Dann sind sie nicht mehr Mitarbeitende, sondern Unternehmer, die Aufgaben erweitern sich über das rein fachliche hinaus zu Finanzen und Mitarbeiterführung, und auch neue Geschäftsfelder bzw. Betriebszweige wollen abgewogen werden. Hier gibt es inzwischen Angebote, die Jungunternehmer dabei unterstützen, wie den bundesweiten Demeter-Existenzgründerkurs oder das Mentoren-Netzwerk Ökolandbau. Oder die Junge AöL im Bereich der Bio-Verarbeiter.

Die Biobranche ist ein Feld für Gründer, vor allem im Bereich Lebensmittelverarbeitung und Vertrieb. Wer z. B. dachte, die Müsli-Schiene sei ausgereizt, wurde erst von MyMüsli und dann von Wyld eines Besseren belehrt. Lebensmitteltrends sind nach wie vor sehr beweglich: mit innovativen Ideen, sei es ein originelles Produkt oder eine spezifische Vermarktung, kann man hier gut landen. Vor allem, wenn es gut geplant ist. Hilfe beim Auftreiben von Startkapital gibt es auch, sogar Banken bieten inzwischen Crowdfunding-Instrumente an.

Das ist auf Erzeugerebene nicht ganz so einfach – der Kapitalbedarf zum Start ist sehr hoch, und auch die rechtlichen Voraussetzungen, beginnend von der Übergabe bis hin zur künftigen Förderung oder baulichen Fragen sind gelinde gesagt komplex. Zumal oft eine konservativ-konventionelle Landwirtschaftsbehörde über eine Geschäftsidee entscheidet, bestimmt, ob man mit seinem Vorhaben bauen darf, oder Förderung auch bekommt, wenn man nicht auf viele Hektare oder große Tierzahlen zielt. Letztlich ist es doch das Risiko der Unternehmer selbst!

Und das scheint überschaubar, betrachtet man die Erfolgszahlen von Ökobetrieben einmal näher: beim erzielten Einkommen waren Ökobetriebe im Vergleich zu konventionellen Kollegen in den letzten drei Wirtschaftsjahren stets um mindestens 20 Prozent besser.

 

Herzlichst Ihr