Editorial

Was ist das Gute, Wahre, Schöne wert?

Es gibt nichts Gutes – außer man tut es. Biobauern haben und hatten den Mut, einen Weg zu gehen, auf dessen erste Zentimeter die konventionellen Kollegen jetzt mit einer Milliarde Euro gelockt werden sollen. Wer sein landwirtschaftliches Unternehmen ökologisch führt, erzeugt gesunde Lebensmittel, setzt auf Echtheit bei natürlichen wie sozialen Produk­tions­bedingungen und gestaltet im besten Falle die Vielfalt auf dem Tisch und in der Landschaft – auch ästhetisch wirksam, ob nun in Geschmack oder Landschaftsbild. Nur – das wird nicht entsprechend honoriert, im Gegenteil: Agrarsubventionen unabhängig von Leistungen für die Gesellschaft verfestigen die Vernachlässigung der Naturgrundlage und der sozialen Zusammenhänge: Sie fördern industrielles, kapitalorientiertes Denken statt bäuerliche, regionale Verantwortung und die Umverteilung auf dem Land, mit sozialen Folgen.

Die Biobauern kompensieren ihren Aufwand für gesellschaftlichen Mehrwert teilweise mit der Bereitschaft der Verbraucher zu einem Preisaufschlag, teils zehren sie vom eigenen Engagement oder, wie viele Bauern, von der Hofsubstanz, zum Beispiel bei der Milcherzeugung. Jetzt fordern sogar prominente Landwirte, dass die Schäden, die Landwirtschaft verursacht, in die Lebensmittel eingepreist werden sollten, z.B. über eine CO2 Steuer (Die Zeit, 30.1.2020).

Zeit, das zum Thema in Gesellschaft und Politik zu machen. Denn die Gesellschaft zahlt bereits eine stattliche Solidarprämie für die Landwirte in Form der Agrarsubventionen, für die WTO /GATT- Kompatibilität bemäntelt durch deren mehr oder weniger erbrachten Umweltleistungen. Das kann im Rahmen der aktuellen Agrarreform weitaus effektiver gestaltet werden. Ökolandbau und Umweltverbände fordern entsprechend eine Umschichtung der EU-Agrarsubventionen zu zielgerichteten Maßnahmen in der sogenannten zweiten Säule.

Das Einfachste wäre es allerdings, die Preise würden die Wahrheit sagen: dann hätte das Gute und Schöne nicht nur eine Chance , sondern es wäre in vielen Fällen sogar preiswerter, wie Berechnungen zeigen (vgl. LE 4-2019, S. 24 ). Der Preisvorteil wäre bei Bio-Lebensmitteln, die meisten konventionellen wären teurer, weil die Folgekosten eingepreist wären. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, vom Verursacherprinzip und entsprechenden Ausgleichzahlungen oder Besteuerung – z.B. von chemisch-synthetischen Pestiziden, mineralischen Stickstoffdüngern bis zur Bilanzierung, welche die Bewertung und den Ausgleich von ökosozialen Leistungen ermöglichen könnte.

Das in eine praktikable Form zu bringen, dafür in der Gesellschaft zu werben, dafür Politik zu machen, würde sich lohnen: Denn es würde zahlreiche Extralabel, Sondervorschriften, Antragswesen bis hin zu Cross Compliance überflüssig machen und könnte die Landwirtschaft vielleicht auch von etwas Bürokratie befreien. Vor allem aber wäre es transparent.

 

Herzlichst Ihr