Editorial

Ökolandbau ist Bildungssache

Landwirtschaft ist heute bildungs- und forschungsintensiv. Vor allem in die Vorleistungen, das, was aus der Landwirtschaft ins Agrobusiness ausgegliedert ist, wird kräftig investiert. Einfach Bauer aus Tradition werden, oder mangels Alternativen, geht da schon lange nicht mehr – auch weil die Gesellschaft heute hohe Anforderungen stellt, u.a. wegen der Nebenwirkungen mancher Vorleistungen. Das gilt tendenziell auch für Ökobauern, obwohl sie – gerade, wenn sie biodynamisch denken – höhere Anteile ihrer Produktions- und Betriebsmittel innerbetrieblich hervorbringen als die konventionellen Kollegen. Genau dazu, für Saatgut- oder Düngerpflege, Kälberaufzucht, Regulieren der Bestandgesundheit, Betriebsbalance etc. braucht es Extra-Know-How. Ökobauern sind die Hüter des Bodenwissens, schrieb einmal der Umwelthistoriker Uekötter. Und auch im nachgelagerten Bereich haben viele Ökobetriebe Verarbeitungs- oder Vermarktungsstufen in den Betrieb integriert.

So erfordert der Ökolandbau ein eigenes Wissenssystem. Das besteht nach wie vor erst anfänglich, über betriebliche oder wie bei Demeter verbandsgetragene Ausbildung, und an zwei Hochschulstandorten bzw. wenigen Fachschulen, geht aber an den meisten Universitäten sowie den Berufs- bzw. Meisterschulen in großen Teilen vorbei. Dabei arbeiten inzwischen gut 13 % aller Betriebe ökologisch und es werden mehr. Wenn es, wie die Politik anstrebt, 30 % werden sollen, muss sich da dringend etwas ändern. Auch bei den For­schungsmitteln, die sehr weit hinter diesem Ziel zurück liegen.

Zu Biodynamischen gehört Bildung seit jeher. Umstellen muss man schließlich irgendwo lernen – am besten auf einem Einführungskurs mit Kollegen. Seit mehreren Jahrzehnten gibt es zusätzlich die freie biodynamische Fachausbildung – demnächst bundesweit, bis hin zur biodynamischen Fachkraft, einem Meisterkurs oder in der Pflanzenzüchtung.

Auch über Aus- und Weiterbildung hinaus wird im Demeter-Zusammenhang ein reichhaltiges Angebot der Fortbildung gepflegt: regionale Monatstreffen und Felderbegehungen, Abendvorträge, Fachtage und mehrtägige Tagungen, und seit zwei Jahren auch Online-Seminare der Demeter-Beratung. Getragen wird das Meiste von denen, die den Verband bilden.

Auch international gibt es vergleichbare Ausbildungen v. a. im biodynamischen Kontext, ob im Elsaß, in Großbritannien, den Niederlanden, in Skandinavien oder anderen Kontinenten. Zur biodynamischen Selbstorganisation gehört in der Regel die Bildung. Bildung biodynamisch bedeutet immer auch Menschenbildung: entwickeln der Befähigung, das Ganze zu sehen, Verantwortung zu übernehmen, an sich selbst zu arbeiten, sich selbst ernst nehmen als Teil der Welt und sie mitzugestalten. Denn Hintergrund ist das anthroposophische Menschenbild.

Übrigens ist landwirtschaftliche Bildung auch ein relevanter Hebel beim Thema Welt­ernährung, mehr als Technologien oder bestimmte Betriebsmittel. Aber Bildung kostet und ist eine Aufgabe für Gemeinschaften. Für Investoren nicht interessant.

 

Herzlichst Ihr